Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Pekannusskuchen mit Pekanglasur stammt von dem großen Paul Prudhomme, folglich ist es göttlich und Wollust fördernd. Als Erstes muss man die Pekannüsse für den Kuchenteig grob hacken. (Zu jener Zeit besaß ich nichts, was auch nur annähernd einer Nussmühle glich, und so bewerkstelligte ich dies mit einem riesigen Gummihammer.) Dann zehn Minuten auf einem Backblech rösten. Mit einer Mischung aus zerlassener Butter, braunem Zucker, Zimt und Muskatnuss bestreuen. Noch einmal zehn Minuten rösten. Vanilleextrakt drüberträufeln, jetzt steigt ein freundlich zischender, süß duftender Dampf auf. Ein letztes Mal fünf Minuten rösten. Die Pekannüsse für die Glasur fein hacken, dann geht es weiter wie oben beschrieben.
(Ja, es ist eine Schinderei. Aber es hat etwas sehr Erotisches, für jemanden, mit dem man schlafen will, kompliziert und knifflig zu kochen.)
(Nach meiner Erfahrung.)
(Okay, seien wir ehrlich - hier zeigt sich mehr als nur ein Hauch von Masochismus. Mir ist nicht besonders wohl bei dieser Enthüllung über meinen Charakter, aber es ist nun mal so.)
Ich wurde mit meinem Riesenbonbon kurz nach zwei Uhr früh fertig und lag um halb drei im Bett. Ich schlief ein, erschöpft und in zuckrigen Schweiß gebadet, den Glasurgeschmack noch auf den Lippen. Genau das, was ich zu schmecken bekäme, wenn David mich nach dem ersten Bissen umarmen und mit jener verzehrenden Leidenschaft küssen würde, die ein Pekannusskuchen mit Pekanglasur eben in Männerherzen entfacht.
Als ich aufwachte, zog ich einen frisch gebügelten, schwarzen Hosenanzug von Banana Republic an, weich fallend und maskulin geschnitten, wie er jemandem mit der Figur von Gwyneth Paltrow so betörend am Leib hängt. Meine dreistöckige Kuchenskulptur trug nur eine hauchdünne Plastikhülle.
Der Tag verging in einem ängstlichen Nebel - rückblickend ist mir, als sei ich aus der U-Bahn geradewegs in die schäbige Bibliothek gegangen, wo die Party nach der Lesung in vollem Gange war.
David trank billigen Rotwein aus einem Plastikbecher und begutachtete das Büffet. Ich hielt den Atem an, als sein Messer einen Augenblick über den gekauften Apple Pies und den Schalen mit Duncan Hines Brownies schwebte, dann aber tief ins Herz meines Pekannusskuchens mit Pekanglasur stieß. Ich stand in taktvoller Entfernung am anderen Ende des Tisches und japste fast, als er sich ein dickes Stück abschnitt, auf einen Teller legte und mit einer Plastikgabel durch die üppige Glasur ins feuchte Innere bohrte.
Er riss die Augen auf, als er den Kuchen in den Mund schob, dann, als er schluckte, schloss er sie halb. Er stöhnte leise: » Köstlich … Julie, wo hast du das her?«
Er hatte mich zum ersten Mal beim Namen genannt.
»Selbst gemacht«, antwortete ich bescheiden.
Unsere Blicke verhakten sich ineinander. Und er sah, dass dieser Pekannusskuchen mit Pekanglasur nur ein Vorgeschmack auf kommende ekstatische Wonnen war. In diesem Moment verliebte sich David Strathairn in mich - ein bisschen.
Aber David Strathairn ist ein feiner, anständiger Mensch, ein Mann, der seine Frau liebt, der niemals ein junges, unschuldiges Mädchen - für das er mich (irrtümlicherweise) hielt - ausnutzen würde. Also: Nein. Er schloss mich nicht in die Arme und bedeckte mein Gesicht nicht mit winzigen Engelsküssen. Er legte mich nicht auf dem mit mäßigem Merlot und Selleriestangen voll gestellten Tisch flach, er schob nicht diese langen, starken Finger unter meine Banana-Republic-Jacke und die Bluse bis zu dem weichen, süßen Fleisch am Ende meiner Wirbelsäule. Stattdessen flüsterte er mit einer vor unterdrückter Sehnsucht ganz heiseren Stimme: »Der - schmeckt - wunderbar .«
Und aß noch ein Stück.
Ich habe meinen kulinarischen Annäherungsversuch an David Strathairn nie vor Eric geheim gehalten, und ich muss es ihm für alle Zeit hoch anrechnen, dass er es - fast immer - geschafft hat, mir das nicht übel zu nehmen. Und als ich wegen der zugefrorenen Leitungen, wegen des Dutzends Lammkeulenrezepten, das noch auf mich wartete, wegen meines schrecklichen Jobs und vor allem wegen dieser ganzen Dreißigsten-Geburtstags-Kiste völlig am Ende meiner Kräfte war, begriff er, dass ich eine Extradosis Strathairn brauchte. So kaufte er die Tickets (obwohl ich es echt schäbig von Al Pacino finde, dass er einem für eine Lesung , Herr des Himmels, und auch noch für eine höchstwahrscheinlich gottserbärmlich schlechte, 100 Dollar aus der Tasche zieht), nur weil David
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