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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Duncan zusammenkam, für den Rest ihres Lebens diesen Job machte, an
     verregneten Sonntagen Eastenders guckte, irgendwas anderes als King Lear las, ihre Fußnägel lackierte, länger als eine Minute
     brauchte, um im Restaurant etwas von der Speisekarte zu wählen oder … Das Leben war wirklich eine hoffnungslose Angelegenheit.
     Alles war falsch eingerichtet.
     
    Duncan hätte nicht gedacht, dass er sich noch miserabler fühlen könnte als beim Inder, als er Annie gesagt hatte, dass er
     fremdgegangen war, und sie ihn dort allein sitzen gelassen hatte. Doch seinen Koffer zu packen, war noch einen Tick unangenehmer.
     Gut, der Blickkontakt während der Seitensprung-Beichte war der quälendste, den er je hatte durchstehen müssen; es würde dauern,
     bis er die Kränkung und Wut vergessen konnte, die er in Annies Augen gesehen hatte – und würde er sie nicht besser kennen,
     hätte er sogar den Eindruck haben können, dass auch Hass und womöglich Verachtung daraus sprachen. Aber jetzt, wo er seine
     Kleidung in einen Koffer stopfte, war ihm körperlich elend. Das hier war sein Leben, genau das hier, und er konnte es nicht
     mitnehmen, selbst wenn er noch so viele Sachen in einen Koffer packte. Selbst wenn er alles mitnahm, was ihm gehörte, das ließ er trotzdem zurück.
    Er hatte die vergangene Nacht bei Gina verbracht, in Ginas Bett. Sie war, soweit er feststellen konnte, nicht überrascht gewesen,
     ihn zu sehen, im Gegenteil, sie hatte geredet, als hätte sie ihn sogar erwartet. Duncan hatte versucht, ihr zu erklären, dass
     er sie vorläufig erst mal als Freundin mit einem freien Sofa betrachtenwollte, aber Gina schien den feinen Unterschied gar nicht zu erfassen, was auch daran liegen konnte, dass sie weder von seiner
     Obdachlosigkeit wusste noch von den Umständen, die dazu geführt hatten.
    »Ich verstehe nicht, wieso du die eine Nacht mit mir schlafen willst und die nächste dann auf dem Sofa«, sagte sie.
    »Na ja, eigentlich sind es ja keine aufeinanderfolgenden Nächte«, erklärte er und konnte förmlich hören, wie Annie die Augen
     verdrehte.
    »Stimmt, aber dazwischen ist nicht viel passiert, oder? Es sei denn, du bist vorbeigekommen, um mit mir Schluss zu machen.
     In diesem Fall schläfst du aber nicht mal auf dem Sofa. Dann werf ich dich raus.« Gina lachte, daher lachte Duncan auch.
    »Nein, nein. Aber …«
    »Gut. Dann wär das ja geklärt.«
    »Es ist bloß, weil …«
    Gina schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn auf den Mund.
    »Du riechst so bierig.«
    »Ich hatte … Ich habe gerade ein Lager, als …« Er versuchte sich zu erinnern, ob er Annie je erwähnt hatte. Er war sich sicher,
     dass er häufig »Wir – ich« gesagt hatte in den zwei oder drei Gesprächen, die er mit Gina geführt hatte, etwa wie in: »Wir
     – ich kann nach einer Folge The Wire nie aufhören«, oder »Wir – ich war im Sommer auf einer kleinen Tour durch die Staaten«, auch wenn Gina nie irgendeine Neugier
     hinsichtlich der Herkunft dieses seltsamen neuen Pronomens gezeigt hatte. Und dann, als es ihm gerade gelungen war, Annies
     Existenz flüssig zu unterschlagen, hatte er sie anonym wieder einführen müssen, weil er nicht wie ein Mann hatte rüberkommen
     wollen, der die letzten fünfzehn Jahre damit verbrachthatte, allein ins Kino zu gehen oder sich Platten anzuhören. Darum hatte er dann Dinge gesagt, wie: »Ja, den hab ich gesehen.
     Mit der Frau, na, du weißt schon, mit der ich damals zusammen war.«
    »Ich hatte einen recht unangenehmen Abend.«
    »Oh, tut mir leid.«
    »Ja. Ich weiß nicht, ob ich je erwähnt habe … Na ja, ich musste jedenfalls heute Abend was klarstellen. Es ging um dich.«
    »Du meinst, es ging um … Liebesdinge?«
    Er war versucht, Ginas Bezeichnung abzuschwächen und zu erklären, dass es bei ihm und Annie nicht um Liebesdinge ging, sondern
     eher um eine Frage der Puzzleteile. Aber er sah ein, dass das wohl nicht besonders hilfreich wäre.
    »So kann man es wohl nennen, ja.«
    »Etwas, das schon länger lief?«
    Duncan zögerte. Er kannte natürlich die Antwort auf diese Frage. Fünfzehn Jahre waren eindeutig etwas länger, daher wäre es
     arglistig gewesen, etwas zu sagen, wie: »Was verstehst du darunter?«, oder »Kannst du mir näher definieren, was du meinst?«
    »Was ist denn für dich etwas länger?«
    »Ein Jahr?«
    »Hmmm …« Er machte ein Gesicht, als würde er nachrechnen. Er zählte mehr oder weniger an den Fingern ab. »Ja.«
    »Oh. Armer Kerl.

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