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Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vermutet, fand er dahinter eine kleine Bar. Auf einer verspiegelten Glasfläche standen einige Flaschen. Whisky befand sich auch darunter.
    Suko entkorkte eine und schenkte in ein breites Glas einen Doppelten.
    »Der wird Ihnen gut tun«, sagte er und ging mit dem Glas in der Hand zu Helen Landers.
    Sie schaute kurz auf, nahm das Gefäß und kippte den Whisky so routiniert weg, dass dies schon auf eine gewisse Übung schließen ließ. Danach nickte sie und stieß leicht auf.
    »Tat es gut?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Möchten Sie noch einen Schluck?«
    Helen Landers schüttelte den Kopf. Mit der gespreizten Hand fuhr sie durch ihre Haare, lehnte sich zurück und stöhnte auf. Ihr Gesicht war nicht nur verquollen, auch vom Weinen gerötet. Sie starrte gegen die Decke und begann leise zu sprechen.
    »Was ist hier nur passiert?« fragte sie. »Ich habe meine Tochter gesehen, die tot ist. Sie spielte Geige, sie konnte sprechen, sie tat all das, was man auch von einer lebenden Person erwartet. Irgendwie begreife ich das nicht. Es ist so seltsam, so unheimlich, so verrückt.« Sie setzte sich wieder aufrecht hin. »Was sagen Sie denn dazu?«
    »Zunächst einmal möchten wir Sie bitten, dieses Haus zu verlassen.«
    »Ich soll ausziehen?«
    »Ja.«
    »Und Julia?«
    »Um sie kümmern wir uns.«
    Sie lachte schrill. »Töten, nicht wahr? Sie wollen meine Tochter töten?«
    »Ist sie nicht schon tot?«
    »Ja und nein. Wir haben sie selbst gesehen. Nein, ich werde mit ihr reden. Sie muss sich ihrer Mutter stellen. Das ist das mindeste, was man verlangen kann. Ich bin ihre Mutter.«
    »Das wissen wir, Mrs. Landers«, sagte Suko. »Dennoch dürfen Sie sich nicht zu stark darauf verlassen, dass ihre Tochter auf Sie Rücksicht nimmt.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sie ist nicht mehr dieselbe wie früher.«
    »Dann meinen Sie also, dass Julia sich gegen mich stellen wird und auch meine Feindin ist.«
    »So ist es.«
    Helen Landers ballte die Hände. Einmal sah sie mich an, dann wieder Suko. Die Antwort fiel ihr schwer. Nur mühsam drang sie über ihre Lippen. »Aber ich bin ihre Mutter!«
    »Das stimmt«, gab ich zu. »Sie werden auch immer Julias Mutter bleiben, da kann kommen, was will. Nur ist die Person, die Sie gesehen haben, nicht mehr die Julia, die Sie kennen. Verstehen Sie mich! Sie ist eine andere geworden.«
    »Sie sah aber so aus.«
    »Sicher. Genau können wir Ihnen noch nicht sagen, wie es zusammenhängt. Wenn Sie genau hingehört haben, werden Sie den Namen verstanden haben, den Julia gesagt hat.«
    »Ja, Sarina!«
    »Genau, Sarina! Wenn unsere Vermutungen stimmen, hat Julia als Sarina eine Wiedergeburt erlebt. Und zwar in einem sagenumwobenen, längst untergegangenen Kontinent: Atlantis.«
    Helen Landers schaute uns an, als stünden zwei Weltwunder vor ihr.
    »Atlantis?« hauchte sie nach einer Weile.
    »Genau.«
    Sie lächelte plötzlich. »Ich habe das mal gehört. Im Fernsehen sprach jemand davon. Der sagte, dass es dieses Land nicht gegeben hat.«
    Wir hoben beide die Schultern. Ich hätte ihr natürlich von meinem magischen Zeitreisen in diesen Kontinent berichten können, sie hätte mir wahrscheinlich nicht geglaubt. So ließ ich es bleiben, näher auf das Thema einzugehen.
    »Gehen Sie davon aus, dass das Auftauchen Ihrer Tochter mit diesem Kontinent in Verbindung steht«, sagte Suko.
    »Und der Schleim aus der Wand? Schieben Sie den etwa auch auf Atlantis?«
    »In gewisser Weise schon.«
    Helen hob die Schultern. »Ich weiß überhaupt nicht, was ich noch alles denken soll. Ich bin so fertig, so durcheinander, da ist mir alles zuviel, wirklich.«
    »Was Sie brauchen, ist Ruhe«, erklärte Suko. »Deshalb haben wir uns gedacht, dass Sie ausziehen. Verlassen Sie dieses Haus und ziehen Sie woanders hin.«
    »Und wo?«
    »Haben Sie in Mullogh keine Freundin oder gute Bekannte?« fragte ich.
    Helen verzog den Mund. »Kaum. Wir waren Einzelgänger. Ich wüsste nicht, wer mich aufnehmen sollte. Außerdem will ich überhaupt nicht weg. Ich möchte mit Julia reden, wenn sie erscheint. Verstehen Sie das?«
    »Ja, ist uns schon verständlich«, gab ich zu. »Wobei ich mich frage, ob Sie dabei nicht enttäuscht werden?«
    »Von ihr?«
    »Zum Beispiel.«
    »Sollte sie mich noch mehr enttäuschen, Mr. Sinclair?«
    »So meine ich das nicht. Ihre Tochter, Mrs. Landers, ist nicht mehr die gleiche. Obwohl sie noch so aussieht, wohnt eine andere in ihr. Wir möchten aber Gewissheit haben und bitten Sie um die Erlaubnis, ihr Grab

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