Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
»Verdammt! Verdammt!«
»Ist schon gut«, rief ich hinüber, bäuchlings auf dem Sofa liegend und schon fast im Koma. »Das wird bestimmt gut.« Ich hatte keine Ahnung, was er falsch gemacht hatte, und es war mir auch egal. Ich wollte nur noch essen und ins Bett.
Um elf Uhr befand er, dass an der Sauce nichts mehr zu verbessern war. Er nahm sie vom Herd, rührte etwas Butter und Senf darunter und nannte sie Lebersauce.
Wir aßen Leber mit Spinat und sahen dabei auf C-Span, wie sich die Ehrenwerten Gentlemen des Britischen Unterhauses wegen der Invasion im Irak gegenseitig anschrien. Und es schmeckte verdammt gut. Es schmeckte gut, weil es Leber und Spinat mit Käse war, aber vor allem schmeckte es gut, weil ich es nicht hatte kochen müssen. Manchmal würde ich Erics Kopf am liebsten packen und mehrmals gegen einen Stein hauen, und dann macht er wieder genau das Richtige, um mich vergessen zu lassen, dass ich dreißig werde - er lullt mich auf der Couch mit britischen Nachrichten ein, bis ich fast ins Koma falle, und verabreicht mir dann eine Dosis Innereien.
Zurzeit fühle ich mich richtig als Versager. Nicht so sehr, weil ich bald dreißig werde, sondern weil ich dann auch unweigerlich auf die vierzig zugehe. Es ist die Angst, dass ich ein neues Jahrzehnt beginne, ohne irgendwas Wertvolles geleistet zu haben. Was habe ich denn für das vergangene vorzuweisen? Einen Ehemann - einen himmlischen Mann, zugegeben, und das wäre eine beachtliche Leistung, wenn er nicht allen Grund hätte, sich scheiden zu lassen - von mir und dem Julie/Julia-Projekt.
Bloggen ist neben vielem anderen auch ein Blankoscheck fürs Jammern. Wenn Eric es einfach nicht mehr aushielt, wanderte ich mit meinem Geleier in den Cyberspace. Dort fand ich immer ein mitfühlendes Ohr.
Wenn du glaubst, mit 30 seist du alt, dann warte mal, bis du so alt bist wie ich, 70 - WIE BIN ICH NUR SO ALT GEWORDEN? Aber ich liebe jede einzelne Minute, besonders meine wunderbaren Freunde aus der Grundschulzeit! Auch mein Mann ist ein Schatz - ein perfekter Mann in jeder Hinsicht -, da haben wir beide Glück gehabt, Julie. Und du magst mich für verrückt halten, aber ich bin gern 40, 50, 60 und 70 geworden, denn ich habe immer noch dazugelernt und alle möglichen interessanten Sachen gemacht. Außerdem: Je älter ich werde, desto mehr kann ich mir erlauben… Ich wollte, ich würde lange genug leben, um alle Bücher zu lesen, die du schreibst. Liebe Grüße, GrannyKitty
Na bitte! Sie haben mich gern da draußen! Sie wollen nur, dass ich glücklich bin und ewig weiterblogge. Sie haben Verständnis für mein Leid!
Immer wenn ich in ein altersbedingtes Loch falle, ermahnt mich ein guter Freund: »JETZT ist die gute alte Zeit!« Er hat Recht, wahrscheinlich blicke ich in zehn Jahren zurück und finde mein jetziges Leben richtig klasse. Dreißig war wunderbar; mein Mann war großartig (er starb vor zehn Jahren), so viele Türen standen mir offen, auch beruflich. Jetzt freue ich mich auf die fünfzig, wer weiß...? Alles Gute, Julie, und zieh dich selbst aus dem Angstloch... - Cindy
Mann! Wahrscheinlich hat Cindy nicht ganz Unrecht. Es könnte schlimmer sein.
Julie, an meinem 30. Geburtstag wohnte ich in einem Obdachlosenasyl. Ich habe für die anderen Insassen selber eine Pizza gebacken. Das war mein 30. Ich hatte in meinem Leben nur vorzuweisen, dass ich keine Kinder hatte und sie nicht mit mir durch die Hölle schleppte, zu der mein Leben geworden war.
Zehn Jahre später hatte ich mehrere Jahre als Journalistin und Redakteurin hinter mir, und meine Familie (die ich noch vor zehn Jahren gemieden hatte wie die Pest) überraschte mich mit einer Geburtstagsparty.
Egal, wie beschissen es jetzt aussieht... es wird besser. Irgendwie wird es immer besser. Bleib am Ball, Kleine. - Chris
Na wunderbar. Ich bin also eine fette, 30-jährige Versagerin und ein kläglicher, um sich selbst kreisender Trottel. Vielleicht ist dieses Online-Gejammer doch nicht das Wahre.
Und nun zu Erics zweitem Volltreffer: Er blechte hundert Dollar für Karten zu einer szenischen Lesung von Salomé am Vorabend meines Geburtstags.
Ich weiß schon, die meisten Leute sähen darin einen Akt gewissenloser Grausamkeit, wenn jemand seine Frau zwingt, an einem kalten, feuchten Aprilabend aus dem Haus zu gehen und eine Lesung des wahrscheinlich erfolglosesten Theaterstücks aller Zeiten zu besuchen. Aber die meisten Menschen sind auch nicht
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