Julias kleine Sargmusik
öffnen zu dürfen.«
»Nein!«
Die Antwort kam spontan. Wir hatten Verständnis dafür, denn es war in der Tat ein schwerwiegender Entschluss, zu dem sich die Frau überwinden sollte. Im Interesse der Sache jedoch mussten wir sie davon überzeugen. Daran ging kein Weg vorbei.
Ich versuchte es, redete auf sie ein und sprach auch von den Gefahren, die auf sie lauerten.
»Und nicht nur auf Sie persönlich, Mrs. Landers«, stand Suko mir bei.
»Der gesamte Ort ist in Gefahr.«
Sie begriff. »Glauben Sie etwa, dass der Schleim nicht nur auf mein Haus beschränkt blieb?«
»Das glauben wir.«
Er kann also auch woanders hochkommen? »Sehr richtig.«
Mrs. Landers atmete tief ein und senkte ihren Kopf. Sie überlegte, sie dachte nach, und wieder ballte sie ihre Hände zu Fäusten. »Es ist nicht leicht«, flüsterte sie. »Nein, das ist es nicht.«
»Bitte, geben Sie uns die Erlaubnis. Zögern Sie nicht zu lange, sonst ist es zu spät.«
Sie stand auf. Wir merkten, dass sie jetzt Bewegung brauchte und traten zur Seite. Helen Landers nahm die Wanderung durch das Zimmer auf. Vor dem Fenster blieb sie stehen und schaute nach draußen in die regentrübe Umgebung. Sie nickte ein paar Mal, als hätte sie einen Entschluss gefasst, den sie noch einmal bestätigen wollte. Sie drehte sich um. Im Gesicht sah sie wieder ein wenig erholter aus.
»Gut, Gentlemen, Sie haben mich überzeugen können. Ich werde Ihnen die Erlaubnis geben, das Grab meiner Tochter zu öffnen.«
»Das ist vernünftig«, sagte ich. »Unter einer Bedingung.«
Schon wurde es ungemütlich. »Die wäre?« fragte Suko.
»Ich möchte anwesend sein.«
So etwas Ähnliches hatte ja kommen müssen. Weder Suko noch ich waren davon begeistert. Ich versuchte, Mrs. Landers den Plan auszureden. »Es ist natürlich verständlich, dass sie anwesend sein wollen, Mrs. Landers, aber denken Sie daran, was geschehen könnte. Ich kann Ihnen nichts dazu sagen, wirklich nichts. Wir müssen mit den schlimmsten Überraschungen rechnen.«
»Ich bin darauf gefasst.«
Suko hob die Schultern. Er hatte bereits resigniert. Jetzt war Helen Landers einen Kompromiss eingegangen, und sie verlangte von uns, dass wir ihr auch entgegenkamen.
»Überlegen Sie es sich. Ich ziehe die Genehmigung sonst zurück.«
»Gut«, sagte ich nach einer Weile. »Sie können oder dürfen dabei sein. Nur machen Sie uns hinterher keine Vorwürfe. Wir können Ihnen nicht im voraus sagen, was Sie erwartet.«
»Das ist mir klar. Wann soll die Graböffnung geschehen?«
»So rasch wie möglich.«
»Das wäre sofort.«
»Ja.«
»Dann begleite ich Sie zum Friedhof. Ich ziehe mir nur eben etwas über. Warten Sie solange.« Mrs. Landers verschwand aus dem Zimmer. Wir hörten ihre Schritte auf der nach oben führenden Treppe. Suko und ich schauten uns an, wohl war uns beiden nicht…
***
Mrs. Featheread hatte mit ihrem Leben abgeschlossen, als das gewaltige Schleimmonster, in dessen Zentrum sich der Polizist Glenn Rotter befand, vor ihr in die Höhe schwang. Die Angst umkrallte ihr Herz, aber sie hatte trotz dieser lebensbedrohenden Situation noch jemand nahe der Tür gesehen.
Eine Gestalt!
Und diese Gestalt trat in das Zimmer. In der rechten Hand hielt sie ein Schwert. Das konnte Mrs. Featherhead nicht erkennen, so gut war der Blickwinkel nicht. Das Schleimgebilde hatte den Eindringling auch nicht entdeckt, da es in seinem Rücken aufgetaucht war, aber es merkte sehr bald, mit welch einem Gegner es nun fertig werden musste. Wie das scharfe Messer in die Butter, so drang das Schwert tief in den rötlichen Schleim. Es spaltete ihn auf, schuf eine Lücke, und der wilde Kämpfer zog seine Waffe sofort wieder zurück, um erneut zuzuschlagen. Diesmal von der Seite, und Clara Featherhead konnte ihn besser erkennen. Sie sah ein unbewegliches Gesicht, dessen Haut schimmerte, dann wurde ihr der Blick genommen. Der große Schleimberg platzte beim dritten Treffer auseinander.
Nach drei Seiten hin wurde er weggeschleudert. Zum Glück traf es die Witwe nicht, die starr auf dem Fleck stand und nicht fassen konnte, was sich da vor ihren Augen abspielte.
Sie hatte den Mann noch nie gesehen, der sie an eine Märchenfigur erinnerte. Er handhabte sein Schwert wie ein Könner und zerschlug auch die Reste des Schleims, die über den Boden wallten und sich einfach auflösten, als hätte es sie nie zuvor gegeben.
Zurück blieb - ein Mensch!
Glenn Rotter, der ehemalige Polizist. Wie eine Statue stand er vor Mrs.
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