Julians süßes Blut (German Edition)
wieder. »Aber ansonsten ist er wirklich langweilig. – So’n typischer Jurist halt.«
»Ja, das stimmt. Aber offensichtlich loyal.«
Dann schwiegen sie beide eine Zeitlang. Julian kaute langsam und bedächtig. Sah hinaus und erkannte, daß sich schon einige Blätter an den Bäumen verfärbt hatten. Der Herbst würde ihn überrumpeln, und es gab noch so vieles, was er tun mußte. Aufmerksam lauschte er dem dumpfen Schmerz in seinem Inneren. War es seine Seele, die schmerzte?
Schließlich brach Tom das Schweigen. »Es geht mich zwar nichts an, aber hast du vor, mit deinem Vater ins Bett zu gehen?«
Vor Schreck verschluckte Julian sich an einem Brötchen-Krümel. Der nachfolgende Hustenanfall ließ ihn puterrot werden. Tränen standen ihm in den Augen.
Tom klopfte ihm kräftig auf den Rücken, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte.
»Entschuldige bitte. Wenn ich gewußt hätte, daß meine Frage dich so aus der Fassung bringt, hätte ich sie mir natürlich verkniffen.«
Julian wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und preßte die Lippen zusammen. »Wie kommst du darauf?« fragte er schließlich.
»Gabriel hat es mir erzählt«, antwortete Tom schlicht. »Also stimmt es?«
»Und wenn?« wollte Julian wissen.
Tom sah ihn scharf an. »Wenn, würde ich sagen, ist es Inzest.«
»Und das ist verboten, nicht wahr?«
»Ja, natürlich. Es ist pervers, und ich kann mir nicht vorstellen, daß du das wirklich möchtest.«
Julian lachte bitter. »Es gibt genug Leute, die würden schon dich auf dem Scheiterhaufen verbrennen, wenn sie sähen, was du mit Gabriel machst ... mit einem Blutsauger , einem Vampir!«
»Du meinst also, du bist jetzt schon ganz schön abgeklärt, was?« Tom klang gereizt.
»Tom, bitte. Ich habe keine Lust, mich mit dir zu streiten. Fakt ist doch, daß ich Brian erst jetzt kennengelernt habe und – na, es ist halt etwas anderes.«
»Na, wenn du meinst«, sagte Tom verkniffen.
Julian seufzte. »Bitte Tom. Laß uns einfach das Thema wechseln.«
Tom zuckte mit den Schultern. »Na gut. Ich will mich hier auch nicht als Moralapostel aufspielen.«
»Danke.«
Alex und Brian fuhren mit einem schneidigen Mercedes Roadster vor. Ein wehmütiges Gefühl machte sich in Alex breit, als er das Land seiner Familie betrat, nach so langer Zeit endlich wieder einen Fuß auf die alte Erde setzte. Er sog die Luft tief in seine Lunge und ließ die Erinnerungen über sich hinwegschwappen.
Brian betrachtete das große Wohnhaus und die vielen Nebengebäude mit unverhohlenem Interesse. Alex war sicher, daß Brian sich ihn als Hausherren dieses Gutes vorstellte. Aber daran war Alex nicht interessiert.
Gemeinsam betraten sie den gepflasterten Weg zum imposanten Tor des Hauses. Es war riesig, erinnerte mehr an die Flügeltüren einer Kirche, als an den Eingang eines bewohnten Hauses. Noch bevor sie den vergoldeten Türklopfer betätigen konnten, öffnete sich das Tor ohne jegliches Geräusch. Ein rundes, freundliches Gesicht sah ihnen entgegen, graue Augen fixierten sie neugierig.
»Mr. Dahomey?«
Alex nickte.
»Bitte kommen Sie herein. Sie werden bereits erwartet.«
Die Tür öffnete sich vollends, und der höfliche Hausdiener ließ sie eintreten. Brian sah sich ausgiebig um. Er liebte alte Häuser, ihren Geruch, die Atmosphäre. Dieses Gut erinnerte ihn sehr an die Jagdschlößchen sehr reicher Ritter. Es war zwar der einzige Besitz von Alexanders Familie gewesen, doch war ersichtlich, daß sie ganz arm nicht gewesen sein konnten.
Sie wurden in eines der großen Zimmer geführt, das offensichtlich als Speisezimmer genutzt wurde. Alex’ Blick fiel auf die reich gedeckte Tafel.
Aus dem Schatten trat eine hübsche, ein wenig mollige Frau, die ihre langen blonden Haare zu einer aufwendigen Frisur hochgesteckt hatte.
»Alexander? Ich bin Jennifer. Es freut mich, daß du gekommen bist.«
Alex nahm ihre zarte Hand und hauchte einen kühlen Kuß darauf. »Es freut mich auch ganz außerordentlich. – Darf ich dir meinen Begleiter, Brian Dupont, vorstellen?«
Jennifer löste ihren faszinierten Blick von Alex und gab Brian die Hand. »Angenehm, ich bin Jennifer de Dahomey.« Als sie Alex’ erstaunten Blick sah, fügte sie hinzu: »Es gab zwar einige Auseinandersetzungen, aber ich konnte meinen Mann überzeugen, daß dieses wunderbare Schlößchen immer den gleichen Namen behalten sollte.« Sie lächelte. »Ich muß gestehen, ich bin etwas verwirrt«, gestand sie dann.
»Aus welchem Grund?« fragte
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