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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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leer. Sollte er etwa recht haben? Zählte Zufriedenheit mehr als das Leben? Es
     war das erste Mal, dass sie über eine Bemerkung, die von Malcolm stammte, wirklich nachdachte.
     
    Sie hatte Duncan nie erzählt, dass sie samstagmorgens wegging, um über ihre Probleme zu sprechen. Er glaubte, sie ginge ins
     Fitnessstudio oder zum Shoppen. Nicht, dass er unglücklich gewesen wäre, wenn er es herausgefunden hätte. Er hätte es als
     Auszeichnung betrachtet,obwohl er selbst eigentlich kein Kombattant auf dem Feld der therapeutischen Ehre war: Er hätte es einfach als einen weiteren
     Beweis aufgefasst, wie wenig sie mit dem Rest von Gooleness gemein hatten, wie überlegen sie waren. Das war einer der Gründe,
     warum sie es ihm verschwieg. Der andere war, dass sie eigentlich gar keine Probleme hatte – abgesehen von Duncan. Das hätte
     er nicht gerne gehört, anfangs jedenfalls nicht, und dann hätte er alles ganz genau wissen wollen, und das wäre unmöglich
     gewesen. Daher nahm sie ihre Badesachen mit, wenn sie ging, oder kam mit einem gebrauchten Buch von Oxfam zurück, einem Paar
     billiger Schuhe oder einer Einkaufstüte vom Lebensmittelladen, und Malcolm blieb ihr Geheimnis. Als sie Malcolms Haus neben
     der Schule verließ und zurück in die Stadt lief, ging ihr auf, dass sie diesmal gar nichts kaufen musste, damit Duncan nicht
     der Verdacht kam, dass sie bei einem Wildfremden gewesen war, um ihm von Duncans Untreue zu erzählen. Es war ein komisches
     Gefühl, mit leeren Händen nach Hause zu gehen. Ungewohnt, ein bisschen verwegen und, ja, auch ein bisschen traurig natürlich.
     Es waren solche Lügen gewesen, die sie daran erinnert hatten, dass zu Hause jemand auf sie wartete. Aber als sie in ihr neues,
     leeres Zuhause kam, saß Duncan dort und wartete auf sie.
    »Ich hab uns Kaffee gemacht«, sagte er. »In der Kanne.«
    Die Kanne war wichtig, sonst hätte er sie nicht erwähnt. Duncan fand richtigen Kaffee ein bisschen aufwendig, wegen dem ewigen
     Warten und Nachgießen, und behauptete, löslicher wäre ihm eh lieber. Diese Geste heute Morgen war vermutlich als eine Art
     Buße für seine Untreue gemeint.
    »Toll, ist ja großartig.«
    »Sei doch nicht so.«
    »Warum sollte es mich kümmern, wie du den Kaffee machst?«
    »Wenn ich nicht mit einer anderen geschlafen hätte, wärst du erfreut.«
    »Wenn du nicht mit jemand anderem geschlafen hättest, würdest du jetzt Löslichen trinken.«
    Duncan gab ihr in diesem Punkt recht, indem er nichts sagte und an seinem Kaffeebecher nippte.
    »Du hast aber trotzdem recht. Schmeckt viel besser.«
    Annie fragte sich, wie viele Zugeständnisse Duncan wohl noch machen müsste, bis ihre Beziehung so weit war, dass sie für den
     Rest des Lebens halten könnte. Tausend? Und danach konnte er dann anfangen, an Dingen zu arbeiten, die ihr wirklich auf die Nerven gingen.
    »Warum bist du hier?«
    »Tja. Ich wohn schließlich noch hier, oder?«
    »Sag du’s mir.«
    »Ich glaube nicht, dass man jemandem einfach so sagen kann, ob man mit ihm zusammenlebt oder nicht. Es beruht doch mehr so
     auf Gegenseitigkeit«, sagte Duncan.
    »Möchtest du hier leben?«
    »Ich weiß nicht. Ich hab mich irgendwie in ein Schlamassel gebracht, oder?«
    »Ja, hast du. Ich sollte dich warnen, Duncan: Ich werde nicht um dich kämpfen. Deine hervorstechendste Eigenschaft ist, dass
     du kein Mensch bist, um den man kämpft. Du bist infrage gekommen, weil du pflegeleicht warst. Da du es nicht mehr bist, kommst
     du auch nicht mehr infrage.«
    »Soso. Gut. Das ist Klartext. Besten Dank.«
    Annie zuckte die Achseln, eine Nichts-zu-danken-Geste, die nach ihrem Empfinden ein paar makellose Minuten krönte.
    »Würdest du sagen, es gibt einen Weg zurück? Wenn es das wäre, was ich wollte?«
    »Nicht, wenn du es so formulierst, nein.«
    Eins war klar: Duncans Freitagabend war nicht gut verlaufen. Annie war versucht, Details aus ihm herauszuquetschen, aber selbst
     in ihrer Wut konnte sie erkennen, dass dieser Impuls ihr nicht guttat. Es fiel jedoch nicht schwer, sich vorzustellen, dass
     diese andere Frau durch Duncans Erscheinen extrem verwirrt gewesen sein musste, wenn er denn dort hingegangen war. Er hatte
     nie viel diplomatisches Gespür, Einfühlungsvermögen oder Charme besessen, schon zu Beginn ihrer Beziehung nicht, und das Wenige,
     was er hatte, war nach fünfzehn Jahren Nichtbenutzung noch mehr geschrumpft. Ohne Zweifel war diese arme Frau einsam – es
     war nahezu unmöglich, in

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