Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
Vom Netzwerk:
werde folgsam sein; du hast zu wollen, was ich thun soll, ich zu thun, was du wollen wirst. Halte meine Seele eingeschlossen in der deinigen. Was nutzt es den Unzertrennlichen, zweie zu haben?
    Basta! Jetzt noch einmal zu unsren Reisenden! Aber ich habe schon so viel von dem einen gesprochen, daß ich nicht mehr wage, von dem anderen zu sprechen, aus Furcht, daß der Unterschied des Styls ein wenig zu fühlbar werden, und daß selbst die Freundschaft, die ich für den Engländer habe, zu sehr zum Vortheil des Schweizers sprechen möchte. Und dann, was soll man über Briefe sagen, die man nicht zu Gesichte bekommen hat? Du hättest mir wenigstens den von Milord Eduard schicken sollen; aber du getrautest dir nicht, ihn ohne den andern zu schicken, und daran hast du wohl gethan .... Du hättest indeß noch besser gethan .... Ach! es leben die Bonnen von zwanzig Jahren! Sie sind traitabler als die von dreißigen.
    Ich muß wenigstens die Rache nehmen, daß ich dir sage, was du mit deiner Klugheit, die Briefe zurückzubehalten, angerichtet hast; nämlich dies, daß ich ihn mir nun selber ausmale .... so, so, .... und noch tausend Mal mehr, als er wirklich ist. Aus purem Aerger denke ich mir Alles hinein, was sicherlich nicht darin steht. Geh, wenn ich nicht darin göttlich verehrt bin, so sollst du mir Alles büßen, was ich davon abziehen muß.
    Wahrhaftig, ich weiß nach dem Allen nicht, wie du dich unterstehen kannst, von der italienischen Post mit mir zu reden. Du zeigst, mir, daß mein Unrecht nicht war, daß ich wartete, sondern daß ich nicht lange genug wartete. Ein armseliges Viertelstündchen länger, und ich wäre dem Packet begegnet, hatte mich desselben zuerst bemächtigt, hätte es recht mit Muße gelesen, und es wäre an mir gewesen, mich groß zu machen. Die Trauben sind sauer. Man vorenthält mir zwei Briefe: habe ich doch zwei andere, die ich, was du auch denken magst, sicher nicht gegen jene austauschen würde, und wenn alle So's der Welt darin wären. Ich schwöre dir, wenn der Henriettens sich nicht neben deinen stellen kann, so ist die Ursache nur, weil er ihn übertrifft, und weil wir alle beide in unserem ganzen Leben nichts so Artiges schreiben werden. Und hinterher wird man sich auf's hohe Pferd setzen, und dieses Weltwunder als eine Jungfer Naseweis behandeln. O, es ist offenbar die pure Eifersucht. In der That, sieht man dich je vor ihr knieen und ihr die beiden Hände, eine nach der anderen, küssen? Dank dir, sie ist jetzt bescheiden wie eine Nonne, und ernst wie Cato; hat Respect vor aller Welt, außer vor ihrer Mutter; kein Gedankemehr, daß regelmäßig gelacht wird über Alles, was sie sagt; über das, was sie schreibt, nun, das mag noch sein, aber da ich nun dieses neue Talent entdeckt habe, so will ich, ehe du ihr auch das Briefschreiben verpfuschest, wie ihr liebes Geplapper, aus ihrer Stube in die meinige eine italienische Post einrichten, deren Packete man mir nicht escamotiren soll.
    Adieu, Cousinchen. Da hast du eine Antwort, die dich lehren wird, meinen wieder wachsenden Credit zu respectiren. Ich habe dir von dem Land und den Leuten hier erzählen wollen, aber ich muß diesen Band schließen; und dann hast du mir auch Alles mit deinen Phantasien durcheinander gebracht, und über den Ehemann habe ich beinahe die Wirthe vergessen. Da wir noch fünf oder sechs Tage hier zu bleiben haben, und ich Zeit haben werde, das Wenige, was ich gesehen habe, noch besser zu sehen, so wirst du beim Warten nichts verlieren, und kannst, bevor ich abreise, auf einen zweiten Theil rechnen.
     
Dritter Brief.
Milord Eduard an Herrn v. Wolmar.
    Nein, theurer Wolmar, Sie haben sich nicht getäuscht, der junge Mann ist sicher; ich aber bin es nicht, und ich hätte die Erfahrung, die mich davon belehrt hat, fast theuer bezahlen müssen; ohne ihn würde ich selbst der Probe erlegen sein, die ich ihm zugedacht hatte, Sie wissen, daß ich, um seine Erkenntlichkeit zufriedenzustellen und sein Herz mit neuen Gegenständen auszufüllen, dieser Reise zum Schein mehr Wichtigkeit beilegte, als sie in Wahrheit hatte. Einer alten Neigung zu schmeicheln, einer alten Gewohnheit noch einmal nachzuhängen, dies, nächst dem, was sich auf Saint-Preux bezog, war Alles, was mich bewog, sie zu unternehmen. Meiner Jugendliebe das letzte Lebewohl zu sagen, einen Freund vollkommen geheilt zurückzubringen, dies war die ganze Frucht, die ich davon ernten wollte.
    Ich habe Ihnen geschrieben, daß mich der Traum von Villeneuve

Weitere Kostenlose Bücher