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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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Musik hab ich noch nie gehört, aber seine Texte gelesen, und die sind unglaublich . Und dann hab ich die Musik geträumt , ich konnte sie regelrecht hören. Und ich wette, sie klingt genauso.«
    »Aha.«
    »Er hat mir ein Bild von sich geschickt und ein paar Gedichte, auch eins, was er nur für mich geschrieben hat, und ich finde es glänzend .«
    »Ja. Und?«
    »Und ich glaube, ich muss mich mit ihm treffen.«
    Plötzlich war mir ein bisschen kühl, und ich schaute mich um; womöglich schlich Martin in seinem Tarnkappenanzug hier herum und rauchte in einer dunklen Ecke der Terrasse eine Zigarette. »Aber - ich meine, hast du vor -«
    »Nein. Das schlägt meine Mutter vor. Sie findet, ich solle einfach mit ihm schlafen, dann wäre ich das Ganze los. Aber das wäre irgendwie falsch , findest du nicht?«
    Ich sah den leicht irren Glanz in Isabels Augen und hatte das unbehagliche Gefühl, dass der Vorschlag ihrer Mutter wahrscheinlich das Vernünftigste war, was ich zu hören bekam.
    »Nein, ich möchte mich mit ihm treffen, und wenn er so wunderbar ist, wie ich glaube, werde ich mit Martin reden, und dann sehen wir mal, was passiert.«
    »Isabel -«
    »Hey, Isabel, wir müssen los, wenn wir deinen Dad noch abholen wollen.« Martin stand an der Tür und guckte heraus. Ich sah nur die stachlige Silhouette seines gegelten Haars.
    »Ja, gut, Honey. Ich komm schon.« Isabel drückte meine Hand und war fort.
    Ich hatte keine Ahnung, was ich davon halten sollte.
     
    Und so machte ich an Silvester Veau Prince Orloff für elf Vettern, Cousinen, Tanten und Onkel, die bestimmt glaubten, ihre verrückte, yankeeverseuchte Nichte sei vollkommen von der Rolle.
    Veau Prince Orloff ist ein wahnwitziges Rezept. Es geht so: Erst brät man Kalbfleisch mit Gemüse und Speck und stellt den Bratensaft zur Seite. Wir erledigten das am Vorabend und ließen den Braten über Nacht auf der Arbeitsplatte ruhen - wahrscheinlich war er ein bisschen zu sehr durchgebraten, wie es mir oft bei Julias Angaben passiert. Das ist besonders schändlich, wenn das Pfund 15.99 Dollar kostet. In den frühen Morgenstunden wacht man dann mehrmals auf, kalten Schweiß auf der Stirn und in dem festen Glauben, der elterliche Golden Retriever habe sich den 80-Dollar-Kalbsbraten geholt. Dieser Stress verbraucht schon im Voraus einige von den Kalorien, die man sich demnächst zuführen wird.
    An dem Tag, an dem serviert wird, macht man eine Soubise; dafür wird etwas Reis kurz in kochendem Wasser vorgegart und dann mit Butter und viel geschnittenen Zwiebeln gut 45 Minuten auf ganz kleiner Flamme gekocht. Die Zwiebeln sondern genug Flüssigkeit ab, um den Reis zu garen, das ist wirklich beeindruckend, wie ein chemisches Experiment. Dann kommen die Duxelles dran, in Scheiben geschnittene Champignons, in Butter und Schalotten gebraten.
    Aus dem Bratenfond und etwas Milch stellt man auf der Basis einer dunklen Mehlschwitze eine Sauce Velouté her. Diese Velouté vermengt man mit der Soubise , treibt das Ganze durch ein Sieb (oder die Küchenmaschine), rührt die Duxelles darunter, kocht alles auf und verdünnt es mit Sahne.
    Dies nimmt erstaunlicherweise den ganzen Vormittag in Anspruch. Und es erzeugt einen Berg schmutziges Geschirr, das meine Mutter, eben weil sie meine Mutter ist, geduldig abspült. Und so muss es auch sein, für Schuldgefühle ist Weihnachten ja da.
    Ich schnitt das Kalbfleisch so dünn wie möglich auf, bestrich jede Scheibe mit der Pilzfüllung und setzte es dann Scheibe für Scheibe wieder zusammen. Ich rührte etwas Käse in die warme Velouté und goss sie über den Kalbsbraten. Der sah jetzt aus wie ein feuchter, beiger Fußschemel. Ich gab noch etwas Käse und zerlassene Butter darüber. Meine Mutter ist Texanerin und weiß Fett in der Küche zu schätzen, aber selbst sie war entsetzt, als sie nachzählte, wie viele Päckchen Butter das Rezept verlangte. Eine halbe Stunde vor dem Servieren wurde das Fleisch in den Ofen geschoben, nur so lang, dass es warm wurde.
    Würde man diesen Kalbsbraten an ein Rennpferd verfüttern, so fiele dieses wegen Magentorsion sofort tot um. Sehr gut. Wen schert es schon, wenn das Fleisch zu sehr durchgebraten ist, wo so viel anderes Zeug draufliegt? Es passt nicht besonders gut zu einem San-Antonio-Kürbisauflauf mit Velveeta-Streichkäse und Dosenchilis, Maisbrot-Sauce, Truthahn und Pecan-Pie. Aber das macht nichts.
    Am 2. Januar flogen wir nach New York zurück. Als ich am Morgen vor unserem Rückflug am

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