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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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wieder Romeo und Julia vor, bis Umberto irgendwann hereinkam und ihr das Buch sanft aus der Hand nahm. Doch wo er es auch versteckte, sie fand es immer wieder.
    Wenn die Zwillinge schliefen, zog sie sich stundenlang zurück und versuchte, die Ergebnisse von Professor Tolomeis Forschung hinsichtlich der Familienschätze und des Grabes von Romeo und Giulietta zu rekonstruieren. Die Edelsteine interessierten sie nicht, sie wollte nur ihre Töchter retten. Sie war überzeugt davon, dass die kleinen Mädchen aufgrund der Tatsache, dass sie eine Tolomei-Mutter und einen Salimbeni-Vater hatten, durch Bruder Lorenzos Fluch doppelt gefährdet waren.
    Umberto hatte keine Ahnung, wie dicht Diane davor stand, den Ort der Grabstätte ausfindig zu machen, als eines Tages ein paar von seinen alten Kumpanen aus Neapel bei ihnen auftauchten und Fragen stellten. Da Umberto wusste, dass diese Männer wahre Teufel waren, sagte er zu Diane, sie solle mit den Zwillingen durch eine Hintertür verschwinden und sich verstecken, während er versuchte, den Männern zu erklären, dass weder er noch Diane etwas wussten.
    Als aber Diane hörte, wie sie ihn verprügelten, kam sie mit einer Waffe zurück, bereit, die Männer zu erschießen. Ungeübt, wie sie war, traf sie nicht. Stattdessen drehten die Männer den Spieß um und erschossen sie. Danach erklärten sie Umberto, das sei nur der Anfang. Sollte er ihnen die vier Edelsteine nicht beschaffen, würden sie sich als Nächstes seine Töchter holen.
    An diesem Punkt der Geschichte platzten Janice und ich genau gleichzeitig heraus: »Du hast Mom also nicht getötet?«
    »Natürlich nicht!«, fauchte Umberto. »Wie konntet ihr das nur denken?«
    »Vielleicht«, antwortete Janice mit gepresster Stimme, »weil du uns bisher auf der ganzen Linie belogen hast?«
    Umberto stieß einen tiefen Seufzer aus und legte sich erneut anders hin. Offenbar fand er keine Position, in der er sich wohlfühlte. Frustriert und müde nahm er seine Geschichte wieder auf und erzählte uns, Dianes Tod habe ihm das Herz gebrochen, und er habe überhaupt nicht gewusst, was er tun sollte, nachdem die Männer das Haus wieder verlassen hatten. Auf keinen Fall wollte er die Polizei oder einen Priester kommen lassen und riskieren, dass irgendwelche Bürokraten ihm die Mädchen wegnahmen. Deshalb fuhr er Dianes Leiche schließlich an einen einsamen Ort, wo er den Wagen von einer Klippe schieben und es so aussehen lassen konnte, als wäre sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Er legte sogar noch ein paar Sachen der Mädchen ins Auto, um die Leute glauben zu machen, sie wären ebenfalls gestorben. Anschließend brachte er die Mädchen zu ihren Taufpaten, Peppo und Pia Tolomei, machte sich aber rasch wieder aus dem Staub, ehe die Tolomeis Fragen stellen konnten.
    »Moment mal!«, warf Janice ein. »Was war mit der Schusswunde? Hätte die Polizei denn nicht merken müssen, dass Mom schon vor dem Autounfall tot war?«
    Umberto zögerte einen Moment und antwortete dann widerstrebend: »Ich habe den Wagen in Brand gesteckt. Ich dachte, sie würden da nicht weiter nachforschen. Warum sollten sie auch? Sie bekommen ihr Gehalt ja sowieso. Doch irgend so ein Presse-Klugscheißer fing an, Fragen zu stellen, und ehe ich es mich versah, wollten sie mir alles in die Schuhe schieben - den Tod des Professors, den Brand, den Tod eurer Mutter ... ja sogar den von euch beiden! Lieber Himmel!«
    Wie Umberto uns weiter erzählte, hatte er noch am selben Abend Tante Rose in den Staaten angerufen und sich als Polizeibeamter aus Siena ausgegeben. Er erklärte ihr, dass ihre Nichte gestorben sei und die kleinen Mädchen sich bei Verwandten aufhielten, wo sie aber nicht sicher seien, so dass es am besten wäre, wenn sie umgehend käme und sie hole. Nach diesem Telefonat fuhr er hinunter nach Neapel und stattete zuerst Dianes Mördern einen Besuch ab und dann auch den meisten anderen, die von dem Schatz wussten. Dabei versuchte er nicht einmal, seine Identität zu verbergen. Er wollte das Ganze als Warnung verstanden wissen. Der Einzige, den er am Leben ließ, war Cocco. Er brachte es einfach nicht übers Herz, einen Neunzehnjährigen zu töten.
    Danach verschwand er für viele Monate, während die Polizei überall nach ihm suchte. Am Ende setzte er sich in die Staaten ab, um die Mädchen ausfindig zu machen und sich davon zu überzeugen, dass es ihnen gut ging. Er hatte keine konkreten Pläne. Nachdem er herausgefunden hatte, wo sie lebten, blieb er

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