Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
ehemalige Theaterfreaks auf dem Wege der Genesung, für die es das Höchste ist, wenn Al Pacino in der Rolle des Herodes, König der Juden, wie Jerry Stiller über die Bühne stürmt. Außerdem haben die meisten Leute noch nicht gemerkt, was für ein Tugendbold David Strathairn ist.
Der beste Job, den ich je hatte, war ein Praktikum in einem gemeinnützigen Theaterverein für fünfzig Dollar die Woche. Das Tolle daran war unter anderem, dass ich ständig Freikarten bekam, denn »das Theater ist tot«, ausgenommen gelegentliche Treffer wie die Musicalversion von My Two Dads oder dergleichen, folglich sind Freikarten eine echte Handelsware. Neun von zehn Stücken waren beschissen, aber ich denke noch immer gern daran zurück, und manchmal ziehe ich sogar Nutzen daraus, etwa wenn ich einen Satz wie diesen hier von mir gebe: »O Gott! Dieser rothaarige Kerl aus der vorzeitig abgesetzten Joss-Whedon-Weltraum-Westernserie spielte auch in diesem ätzenden Stück mit Kristin Chenoweth mit, das wir im Belasco gesehen haben und das nur anderthalb Wochen lief!«
Das ist acht Jahre her. Es gibt keine Freikarten mehr, und ich bin nicht nur verheiratet, dreißig, Sekretärin in einer staatlichen Behörde und mit dem gänzlich unsinnigen, wahrscheinlich Seelen gefährdenden Vorhaben befasst, jedes Rezept aus einem vierzig Jahre alten Kochbuch nachzukochen, sondern ich war auch seit Ewigkeiten nicht mehr im Theater.
Das Zweitschönste an diesem Praktikum war übrigens, dass ich berühmte Leute kennen lernte - na ja, was ein Theaterfreak so berühmt nennt. Einmal arbeitete ich als Inspizientin für eine groß angekündigte szenische Lesung, und der Regisseur hatte es geschafft, sich David Strathairn dafür zu angeln, einen Schauspieler, den ich schon in mehreren anspruchsvollen Independent-Filmen gesehen hatte, aber auch in Die Firma als Tom Cruises Bruder und in Dolores Claiborne , wo er sich auf einer Fähre von seiner Tochter einen runterholen lässt. Ich war erst seit ein oder zwei Monaten in New York, daher hatte ich keine Ahnung von Berühmtheiten. Ich wusste nur, dass ich zwei Tage mit einem wunderbaren, einigermaßen bekannten Schauspieler im selben Raum sein würde, und dass nach der Lesung eine Party geplant war, zu der jeder »eine Kleinigkeit« mitbringen sollte.
Es war mein erster - wenn auch nicht letzter - ernsthafter Anlauf zum Starvögeln, und ich war schwer gehandicapt. Ich war weder ein albernes Mäuschen, mit aufgehellten Haaren und babyglatten Beinen, noch der dünne und abgeklärte Chefsekretärinnentyp, den es bei der William-Morris-Künstleragentur gab. Ich wusste, dass ich mich von meinen Overalls und Ecuador-Pullis verabschieden musste, dem ganzen schrecklichen Collegezeug, das ich noch immer mit mir rumschleppte, und mir stattdessen schnieke Berufskleidung zulegen musste, aus dunklem, solidem, leicht anschmiegsamem Stoff, der einen Mann erst dann an Sex denken lässt, wenn man ihn schon in diese Richtung angestupst hat. Ich wusste allerdings nicht, dass ich darin genau wie eine Chefsekretärin bei William Morris aussah, und das war wahrscheinlich das Letzte, wonach David der Sinn stand, aber gut.
Ich spielte die Gelassene. Ich verteilte Texte, machte mir Notizen, saß mit den Schauspielern am Tisch und hörte ihnen beim Proben zu. Ich sprach nur selten, nur wenn ich etwas hintergründig Witziges und offenkundig Kluges zu sagen wusste, und dann mit unaufdringlicher, aber klarer, vielleicht etwas rauchiger Stimme. Und ich starrte ihn an. Aber ich gedenke mich nicht dafür zu entschuldigen. Bei mir gibt’s keine blöden Kindereien wie Wegschauen und Kichern, nicht mit mir, mein Junge. Ich war kühn. Ich ließ es ihn merken - mit der ganzen Wucht meiner unterschwelligen, aber sengenden Sexualität. Schau mir in die Augen, Kleines. Ich starrte ihn an, wenn er probte und wenn er Pause machte. Ich starrte ihn an, wenn ich ihm seinen Text gab, und vor allem starrte ich ihn an, wenn ich in den angenehm engen Fluren der alten Kirche, in der der Theaterverein untergebracht war, an ihm vorbeiging.
So weit, so gut. David Strathairn ist ein sagenhaft begabter, hinreißender, wenn auch nicht besonders bekannter Filmstar, wahrscheinlich erlebt er so was ständig. Es gibt jede Menge großäugige kleine Luder auf der Welt, und viele sehen weit mehr nach Gwyneth Paltrow aus als ich. Aber ich hatte etwas, was die anderen Mädchen nicht hatten. Ich hatte den Pekannusskuchen mit Pekanglasur .
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