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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Gooleness zu enden, ohne eine breite Spur von Unglück und Versagen hinter sich zu lassen –, aber
     jede Frau, die so verzweifelt war, Duncan an einem Freitag um 23.00 Uhr spontan in ihr Leben zu lassen, müsste am Arbeitsmarkt
     unvermittelbar sein, möglicherweise sogar unter medizinischer Beobachtung stehen. Annie vermerkte, dass Duncan eine schlaflose
     Nacht auf der Couch verbracht hatte.
    »Was fange ich denn jetzt an?« Das war keine rhetorische Frage. Er erwartete ernsthaft einen Rat von Annie.
    »Du musst dir wohl ein Domizil suchen, am besten noch heute Morgen. Und danach sehen wir weiter.«
    »Aber was ist mit meinen …«
    »Daran hättest du vorher denken sollen.«
    »Ich geh nur schnell nach oben und …«
    »Tu, was du tun musst. Ich geh für ein paar Stunden weg.«
    Später fragte sie sich, wie die Frage wohl gelautet hätte. Was ist mit was? Wenn man sie mit vorgehaltener Knarre zum Buchmacher
     geschleppt und gezwungen hätte, darauf zu wetten, was Duncan auf jeden Fall zum Leben brauchte, hätte sie all ihr Geld auf
     die Tucker-Crowe-Bootlegs getippt.
     
    Solange Duncan packte, ging sie ins Büro. Sie sagte sich – buchstäblich, denn sie murmelte leise vor sich hin –, dass sie
     Tonnen von E-Mails abzuarbeiten hatte, aber sogar Malcolm wäre, hätte er die relevanten Informationen besessen, wohl darauf
     gekommen, dass sie wissen wollte, ob eine Antwort von Tucker gekommen war. Er war ihre Affäre am Arbeitsplatz, ein Mann, der
     auf einem anderen Kontinent lebte, dem sie noch nie begegnet war und den sie wohl auch nie kennenlernen würde.
    Das Museum öffnete am Samstag erst um zwei, daher war außer ihr noch niemand da; sie schlug die ersten Minuten der versprochenen
     zwei Stunden Abwesenheit damit tot, dass sie durch die offiziell und hochtrabend sogenannte »ständige Sammlung« schlenderte.
     Es war Ewigkeiten her, dass sie sich selbst richtig angesehen hatte, wofür Eintrittsgeld von anderen verlangt wurde, und sie
     schämte sich gar nicht mal so sehr, wie sie erwartet hatte. Die meisten Museen in Badeorten zeigten Badekarren, diese seltsamen
     viktorianischen Badekabinen auf Rädern, die es den Damen gestattet hatten, unbehelligt von Gaffern im Meer zu baden. Aber
     längst nicht jedes Museum verfügte über ein Kasperletheater aus dem 19. Jahrhundert mitsamt seinen grotesken Puppen.
    Gooleness war, typisch für den Ort, die letzte Stadt in Großbritannien, die Badewärterinnen und Badewärter,die Dippers und die Bathers, beschäftigte: Während die Dippers die Damen unter Wasser tauchten, kümmerten sich die Bather
     um die Gentlemen – Berufe, die andernorts zumeist um 1850 schon ausgestorben waren. Gooleness hinkte jedoch der Zeit so weit
     hinterher, dass das Museum Fotodokumente vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts besaß, die noch Badewärter zeigten. Und zu
     ihrer Überraschung stellte sie nun fest, dass die fotografische Sammlung sogar recht gut war. Vor ihrem Lieblingsbild blieb
     sie stehen, dem Foto eines Sandburgenwettbewerbs, der zur vorletzten Jahrhundertwende stattgefunden hatte. Es waren nur sehr
     wenige Kinder darauf zu sehen – ein kleines Mädchen im Vordergrund, das ein knielanges Badekleid und einen Sonnenhut trug,
     der möglicherweise aus einer Zeitung gebastelt worden war, und der Wettbewerb schien Tausende von Menschen angelockt zu haben.
     (Ros würde ihr wahrscheinlich auch sagen, es sei der beste Tag im Leben irgendeines armen Bergarbeiters gewesen, der Tag,
     an dem er 1908 beim Sandburgenwettbewerb von Gooleness in der ersten Reihe gestanden hatte.) Doch Annies Blick wurde immer
     von einer Frau angezogen, die rechts im Bild am Boden kniete und an einem Kirchturm arbeitete: Sie trug einen knöchellangen
     Mantel und einen Kuli-Strohhut, unter dem sie so traurig und verarmt wirkte wie eine alte Bäuerin aus dem Vietnamkrieg. Du
     bist jetzt tot, musste Annie immer denken, wenn sie sie sah. Wünschtest du dir jetzt, du hättest deine Zeit nicht mit so was
     vergeudet? Wünschtest du dir, du hättest dir gesagt, scheiß auf die Leute, und dir den Mantel ausgezogen, um die Sonne auf
     deinem Rücken zu spüren? Unsere Zeit hier ist so verdammt kurz. Warum vergeuden wir sie damit, Sandburgen zu bauen? Sie selbst
     würde die nächsten zwei Stunden noch verschwenden, weiles nicht anders ging, aber ab dann würde sie nie wieder auch nur eine Sekunde Zeit verschwenden, egal wie viel ihr noch blieb.
     Es sei denn, es kam irgendwie so, dass sie wieder mit

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