Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
nach einer halben Stunde sprach er, und die Summe, die er Sasha nannte, ließ sie aufatmen.
Zwar lag sie weit unter dem, was Carlo dafür bezahlt hatte, doch mit dem Geld konnte sie immerhin ein kleines Haus erwerben und, wenn sie sparsam wirtschaftete, das Schulgeld der Jungen aufbringen. Sie gingen gern ins Internat, und sie wollte sie nicht herausnehmen müssen, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
Stumm nickte Sasha und war überrascht, als der Juwelier ihr die Solitärohrringe über den Tisch zurückschob.
„Die habe ich nicht mit eingerechnet“, erklärte er ihr ruhig. „Sie sollten sie behalten. Ich bin sicher, Ihr verstorbener Gatte hätte es so gewollt.“
Sie war so aufgewühlt, dass es einige Augenblicke dauerte, bis sie sich die Ohrringe wieder angesteckt hatte.
Zehn Minuten später hatte Sasha das Juweliergeschäft verlassen und betrat zielstrebig die Bank, den Scheck für den verkauften Schmuck sicher in ihrer Handtasche verwahrt.
Der gute Carlo war liebevoll und großzügig gewesen, aber auch ziemlich altmodisch. Eigenes Geld hatte Sasha eigentlich nie besessen. Das hatte Carlo für unnötig gehalten. Taschengeld und eine Kreditkarte hatte er ihr gegeben, alle Rechnungen für ihre Einkäufe waren an ihn gegangen. Jetzt kam es ihr seltsam vor, eine solche Riesensumme Geld auf ein eigenes Konto einzuzahlen. Gleichzeitig gab es ihr ein Gefühl der Macht. Nun waren sie und die Jungen nicht mehr von Gabriel abhängig. Wenn sie wollte, konnten sie sogar erster Klasse nach London fliegen. Doch ihre Söhne würden enttäuscht sein, wenn sie die Sommerferien vorzeitig abbrachen. Aus Liebe zu ihnen musste sie Gabriel und das Leben bei ihm noch einige Wochen in Kauf nehmen.
Sobald die Jungen jedoch wieder im Internat waren …
Sasha hatte bereits alles geplant. Für den Anfang würde sie sich in der Nähe des Internats einmieten, sodass sie die Jungen morgens hinbringen und am Nachmittag wieder abholen konnte. Falls sie Glück hatte, fand sie schnell eine Arbeit. Später wollte sie sich nach einem Haus umsehen, das sie kaufen konnte. Sie würden nicht gerade reich sein, aber sie würden ganz gut leben können. Und ihre Söhne würden glücklich sein …
Höchste Zeit, zur Villa zurückzukehren – und zu Gabriel. Sasha schloss die Augen und betete, dass sie sich gegen ihn durchsetzen konnte. Nie hätte sie gedacht, dass ihre Wege sich noch einmal kreuzen würden. Gabriel und Carlo waren zwar miteinander verwandt, sie hatten sich jedoch fast nie getroffen. Außerdem hatte sie Carlo unmissverständlich klargemacht, dass sie keinerlei Kontakt mehr mit Gabriel wünsche. Und nicht einmal in ihren wildesten Träumen hätte sie erwartet, nach all den Jahren immer noch so stark auf ihn zu reagieren.
Sollte sie sich einen Liebhaber nehmen, wie Gabriel ihr vorgeschlagen hatte, um sich zu beweisen, dass es nur das jahrelang enthaltsame Leben war, das sie so unruhig machte?
Nachdenklich blieb Sasha stehen. Eine verrückte Idee! Verrückt und höchst gefährlich.
7. KAPITEL
„Ihre Söhne können sich glücklich schätzen, Sie zur Mutter zu haben“, erklärte Professor Fennini Sasha lächelnd. Er war am frühen Nachmittag, kurz nach dem Mittagessen, das sie nach der Rückkehr aus Port Cervo zubereitet hatte, angekommen. Obwohl sie sich entschieden gegen ihn gesträubt hatte, musste sie sich inzwischen eingestehen, dass er sie völlig von sich überzeugt hatte, und das nicht nur wegen seiner schmeichelhaften Bemerkungen über sie als Mutter.
Die Jungen hatten ihn auf Anhieb gemocht, und Sasha erkannte schnell, dass er wunderbar mit Kindern umgehen konnte und ein ausgezeichneter Lehrer sein würde.
Den größten Teil des Nachmittags hatte er sich eingehend mit den Jungen beschäftigt und sie bei den verschiedensten Aktivitäten beobachtet. Wenn er ihnen Fragen stellte, formulierte er sie so feinfühlig, dass Sashas Befürchtungen bald verflogen waren.
„Ich bin der Meinung, in den Schulferien sollten sie sich richtig austoben“, versuchte sie, ihm klarzumachen. „Auf keinen Fall möchte ich sie einsperren und ihre Freizeit mit einem Pflichtprogramm einengen. Sie sollen aus eigenem Antrieb lernen wollen und das Leben genießen.“
„Das tun sie ganz offensichtlich. Ich habe beobachtet, wie Sie mit Ihren Söhnen umgehen.“ Zustimmend lächelte der Professor. „Und ich hoffe, Ihre Befürchtungen wegen des Internatsaufenthalts der Jungen ausgeräumt zu haben.“
Unwillkürlich verkrampfte Sasha sich.
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