Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
vielleicht geht das nur mir so.
Julia Child schreibt: Es gibt eine simple, aber hervorragende Methode, diese Bewegungen zu erlernen - üben Sie im Freien mit einer halben Tasse getrockneter Bohnen . Ich höre förmlich ihr glucksendes Lachen, als sie dies schrieb und an all die amerikanischen Hausfrauen Anfang der sechziger Jahre dachte, die in Twinset und Mary-Tyler-Moore-Frisur Bohnen über ihren manikürten Rasen verstreuten. Da ich mich bei dem Wort »simpel« immer angesprochen fühle, befolgte ich ihren Rat, nur verteilte ich meine Pintobohnen nicht über einen Rasen, sondern über den schmutzigen Gehsteig der Jackson Avenue. Sattelschlepperfahrer hupten mich an, Prostituierte starrten zu mir herüber. Ein Minivan aus Virginia blieb neben mir stehen. Als die Fahrerin merkte, dass sie bei dieser Julie, die aus einer Pfanne Bohnen auf den Gehsteig warf, auf einen geistig gesunden, gebildeten Menschen gestoßen war, fragte sie mich, wo es hier nach New Jersey gehe.
»Ach du Scheiße, gute Frau, da sind Sie ja total verkehrt.«
Meine Manieren sind nicht immer die besten, das gebe ich zu, und wenn ich vor Gott und der Welt erfolglos getrocknete Bohnen in einem Tiegel rüttle, werden sie nicht gerade besser.
(Als ich von diesem Vorfall berichtete, schrieb mir mein Schulfreund Henry, mit dem ich Schluss gemacht hatte, um mit Eric zu gehen, und der mir das ungefähr zehn Jahre lang nicht verziehen hat: »Jetzt habt ihr bei euch in der Gegend nicht nur verrückte Penner, sondern auch noch eine durchgeknallte Bohnenschüttlerin. Das ist echt cool...« Und ein wildfremder Mensch machte sich die Mühe, die Tatsache zu beklagen, dass ich so oft das Wort »Sch...« verwende.)
Wenn man diese Technik nun mit richtigen Eiern vervollkommnet, kann es einem regelrecht schwindlig werden. Es ist ungefähr so, wie wenn man versucht, mit der Zunge einen Knoten in einen Kirschenstängel zu machen. Zum ersten Mal gelang es mir (was man so gelingen nennt...) an einem Sonntagmorgen für Eric und dessen Arbeitskollegin Tori. Ich kannte Tori noch nicht gut, sie war Künstlerin, arbeitete tagsüber bei meinem Mann im Büro und war hübsch. Soviel ich wusste, konnte sie Kirschenstängel perfekt mit der Zunge verknoten und obendrein Omeletts wenden wie ein tanzender Derwisch. Ich war also etwas nervös.
Wenn man Omeletts à la Julia kocht, muss alles sehr schnell gehen. Es ist völlig aussichtslos, die Zeichnungen und Bildunterschriften während des Kochens zu studieren. Erstens sind sie meistens Furcht einflößend und zweitens für Rechtshänder gedacht, so dass ich erst noch meine beiden Gehirnhälften umpolen muss. Beim ersten Omelett klappte es überhaupt nicht. Es krumpelte sich nur am Pfannenrand zusammen und platzte an den kritischen Stellen auf. Aber als ich es auf den Teller geworfen hatte, bedeckte es irgendwie die Füllung - Champignons in Sahne und Madeira, lecker, lecker! - und sah leidlich nach Omelett aus. Also verzeichnete ich dies als bescheidenen Erfolg. Das zweite konnte indes unter keinen Umständen als gelungen durchgehen; erst blieb es kleben, und als ich stärker rüttelte, flutschten die Eier über die Herdplatte. Ein weiterer Salto beförderte einen Großteil der halb gestockten Masse auf den Boden. Ich gab auf, schmiss den ganzen widerlichen Mist auf einen Teller und ernannte ihn zu meiner Portion. Beim dritten bekam ich - mit zunehmend verängstigten, ruckartigen Bewegungen - das Einrollen, von dem Julia schreibt, im Ansatz hin, wenigstens ein bisschen. Zumindest rutschte nichts mehr auf die Herdplatte, und es blieb zusammen. Ich finde, mehr kann man nicht verlangen. Wir aßen unsere Omelettes roulées und tranken dazu den von Tori mitgebrachten Prosecco. Ich mag es, wenn ich schon vormittags einen Vorwand für einen Drink geliefert bekomme.
Jedenfalls, als ich in die Küche humpelte, um für meinen Mann, meinen Bruder und mich ein Abendessen aus Artischockenherzen und Tomatenomelettes zu machen, war ich mit der ganzen Eierwendegeschichte schon vertraut. Die Omelettes sahen tatsächlich mehr oder weniger wie Omelettes aus, die Herdplatte blieb unbehelligt, und das Essen war ziemlich bald fertig. Alles hätte eigentlich ganz nett werden können, aber irgendwann, während des Kochens, stellten sich mir die Haare auf, und ich wurde wütend, vielleicht weil der Alkohol ausging oder wegen unseres peinlichen ehelichen Gezänks.
Mit Sallys Couch fing alles an. Die Frage, weshalb sie noch immer im Eingangsbereich
Weitere Kostenlose Bücher