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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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- das war meine erste Begegnung mit Artischocken, aber mehr noch als die Frage, ob sie mir schmeckten oder nicht, beschäftigte mich der Gedanke an den armen, hungrigen Neandertaler, der zum ersten Mal auf die Idee kam, so was zu essen -, dann platzierte ich die wenigen kurzen Absätze in meinem Blog.
    Am nächsten Tag hatten sechsunddreißig Personen meine Seite eingesehen. Ich weiß das so genau, weil ich an meinem Arbeitsplatz zwölfmal ins Netz ging, um nachzugucken. Jeder Besuch bedeutete einen Menschen, der las, was ich geschrieben hatte. Hah! Am unteren Ende war Platz für einen Kommentar, und Leute, von denen ich noch nie gehört hatte, behaupteten, es gefalle ihnen, wie ich schreibe!
    Ich würde also in nächster Zeit jede Menge französische Gerichte essen, darüber schreiben und von wildfremden Leuten Komplimente dafür bekommen. Eric hatte Recht. Das war hervorragend!
    Am zweiten Tag gab es Quiche lorraine und Haricots verts à la Anglaise .
    Am dritten Tag musste ich nach New Jersey, um bei einem Treffen von Familien, die Angehörige im World Trade Center verloren hatten, Fragebögen zu verteilen und Klappstühle aufzubauen. Das Treffen wurde vom Gouverneur von New Jersey organisiert, um allgemein klarzustellen, dass jedwedes Leid, das irgendjemand empfinden mochte, auf das Konto der Behörde in Downtown Manhattan ging, bei der ich arbeitete. Der Gouverneur von New Jersey war ein ziemlicher Blödmann. Ich kochte also nicht. Stattdessen aß ich eine Pizza und improvisierte folgendes Stückchen funkelnder Prosa:
     
    Wohlhabende Engländer reichten zur Zeit Königin Victorias Erdbeeren Romanoff im Dezember; heute ist es ein Zeichen des Wohlstands, taufrische Öko-Beeren nur noch in den zwei Wochen auf den Tisch bringen, wo wir sie reif vom Feld pflücken können; einem Feld, versteht sich, das gleich bei unserer Villa um die Ecke liegt. Man erzählt sich, auf welchem Markt man das frischeste Dies und das zarteste Das gefunden hat, das grünste, festeste oder weichste Irgendwas, als handle es sich um ein selbstloses Tun von größter Gewissenhaftigkeit und gutem Geschmack und nicht um die privilegierte Beschäftigung eines Menschen, der nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss.
    Julia Child ist nicht so. Julia Child will, dass Sie - ja, genau Sie aus dem Reihenhaus in der endlosen Vorstadtstraße mit dem aussichtslosen Mittelklasse-Job und weit und breit nichts als einem normalen Supermarkt -, dass Sie lernen, wie man einen guten Kuchen bäckt oder es schafft, dass grüne Bohnen aus der Dose anständig schmecken. Sie will Sie daran erinnern, dass Sie ein menschliches Wesen sind und Ihnen als solchem jenes grundlegendste aller Menschenrechte zusteht, nämlich gut zu essen und das Leben zu genießen.
    Und das ist tausendmal wichtiger als diese Scheiß-Edeltomaten und kaltgepresstes umbrisches Olivenöl.
     
     
    Am Ende der ersten Woche hatte ich Filets de Poisson Bercy aux Champignons gemacht, Poulet Rôti , Champignons à la Grecque und Carottes à la Concièrge , sogar eine Crème Brûlée - na ja, eher eine Crème-Brûlée -Suppe. Ich hatte über alles geschrieben, über meine Fehler und meine kleinen Siege. Freunde, Fremde, sogar Tante Sukie aus Waxahachie hatten in dem Blog geantwortet und mich angefeuert. Und nun verließ ich mein Büro-Kabäuschen in Manhattan jeden Abend ungewohnt beschwingten Schrittes, die Einkaufsliste in der Hand, und überlegte nicht mehr, wie ich dieses beschissene Telefon aus der Wand reißen konnte (oder einem Bürokraten die Luftröhre aus seinem mageren Hals), sondern war in Gedanken bei meinem nächsten französischen Essen, meinem nächsten geistreichen Seitenhieb.
    Eric und ich hatten jetzt ernsthaft mit dem Umzug begonnen. Am Wochenende schleppten wir die Kartons aus dem Wohnzimmer und karrten sie in unserem alten burgunderroten Ford Bronco in die neue Wohnung, ein so genanntes Loft in Long Island City, was nicht auf Long Island liegt, sondern in Queens. (Ja, genau genommen liegt es auf der von Wasser umgebenen Landmasse namens Long Island, aber sagen Sie nie einem Einwohner von Queens oder Brooklyn, er lebe auf Long Island, glauben Sie mir, das wäre keine gute Idee.) Wir zogen dorthin, weil Erics Büro dorthin gezogen war und das Pendeln von Brooklyn nach Long Island City unangenehme Erinnerungen an lateinamerikanische Einwanderer weckte, die um zwei Uhr früh in der U-Bahn auf dem Weg zu einem ihrer drei Jobs von Fanatikern erstochen werden. Nun würden wir

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