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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Sachen von den Standells oder Strawberry Alarm Clock auch auf Lenny Kayes einflussreicher Nuggets -Compilation von 1972 war, war Anlass zur Spekulation, doch niemandem fiel dazu etwas wirklich Schlüssiges ein. Der entscheidende
     Punkt war eigentlich der, dass sie innerhalb nur weniger Tage zum zweiten Mal etwas bekommen hatten, das es zu diskutieren
     galt. Erst Naked und nun das … Es machte wirklich den Eindruck, als könne Tuckers langer Winterschlaf zu Ende gehen.
     
    Annie druckte sich im Büro das Foto von Tucker und Jackson aus, nahm es mit nach Hause und pinnte es mit dem Sun-Studios-Magneten,
     den Duncan, wie sie vermutete, wohl zurückverlangen würde, sollte er je wieder in der Lage sein, über die kleineren Dinge
     des häuslichen Lebens nachzudenken, an den Kühlschrank. Es war ein reizendes Bild – Jackson war ein hübscher Junge, und es
     war nicht zu übersehen und geradezu rührend, wie stolz Tucker auf ihn war. Aber Jackson und Tucker hingen nicht nur an ihrem
     Kühlschrank, weil sie glücklich aussahen, das wusste sie selbst, und wann immer sie ihr ins Auge sprangen, musste sie daran
     denken, was sie mit ihr machten, und ob das nicht furchtbar ungesund wäre. Das alles hatte zweifellos Elemente einer erbärmlichen
     Langweilerfantasie, das konnte sie nicht leugnen: Tucker hatte in seiner E-Mail erwähnt, dass er wieder Single sei, daher
     … sie musste es erst gar nicht aussprechen. (Sie wollte ehrlich mit sich selbst sein, aber Ehrlichkeit bedeutete nicht, dass
     man jeden Satz vollenden musste, nicht, wenn der ausgelassene Nebensatz so viel innere Leere verriet.)
    Sei’s drum, es gab auch noch einen weiteren, weniger peinlichen Grund für die aufmunternde Wirkung dieses Bildes: Ihre Beziehung
     zu Tucker war auch beim jetzigen Stand der Dinge, also ohne die Schulmädchenträume, er könne nach London oder sogar nach Gooleness
     kommen, vielleicht sogar bei ihr wohnen und nicht bloß auf der Couch übernachten, schon aufregend genug. Wie wollte man es
     sonst nennen? Sie machte etwas, womit sie, soweit sie wusste, allein auf der Welt war: Sie schrieb sich mit dem semi-berühmten
     Tucker Crowe, einem enigmatischen, talentierten, intelligenten Mann, der sich vor vielen Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen
     hatte. Das musste doch jedem den Tag versüßen.
     
    Aber die Situation bereitete ihr auch noch dunklere Freuden, die mit Duncan zu tun hatten. Es hatte ungefähr anderthalb Minuten
     gedauert, bis ihr der Gedanke gekommen war, dass Duncan, wenn er zum Kühlschrank guckte, keine Ahnung haben würde, wen er
     da anstarrte, und die Ironie dahinter wäre köstlich und groß genug, um sie mit Messer und Gabel zu essen. Sie würde ihm Gott-weiß-was
     erzählen können. Und er würde es glauben, denn er wusste ja mit Sicherheit, dass Tucker Crowe heute wie Rasputin und/oder
     Merlin aussah – Annie hatte Duncans Website gecheckt, nachdem Tucker ihr von Fuckers unangekündigtem Auftritt in der Kneipe
     erzählt hatte, und natürlich war das Foto dort, genau wie er vorausgesagt hatte. (Sie hatte auch mit großer Freude zur Kenntnis
     genommen, dass Fucker Naked als öde Scheiße bezeichnet hatte. Was hätte Duncan dazu wohl gesagt?) O Mann, das war echt zu viel. Ihre reale Beziehung
     zu Tucker würde schon genügen, ihn in rasende Eifersucht zu versetzen, wenn er jedavon erführe, auch wenn sie nicht ganz sicher war, auf wen er eifersüchtig wäre; aber selbst ihre vorgespiegelte Beziehung
     zu dem Unbekannten am Kühlschrank könnte ihm schon einige Nadelstiche versetzen.
    Allerdings musste Duncan sie zuerst mal besuchen kommen und zweitens von etwas Notiz nehmen, das er normalerweise in hundert
     Jahren nicht wahrnehmen würde: eine minimale Veränderung im häuslichen Umfeld. Wenn sie das Bild so vergrößerte, dass es eine
     ganze Wand einnahm, würde er vielleicht fragen, ob sie etwas in der Küche umgestellt hätte. Aber da das technisch wie finanziell
     ihre Möglichkeiten überstieg, musste sie auf irgendeine andere unsubtile Weise seine Nase darauf stoßen. Aber sie würde ihn
     dazu bringen hinzusehen, egal wie. So viel stand fest.
     
    Sie hinterließ ihm eine Nachricht auf dem Handy, als sie sicher war, dass er gerade unterrichtete.
    »Hallo, ich bin’s. Tut mir leid wegen gestern Abend. Ich weiß, du wolltest nur freundlich sein, und ich verstehe, wie wichtig
     es dir war, die Neuigkeiten mit jemandem zu besprechen. Na ja, wenn du’s noch mal versuchen willst,

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