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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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waren das Paar und
     sie brauchten keinen Anwalt.
    Jackson war in seinem Zimmer und hämmerte wie wild auf den Tasten eines billigen Computerspiels herum. Er schaute nicht auf,
     als Tucker die Tür öffnete.
    »Kommst du bitte noch mal nach unten?«
    »Nein.«
    »Es wird einfacher, wenn wir zu dritt miteinander reden.«
    »Ich weiß, worüber ihr reden wollt.«
    »Worüber denn?«
    »›Mummy und Daddy haben Probleme, deswegen werden wir uns voneinander trennen. Aber das bedeutet nicht, dass wir dich nicht
     lieben, bla bla bla.‹ So, bitte. Jetzt muss ich nicht mehr runterkommen.«
    Menschenskind, dachte Tucker. Gerade mal sechs Jahre alt, und schon können diese Kinder den Sprachduktus gescheiterter Ehen
     parodieren.
    »Von wem hast du das denn?«
    »Von etwa fünfhundert Fernsehserien plus fünfhundert Kindern in der Schule. Das macht zusammen tausend, stimmt’s?«
    »Stimmt. Fünfhundert plus fünfhundert ergibt tausend.«
    Jackson konnte nicht verhindern, dass in seinem Gesicht kurz Triumph aufflackerte.
    »Okay. Du musst nicht runterkommen. Aber bitte sei nett zu deiner Mutter.«
    »Sie weiß doch, dass ich bei dir bleiben will, oder?«
    »Ja, das weiß sie, und sie ist traurig deswegen.«
    »Dad? Müssen wir in ein anderes Haus ziehen?«
    »Ich weiß nicht. Nicht, wenn du nicht willst.«
    »Echt?«
    »Klar.«
    »Es macht also nichts aus, dass du kein Geld hast?«
    »Nein. Überhaupt nicht.«
    Tucker war zufrieden mit seinem wegwischenden Tonfall. Er unterstellte, dass nur ein Kind, das keine Ahnung hat, wie die Welt
     funktioniert, so etwas fragen konnte.
    »Cool.«
    In der Tat. Tucker ging wieder nach unten, um seiner Frau zu erklären, dass sie sich neben ihrem Kind auch von ihrem Haus
     trennen musste.
     
    Tucker akzeptierte nun unhinterfragt, dass er eine Ehe oder alles Eheähnliche einfach nicht hinbekam. (Er war sich nie richtig
     sicher gewesen, ob er nun mit Cat verheiratet war oder nicht. Cat sprach von ihm als ihrem Ehemann, und das hatte für ihn
     immer einen falschen Klang gehabt, aber er hatte es nie über sich gebracht, sie direkt darauf anzusprechen, ob es irgendeine
     rechtliche Grundlage für eine derartige Beschreibung seines Status gab. Sie wäre verletzt gewesen, weil er sich nicht erinnern
     konnte. Seit er abstinent lebte, hatte definitiv keine Hochzeitszeremonie stattgefunden, aber davor konnte alles Mögliche
     passiert sein.) Er war ein Mensch, der seinen Fehlern treu blieb, egal mit wem er zusammen war. Er hatte Freunde gehabt, die
     gute zweite Ehen geführt hatten, und sie sprachen immer über die Erleichterung, die sie verspürt hatten, wenn sie feststellten,
     dass ihre erste Ehe an ihrer inneren Dynamik gescheitert war, und nicht weil mit ihnen irgendwas nicht stimmte. Aber da etliche
     Frauen, Frauen, die einander in keiner Weise ähnelten, alle dieselben Dinge an Tucker moniert hatten, musste er akzeptieren,
     dass die Dynamik nichts dafür konnte. Es lag einzig und allein an ihm. Anfangs verbarg irgendetwas – Schwärmerei, Hoffnung,
     was auch immer – sein wahres Gesicht. Aber wenn dann die Flut zurückging, sah mandurch den Rest, und der war hässlich, düster, schroff und unangenehm.
    Der häufigste Kritikpunkt war seine Untätigkeit, was Tucker ausgesprochen ungerecht fand; nicht, weil diese Klage unbegründet
     gewesen wäre, sondern weil Tucker in gewissen Kreisen immerhin einer der berühmtesten Nichtstuer der USA war. Alle diese Frauen
     hatten gewusst, dass er seit 1986 nichts mehr gemacht hatte; das war doch sein unique selling point, von dem eine immer noch ungebrochene Faszination ausging. Doch wenn er dann weiterhin nichts tat, regten sie sich auf. War
     das etwa gerecht? Er begriff, dass einige dieser Frauen, Cat eingeschlossen, ohne es je auszusprechen, vielleicht sogar, ohne
     sich dessen bewusst zu sein, geglaubt hatten, dass sie ihn wieder zurechtbiegen, ihn wieder zum Leben erwecken könnten. Sie
     hatten sich ungefragt zu seiner Muse ernannt und erwartet, er würde ihnen ihre Liebe, Inspiration und Fürsorge damit danken,
     dass er die schönsten und leidenschaftlichsten Songs aller Zeiten schrieb. Und wenn nichts daraus wurde, saßen sie mit einem
     Exmusiker da, der nichts anderes tat, als in Trainingshosen zu Hause herumzuhocken, zu trinken, Gameshows zu gucken und viktorianische
     Romane zu lesen. Und das fanden sie dann nicht so toll. Wer wollte ihnen das zum Vorwurf machen? Daran war nicht viel toll
     zu finden. Bei Cat war es anders gewesen,

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