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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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deine Kinder beständig um dich, bleibe mit ihm im Zimmer, im Elysium und ungeachtet der Profanation im Bosket nicht viel allein. Vor allen Dingen aber nimm deine Maßregeln auf so ungesuchte Weise, daß sie nur eine Wirkung des Zufalls scheinen, und daß er nicht einen Augenblick auf den Gedanken kommen könne, als fürchtest du ihn. Du fährst gern im Kahne und versagst es dir deines Mannes wegen, der das Wasser fürchtet, und deiner Kinder wegen, die du keiner Gefahr aussetzen willst; nimm Wolmar's Abwesenheit wahr, um dir dieses Vergnügen zu verschaffen, indem du deine Kinder unter Fanchon's Aufsicht lassest. Dies wird ein Mittel sein, dich ohne Gefahr den süßen Ergießungen der Freundschaft hinzugeben, und eines langen Beisammenseins in Ruhe zu genießen, unter dem Schutze der Ruderleute, welche sehen, ohne zu hören, und die man nicht los werden kann, ohne erst bedacht zu haben, was man vorhat.
    Ich habe da noch einen Einfall, über den Viele lachen würden, der dir aber, weiß ich gewiß, gefallen wird, nämlich, daß du in Abwesenheit deines Mannes ein treues Tagebuch führest, das ihm, wenn er wiederkommt, gezeigt werden soll, und daß du bei allen euren Unterhaltungen an dieses Tagebuch, in das sie hineinkommen sollen, denkest. Ich glaube in der That nicht, daß ein solches Mittel vielen Frauen von Nutzen sein würde; aber einer offnen und keiner Verstellung fälligen Seele stehen gegen das Laster Hülfsmittel zu Gebote, die den Anderen stets fehlen werden. Nichts ist verächtlich, was darauf abzielt, die Reinheit zu bewahren, und kleine Vorsichtsmaßregeln dienen großen Tugenden zum Schirme.
    Da übrigens dein Mann mich im Vorbeigehen besuchen will, so wird er mir, hoffe ich, die wahren Gründe sagen, die ihn zur Reise bestimmt haben, und wenn ich sie nicht stichhaltig finde, so werde ich ihn entweder von der Durchführung seines Vorhabens abbringen, oder auf alle Fälle thun, was nicht in seiner Absicht gelegen hat; darauf kannst du dich verlassen. Inzwischen hast du da, denke ich, mehr als nöthig ist, um dich gegen eine Prüfung von acht Tagen sicher zu fühlen. Geh, meine Julie, ich kenne dich zu gut, um nicht für dich eben so sehr und mehr als für mich selbst einzustehen. Du wirst immer so sein, wie du sein sollst und willst. Wenn du dich auch der bloßen Redlichkeit deiner Seele anvertrauen wolltest, würdest du noch immer keine Gefahr laufen: denn ich habe keinen Glauben an unvorhergesehene Niederlagen; möge man immerhin mit dem falschen Namen Schwachheit Fehltritte bedecken, die stets freiwillig sind, nie erliegt eine Frau, die nicht hat erliegen wollen; und wenn ich dächte, daß ein solches Geschick dich ereilen könnte, glaube mir, glaube meiner zärtlichen Freundschaft, glaube allen Gefühlen, die sich in dem Herzen deiner armen Clara regen mögen, ich würde ein zu empfindliches Interesse dabei haben, dich davor zu hüten, daß ich dich dir selbst überlassen sollte.
    Was dir Herr von Wolmar über die Dinge gesagt hat, die er schon vor eurer Verheiratung erfahren hatte, überrascht mich nicht sehr: du weißt, daß ich immer dergleichen vermuthet habe, und ich will dir noch obenein sagen, daß mein Verdacht sich nicht auf eine Geschwätzigkeit von Seiten Babi's beschränkte. Ich habe niemals glauben können, daß ein gerader und wahrer Mann, wie dein Vater, der zum wenigsten selber Verdacht hatte, es sollte über sich gewonnen haben, seinen Schwiegersohn und Freund zu hintergehen, daß er wohl nur deshalb so sehr in dich gedrungen haben mochte, zu schweigen, weil es etwas sehr Verschiedenes war, ob die Entdeckung von seiner oder deiner Seite ausging, und daß er ohne Zweifel der Sache eine Wendung geben wollte, die weniger geeignet war, Herrn von Wolmar zurüchzuscheuchen, als die, welche du, wie er wohl einsah, nicht unterlassen haben würdest ihr zu geben. Aber ich muß deinen Expressen zurückschicken; wir werden über das Alles in vier Wochen mit mehr Muße sprechen.
    Adieu, Cousinchen; genug der Predigerin gepredigt; nimm dein altes Gewerbe wieder vor, und aus Ursachen. Es macht mich ganz unwirsch, daß ich noch nicht bei dir sein kann. Ich bringe aus Hast alle meine Geschäfte durch einander und weiß kaum, was ich thue. Ach, Chaillot, Chaillot! .... wenn ich weniger toll wäre! .... aber ich hoffe es immer zu bleiben.
    N. S. Apropos! ich vergaß deiner Hoheit mein Compliment zu machen. Sage mir doch, ich bitte dich, ist dein erlauchter Herr Gemahl Hetmann, Knees oder Bojare? Was

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