Julians süßes Blut (German Edition)
Alex.
»Nun, ja. Am besten, ich zeig es euch beiden gleich einmal.« Rasch verließ sie den Raum mit der herrlich gedeckten Tafel und führte Alex und Brian in einen kleinen Raum, der jetzt zu einem Arbeitszimmer umgestaltet worden war. Und da sah Alex auch schon den Grund ihrer Verwirrung: Ein großes, prächtiges Ölgemälde hing an der rechten Wand über einem kostbaren dunkelbraunen Ledersofa. Das Gemälde zeigte ihn, Alex. Gut sah er aus, in Goldbrokat gekleidet. Die schwarzen Haare zu einem dicken Zopf zurückgebunden, ein dunkles Lächeln umspielte seine Lippen.
Er hatte ganz vergessen, daß Maude dieses Gemälde hatte anfertigen lassen. Oh, und wie zornig er damals gewesen war. Er selbst spürte die Stimmung, die das Bild ausstrahlte wie einen mächtigen Druck in seiner Brust. Er hatte den Maler getötet, kurz nachdem dieser das Kunstwerk vollendet hatte. Der Mann war unglaublich begabt gewesen. Er hatte selbst Alex’ Wesen in diesem Bild eingefangen, aber er hatte Alex genervt. Das war sein tödlicher Fehler gewesen.
Alex lachte leise. »Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend«, hörte er sich selbst sagen.
Jennifer starrte ihn an, dann das Gemälde. »Ja, unglaublich. Nicht nur, daß du den selben Namen trägst – du siehst aus, als wärest du ihm aus dem Gesicht geschnitten.«
Brian schluckte trocken. Das Bild war magisch. Es offenbarte ihm für einen kurzen Augenblick einen Blick in Alex’ dunkle Seele. Das erstarrte Lächeln ließ ihn erschaudern.
Ein stattlicher Mann trat ein und riß Brian aus der unheilvollen Betrachtung des Bildes.
»Ah, ich sehe, du hast unsere Gäste gleich überrumpelt«, lachte er polternd und gab erst Alex, dann Brian die Hand. Sein Name war Adam Webster, nicht adelig, wie er lachend einwarf. Er warf einen kurzen Blick auf das Gemälde, vor dem Alex nun stand und sagte: »Ich denke, ich muß nicht fragen, wer der Cousin meiner Frau ist.«
Alex lächelte höflich. Er stellte Brian vor und bemerkte ein zierliches Mädchen, das sich hinter dem massigen Rücken seines Vaters versteckte.
Als sie sah, daß Alex sie entdeckt hatte, trat sie mutig hervor. Sie war sehr schmal, mit dunklen Augen und fast schwarzem Haar. Und sie hatte Maudes ernsten, fast melancholischen Gesichtsausdruck. Das Mädchen mochte elf, zwölf Jahre vielleicht sein. Und doch hatte Alex den Eindruck, daß sie ihn durchschaute. Durchdringend sah sie ihn an.
»Und wer bist du, Prinzessin?« fragte er sanft.
»Jessica«, antwortete sie mit leiser, aber fester Stimme. »Bist du Alex?«
Alex nickte.
»Du siehst genau so aus wie der Mann auf dem Bild.«
Alex lachte. »Ich weiß. Wir haben schon darüber gesprochen.«
Jennifer warf ihrem Mann einen verlegenen Blick zu. »Adam hat recht. Wir haben noch den ganzen Abend Zeit, uns über unsere Familie zu unterhalten. Ein absolut faszinierendes Thema, wie ich finde. Aber wir sollten zuerst etwas essen.«
»Ein Wein, liebe Jennifer, wäre ganz hervorragend. Ich habe eben schon die herrlich gedeckte Tafel bewundert, aber ich muß gestehen, daß Brian und ich soeben von einem Geschäftsessen kommen. Und ich für meinen Teil bekomme keinen Bissen mehr herunter.«
Enttäuscht sah sie ihn an.
»Ich weiß, ich hätte dir Bescheid sagen sollen«, versuchte Alex die Situation zu retten. »Aber ich wußte selbst nicht, daß diese Besprechung mit einem Abendessen enden sollte – und es war eine wirklich wichtige Angelegenheit. – Ich hoffe, du verzeihst mir.«
Jennifers Miene hellte sich wieder auf. »Ja, selbstverständlich.« Dann lachte sie leise. »Adam wird deinen Teil sicher nicht verderben lassen.«
Adam warf ihr einen strengen Blick zu, aber das Lächeln in seinen kleinen Augen verriet ihn.
Sie aßen gemeinsam zu Abend, mit Ausnahme von Brian und Alex, die sich an ihren Gläsern festhielten. Mehrmals verschluckte sich Brian an dem kostbaren Wein, wenn Jennifer auf die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Alex und dem Alexander auf dem Ölgemälde zu sprechen kam. Aber Alex ließ sich nichts anmerken. Er spielte seine Rolle mit Bravour.
Nach dem Essen stieß Jessica Alex sanft an. Sie wollte ihm so gern die Pferde zeigen. Er interessierte sich doch für Pferde?
»Jessica, du drängst dich auf«, schalt ihre Mutter sie. Doch Alex stand bereitwillig auf. »Natürlich interessiere ich mich für Pferde. Ich liebe sie.«
Jessica lief voran in die dunklen Stallungen und machte Licht. Einige Pferde stießen ein freundliches Begrüßungswiehern aus, als
Weitere Kostenlose Bücher