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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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retten!«
    Als sich das Mädchen endlich regte, merkte Bruder Lorenzo sofort, dass etwas nicht stimmte. Er kannte Giulietta gut genug, um zu wissen, dass sie nicht richtig bei Bewusstsein war, sondern von irgendeiner Macht, welche stärker war als Romeo, zurück ins Reich des Schlafes gezogen wurde.
    »Romeo ...«, murmelte sie schwach, »du hast mich gefunden!« Mit Mühe brachte sie ein Lächeln zustande und berührte ihn an der Wange.
    »Komm«, drängte Romeo sie, während er sie in eine sitzende Position zu hieven versuchte, »wir müssen verschwinden, ehe die Wachen zurückkommen!«
    »Romeo ...« Giulietta fielen wieder die Augen zu. Ihr Kopf sank so schlaff herab wie die Knospe einer Blüte, welche einer Sense zum Opfer gefallen ist. »Ich wollte ...« Mehr brachte sie nicht heraus, da ihr die Zunge den Dienst versagte. Romeo warf einen verzweifelten Blick zu Bruder Lorenzo hinüber.
    »Komm, hilf mir«, bat er seinen Freund, »sie ist krank! Wir müssen sie tragen!« Als er merkte, dass der andere zögerte, folgte sein Blick dem des Mönches. »Was ist das?« Nachdem er auf dem Nachttisch das Fläschchen und den Korken entdeckt hatte, klang Romeos Stimme heiser vor Angst. »Ein Gift?«
    Bruder Lorenzo eilte hinüber, um das Fläschchen zu inspizieren. »Es enthielt Rosenwasser«, erklärte er, nachdem er an dem leeren Fläschchen geschnuppert hatte, »aber darüber hinaus noch etwas anderes ...«
    »Giulietta!«, rief Romeo und schüttelte das Mädchen heftig,  »du musst aufwachen! Was hast du getrunken? Haben sie dich vergiftet?«
    »Schlaftrank ...«, murmelte Giulietta, ohne die Augen aufzuschlagen, »damit du mich erwecken konntest.«
    »Gnädige Mutter Gottes!« Bruder Lorenzo half Romeo, sie aufzusetzen. »Giulietta! Wach auf! Hier ist dein alter Freund, Lorenzo!«
    Giulietta runzelte die Stirn und schaffte es, die Augen zu öffnen. Erst jetzt, beim Anblick des Mönches und all der Fremden rund um ihr Bett schien sie zu begreifen, dass sie noch nicht tot war - noch nicht im Paradies.
    Als die Wahrheit ihr Herz erreichte, rang sie erschrocken nach Luft, das Gesicht von Panik verzerrt.
    »O nein«, flüsterte sie, »das darf nicht sein! Mein Liebster ... Du bist am Leben! Du bist ...«
    Sie begann zu husten, und gleichzeitig bäumte sich ihr Körper unter starken Krämpfen auf. Bruder Lorenzo sah, dass die Ader an ihrem Hals so heftig pulsierte, als würde ihre Haut dort jeden Moment platzen. Da die beiden Männer nicht wussten, was sie sonst tun sollten, versuchten sie, Giulietta in ihrem Schmerz zu trösten und zu beruhigen, und hielten sie auch dann noch im Arm, als ihr Schweiß in Strömen zu fließen begann und sie von Krämpfen geschüttelt zurück aufs Bett sank.
    »Helft uns«, rief Romeo den Männern zu, die das Bett umringten, »sie erstickt!«
    Doch Giannozzas Mannen waren darin ausgebildet, Leben zu beenden, nicht zu erhalten, so dass sie hilflos herumstanden, während der Ehemann und der Freund aus Kindertagen versuchten, die Frau zu retten, die sie liebten. Obwohl es sich um Fremde handelte, waren Giannozzas Krieger von der Tragödie, die sich vor ihren Augen abspielte, derart gebannt, dass sie das Eintreffen von Salimbenis Wachen erst bemerkten, als Letztere bereits vor der Tür standen und eine Flucht nicht mehr möglich war.
    Zunächst machte sie nur ein Entsetzensschrei, der vom Gang hereindrang, auf die Gefahr aufmerksam. Zweifellos hatte jemand den jungen Herrn Nino entdeckt, welcher draußen in der Lache seines eigenen Blutes lag.
    Als kurz darauf Salimbenis Wachen in den Raum zu strömen begannen, war für Giannozzas Männer schließlich der Zeitpunkt gekommen, ihre Waffen zu zücken.
    In einer so verzweifelten Lage wie der ihren konnte ein Mann nur dann hoffen zu überleben, wenn er jede Hoffnung aufgab. In dem Wissen, dem Tode geweiht zu sein, warfen sich Giannozzas Krieger mit furchtloser Entschlossenheit auf die Wachen Salimbenis, stachen sie ohne Gnade nieder und nahmen sich nicht einmal die Zeit sicherzustellen, dass ihre Opfer nicht leiden mussten, ehe sie sich dem nächsten zuwandten. Der einzige bewaffnete Mann, der nicht am Kampf teilnahm, war Romeo, weil er Giulietta einfach nicht loslassen konnte.
    Eine Weile gelang es Giannozzas Kriegern, die Stellung zu halten und jeden zu töten, der in den Raum kam. Die Tür war so schmal, dass jeweils nur ein einzelner Gegner hindurchpasste, und sobald einer hereinstürmte, erwarteten ihn sieben Klingen, geführt von Männern, die

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