Julias kleine Sargmusik
lagen die zahlreichen Scherben und Reste auf dem Boden. Da bewegte sich nichts mehr. Auch die Bohlen waren seltsamerweise in ihre ursprüngliche Lage zurückgefallen, wenn sie auch jetzt schiefer saßen oder unterschiedlich hoch standen. Wir gingen in den Raum. Das meiste war umgefallen. Alles lag in einem Chaos durcheinander. Unter unseren Sohlen knirschte der rote Staub, wir schauten uns die Wand an und sahen, dass sich die Spalten nicht völlig geschlossen hatten.
Es gab Risse in der Wand. Aus ihnen quoll auch noch der rote Schleim. Nur erstarrte auch die Flüssigkeit und konnte abgeknickt werden wie Glas.
Ich hob die Schulter, als ich mich zu meinem Freund umdrehte. »Hast du eine Erklärung, Alter?«
»Sie fällt mir verdammt schwer.«
»Mir auch.« Ich nickte. »Natürlich hängt alles mit dem Mädchen namens Julia zusammen.«
»Du meinst mit der Toten?«
Ich hob die Schultern und trat an das Fenster, das seltsamerweise noch heil geblieben war. »Ob sie tot ist, weiß ich nicht.«
»Aber du hast sie berührt.«
Ich wandte mich wieder um. »Habe ich Julia oder Sarina berührt? Kannst du mir die Antwort geben?«
»Nein.«
»Die Lösung des Rätsels ist sie allein«, erklärte ich. »Etwas anderes kommt für mich nicht in Frage, wobei wir es hier unter Umständen mit einer Wiedergeburt zu tun haben.«
»Die aber auch schon tot ist, denn man hat Julia schließlich begraben.«
»Davon bin ich noch nicht überzeugt«, hielt ich gegen. »Sollte es keine andere Möglichkeit geben, werden wir uns daranmachen und das Grab kurzerhand öffnen.«
»Da bin ich für.« Suko wechselte das Thema. Er hatte die Dämonenpeitsche weggesteckt und schaute sich um.
»Das Schleimzeug ist kristallisiert«, sagte er. »Hast du dafür eine Erklärung?«
»Ich dachte an Krol.«
»Den Kraken?« Suko hob die Augenbrauen.
»Genau.«
»Dann hätten wir es mit den Großen Alten zu tun«, sagte er nach einer Weile.
»Davon gehe ich aus. Und es ist auch nicht zu weit hergeholt. Denk nur an den Begriff Atlantis. Ihn verbindet man ja mit den Großen Alten.« Ich nahm den umgewandelten Rest zwischen zwei Finger und konnte ihn zerreiben. Rötlicher Staub rieselte zu Boden.
»Wie Glas«, murmelte mein Freund. Er hatte dem Staub nachgesehen und blickte plötzlich hoch. »Glas, John, das ist die zweite Verbindung.«
Der Inspektor schnippte mit den Fingern. »Gibt es da nicht einen Kristallgötzen? Ebenfalls einen Großen Alten?«
»Gorgos!«
»Sicher.«
Ich pfiff durch die Zähne. Hatte ich vorhin schon sehr kühn gefolgert, so waren Sukos Folgerungen nicht minder kühn. Aber verdammt, er konnte recht haben. Es gab keinen Grund, dass wir nur immer gegen einen der Großen Alten kämpften. Insgesamt waren es sechs wobei ich Arkonada eigentlich streichen konnte -, und dass diese Dämonen irgendwann angriffen, war mir längst klargeworden.
Weshalb nicht zusammen?
»Gorgos und Krol. Das ist ein Hammer!« flüsterte ich. »Und wir haben die Folgen bemerkt, oder sie sind erst eingetreten, als Julia auf ihrer Geige spielte.«
»Dann wird sie die beiden geweckt haben.«
»So ungefähr.«
Ich war fest von unserer Theorie überzeugt. So und nicht anders musste es gewesen sein. Durch die Nase holte ich ein paar Mal tief Luft und schaute zu Boden. Das Zimmer war unbewohnbar geworden. Die Gefahr hatten wir stoppen können. Wenigstens diesmal, doch wer garantierte uns, dass es uns auch bei einem zweiten Angriff gelingen würde?
Keiner. Die Drohung blieb!
Suko lächelte, als er meinen Blick sah. »Du schaust mich so entschlossen an, dass ich fast der Meinung sein kann…«
»Ich habe auch einen Plan«, unterbrach ich ihn. »Wir werden zunächst Helen Landers aus der Gefahrenzone schaffen. Das ist das mindeste, was wir tun können. In diesem Haus kann sie unmöglich bleiben. Einen zweiten Angriff wird sie kaum widerstehen.«
»Und Julia?«
»Kann möglicherweise hierher zurückkommen. Wir sollten sie dann erwarten.«
Dagegen hatte mein Partner nichts einzuwenden. Doch zunächst mussten wir uns um Mrs. Landers kümmern.
Wir fanden sie ein Stockwerk tiefer. Suko hatte sie in den Wohnraum gesetzt. Dort hockte sie apathisch in einem Sessel und starrte brütend vor sich hin. Mir war klar, um welches Thema sich ihre Gedanken drehten. Mrs. Landers schaute kaum auf, als wir den Raum betraten. Erst als ich vor ihr stehen blieb, hob sie den Kopf. Suko war inzwischen zu einem Schrank gegangen und hatte dort eine Klappe geöffnet. Wie von ihm
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