Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
abscheulich zu finden - mir würde es bestimmt genauso gehen.
Eric und ich wohnen noch immer in unserem mickrigen Long Island City Apartment. (Wenn sich allerdings dieses Buch gut verkauft, sind wir hier draußen wie der Blitz). Jetzt ist Eric der mit dem Scheißjob, bis auf die Tatsache, dass er inzwischen den Doktor hat, doch alles ist relativ, also ist jetzt sein Job der dämliche. Aber wir haben einen Hund, und das macht Erics dämlichen Job erträglicher. Er heißt Robert, wiegt 105 Pfund und lehnt sich gern an Menschen an. Er ist hühnerknochensüchtig, aber ansonsten mustergültig. Demnächst werden wir versuchen, ein Baby zu bekommen, und wenn es mit dem Menschenbaby so gut klappt wie mit dem Hundebaby, dann sind wir wirklich rundum glücklich.
Isabel hat tatsächlich ihren Punkrock-Freund geheiratet. Sie leben in Bath und haben letzten Monat eine eigene Buchhandlung eröffnet, und auch sie versuchen, ein Kind zu bekommen. Sie sind so glücklich, dass es schon ekelhaft ist, genau wie Isabel prophezeit hat. Bitte sehr, auch diese beiden dürfen Sie abscheulich finden. Aber falls Sie mal in Bath sind, schauen Sie in ihrem Laden vorbei. Und kaufen Sie mein Buch dort.
Gwen ist noch immer im Filmgeschäft. Sie kommt ständig zum Essen zu uns. Wir rauchen und trinken nicht mehr so viel wie früher, aber es ist immer noch toll mit ihr. Eigentlich noch besser. Sally geht’s fabelhaft, der Typ, mit dem sie zurzeit zusammen ist, heißt Simon, eine Erleichterung, muss ich sagen. Mein Bruder hielt sich während der Präsidentschaftswahl in New Mexico auf und hat versucht, John Kerry zur Wahl zu verhelfen. Jetzt, wo das nicht geklappt hat, weiß er nicht, was er machen soll, aber falls er irrationale Mordfantasien hat, behält er sie für sich. Die Behörde, für die ich gearbeitet habe, hat einen Denkmalsentwurf für den 11. September ausgesucht. Jeder findet ihn schrecklich, aber was kann man anderes erwarten? Für mich persönlich ist er ganz okay. Nate, das Teufelskerlchen, hat ein echt hübsches Mädchen geheiratet.
Im Großen und Ganzen ist das Leben ziemlich schön. Nicht gerade wie in einem aufgeklärten Paradies, aber jedenfalls nicht dämlich.
Und das alles wegen Julia.
Ich sage das nicht nur, weil mir das Bloggen über sie zu fünfzehnminütigem Ruhm verhalf, den ich dann, so wie es aussieht, zu etwas ausbauen konnte, was mich vielleicht (toi, toi, toi!) für immer von der Zeitarbeit befreit (toi, toi, toi!). Obwohl mir natürlich ein Blog über, sagen wir mal, David Strathairn oder Jason Bateman nicht ganz so viel Aufmerksamkeit verschafft hätte. (Das ist nicht gegen euch gerichtet, Jungs, ihr wisst, wie sehr ich für euch schwärme. Ruft mich ruhig mal an! ) Nein, was ich wirklich meine, ist Folgendes:
Julia hat mir gezeigt, was es braucht, um den eigenen Weg in der Welt zu finden. Es ist nicht das, was ich gedacht hatte. Ich dachte immer, es braucht - ich weiß auch nicht - Vertrauen, Willen oder Glück. Das ist alles gut, keine Frage. Aber es gibt noch was, etwas, woraus diese Dinge erwachsen.
Es ist Freude.
Ich weiß, ich weiß - das ist ein echt peinliches Wort. Schon beim Tippen stellen sich mir die Haare auf. Ich denke an Weihnachtskarten oder sechzigjährige New-Age-Weiber mit lila Schlapphüten. Und dennoch ist es das beste Wort, das mir einfällt für die berauschende, fast gewalttätige Befriedigung, die man in den Texten von Julias erstem Buch findet. Als ich ihre Anleitungen für die Bechamelsauce las, wurde zwischen den Zeilen fast körperlich spürbar, dass hier eine Frau ihren Weg gefunden hat.
Julia Child hat Kochen gelernt, weil sie mit ihrem Mann gut essen wollte, weil sie sich spät, aber unsterblich in tolles Essen verliebt hatte, weil sie in Paris lebte, weil sie nicht wusste, was sie sonst mit sich anfangen sollte. Sie war damals 37 Jahre alt gewesen. Sie hatte die Liebe ihres Lebens gefunden, und es war göttlich. Sie hatte gelernt, wie man gut speiste, und auch das war fantastisch. Aber es reichte nicht. Wahrscheinlich dachte sie, sie würde nie mehr entdecken, was ihr noch fehlte, wenn sie es mit 37 noch nicht entdeckt hatte. Aber dann fand sie es doch, auf einer Kochschule in Paris.
Ich habe es lange nicht begriffen, aber was mich bei Mastering the Art of French Cooking so anzog, war das tief verborgene Aroma von Hoffnung und gefundener Erfüllung. Ich dachte, ich würde durch das Buch französisch kochen lernen, aber in Wirklichkeit spürte ich damit die Geheimtüren
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