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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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abholen?«
    »Klar. Ich muss nur noch einkaufen, aber bis dahin bin ich zurück.«
    »Bist du sicher, dass dir das nicht zu viel wird?«
    »Nee. Das heißt - ja.«
    »Okay, dann sehen wir uns um halb eins.«
    Gerade als ich abgehoben hatte, war es mit dem Erbrechen losgegangen, ganz nach Plan. Ich warf einen Blick ins Duschbad, wo Eric zusammengesackt auf dem Fußboden lag. »Sally kommt heute und holt die Couch.«
    »So?«
    »Ja. Gegen halb eins.«
    »Aha. Okay.« Seine Stimme hatte etwas Entschlossenes: Um halb eins würde er nicht mehr auf dem Boden im Duschbad sitzen und grüne Galle hervorwürgen, so wahr ihm Gott helfe! Ich kenne diesen wilden, mutigen Trotz bei ihm - an seinen Migränetagen übertrifft Eric selbst Vivien Leigh in Höchstform. Aber das ändert gar nichts.
    »Ich geh jetzt zu Western Beef, dann bin ich rechtzeitig zurück.«
    »Nimmst du den Bronco?«
    »Muss ich wohl.«
    »Fahr vorsichtig.«
    (Nach der Katastrophe am Umzugstag hatten wir den Bronco mit einer neuen Lichtmaschine wieder zum Laufen gebracht, aber als ich aus der Werkstatt rausfuhr, sah ich in dem letzten noch verbliebenen Rückspiegel, wie mir der Automechaniker erschrocken nachstarrte. Und es stimmte schon, die Bremsen fühlten sich furchtbar durchgetreten an.)
    Das einzig wirklich Gute an Western Beef in der Steinway Street ist der Name, aber es gibt noch ein paar andere Sachen, weswegen man hingehen kann, zum Beispiel die praktischen Leergutautomaten, über die ich vielleicht noch mal froh sein werde, wenn ich eines Tages durchdrehe, auf einen schrecklichen republikanischen Bürokraten losgehe, gefeuert werde und meinen Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Getränkedosen verdienen muss. Es gibt dort ein ganz anständiges Sortiment, eine fantastische, faszinierende Abteilung mit Gewürzen aus der Karibik - unter anderem ein fleischfarbenes, algenähnliches Zeug in einer Zellophantüte mit dem Etikett »Potenz« - und einen Kühlraum. Zwar werden dort keine schicken Thermomäntel ausgegeben wie in dem riesigen Fairway-Market an der Upper West Side, aber achtzehn Eier kosten nicht einmal zwei Dollar, die Sahne wird literweise verkauft und es gibt endlose Regale mit preiswertem portioniertem Fleisch, so viel das Herz begehrt. (Ich wollte Pot-au-Feu zum Abendessen machen, mein Herz begehrte also viel.) Allerdings gibt es bei Western Beef nicht den Würfelzucker, den ich für die Bayerische Creme brauchte.
    (Ich wette, dass Würfelzucker 1961 um einiges leichter zu bekommen war. Heute gibt’s Zucker nur noch in Kilopäckchen, ganz zu schweigen von dem gottserbärmlichen Pulver, das mich immer an die Szene in dem Film Warum eigentlich... bringen wir den Chef nicht um? erinnert, wo Lily Tomlin glaubt, sie habe Dabney Coleman versehentlich vergiftet. Übrigens ein Film, bei dem man als Sekretärin einer Behörde auf allerlei Ideen kommt. Doch das gehört nicht hierher. Aber das mit dem Würfelzucker ist eine Schande. Würfelzucker hat so was hübsch Weißes, Vollständiges. Als Kinder haben Heathcliff und ich an Heiligabend neben den Plätzchenteller für den Weihnachtsmann immer einen winzigen Würfelzucker-Iglu für das Rentier gebaut. Was soll man ihm heutzutage hinlegen? Neun Päckchen Assugrin?
    Key Food an der 36. Straße in Astoria hatte auch keinen Würfelzucker; immerhin nahm ich dort noch die Roten Bete und Kartoffeln für die Salade à la d’Argenson mit, die ich bei Western Beef vergessen hatte, weil ich sie erst in letzter Minute auf die Rückseite des Einkaufszettels geschrieben hatte. Ich versuchte es also bei Pathmark. Ich war vorher noch nie bei Pathmark gewesen, und eins sag ich Ihnen: Ich geh auch nie wieder hin. So notwendig kann ich gar nichts brauchen. Die Schiebetüren dort öffnen sich in eine weite, weiße, leere Halle ohne jedes Anzeichen von Leben oder Lebensmittel. Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass ein Nazi-Kommandant mit messerscharfen Gesichtszügen um die Ecke kam und mich nötigte: » Ja , bitte, hier entlang, nehmen Sie einen Wagen, gehen Sie hier durch, dann kommen Sie schon zu den Lebensmitteln.« Schließlich wurde ich doch nicht in eine Gaskammer geschleust, sondern in einen gleißend weißen Supermarkt von der Größe eines Stadions, wo ich meinen Würfelzucker bekam. Die Haare standen mir zu Berge, als ich an Familien vorbeikam, die gleich zwei Einkaufswagen mit Billig-Cola und Erdnussflipsgenerika beluden, oder an einem einsamen alten Mann, der drei Dutzend asiatische Instant-Nudelsuppen

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