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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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nickte.
    »Sie sind den ganzen Weg von England hierhergekommen, um zu sehen, wo Tucker Crowe Steinchen geschmissen hat?« Der Junge lachte,
     also lachte Duncan mit.
    »Nein, nein, um Gottes willen! Ich hatte geschäftlich in der Stadt zu tun, da dachte ich mir, du weißt schon … Was treibst
     du denn überhaupt hier?«
    » Juliet ist für mich das größte Album aller Zeiten.«
    Duncan nickte. Der Lehrer in ihm wollte die unlogische Antwort kritisieren, doch der Fan verstand sie bestens. Wie auch nicht?
     Was er allerdings nicht kapierte, war das Rumsitzen auf dem Bürgersteig. Duncans Plan war gewesen, sich das Haus anzusehen,
     die Flugbahn der Steinchen nachzuvollziehen, vielleicht ein Foto zu machen und dann zu gehen. Der Junge allerdings schien
     das Haus als eine Art spirituellen Ort zu betrachten, der es einem ermöglicht, einen tiefen Seelenfrieden zu finden.
    »Ich bin schon das sechste oder siebte Mal hier«, erklärte er. »Haut mich jedes Mal um.«
    »Ich verstehe, was du meinst«, sagte Duncan, obwohl es nicht so war. Vielleicht lag es an seinem Alter oder daran, dass er
     Engländer war, aber ihn haute es nicht um, was er auch nicht erwartet hatte. Es handelte sich schließlich nur um ein nettes
     Einfamilienhaus, vor dem sie standen, und nicht um das Taj Mahal. Wie auch immer, der Druck auf seine Blase hinderte ihn daran,
     den Augenblick wirklich zu genießen.
    »Du weißt nicht zufällig … Äh, wie heißt du gleich?«
    »Elliott.«
    »Ich heiße Duncan.«
    »Hi, Duncan.«
    »Elliott, du weißt nicht zufällig, ob’s hier in der Nähe ein Starbucks gibt? Oder so was? Ich muss mal aufs Klo.«
    »Ha!«, machte der Junge.
    Duncan starrte ihn an. Was für eine Antwort sollte das denn sein?
    »Also ich kenn hier eins in der Nähe. Aber ich hab geschworen, es nie wieder zu benutzen.«
    »Verstehe«, sagte Duncan. »Aber … Wäre es schlimm, wenn ich es benutzen würde?«
    »Irgendwie schon. Denn ich würde immer noch meinen heiligen Eid brechen.«
    »Oh. Tja, da ich mir nicht so ganz vorstellen kann, was es im Hinblick auf eine öffentliche Toilette zu versprechen gibt,
     weiß ich nicht, ob ich dir bei diesem ethischen Dilemma helfen kann.«
    Der Junge lachte. »Ich liebe es, wie ihr Engländer redet. ›Ethisches Dilemma.‹ Das ist klasse.«
    Duncan widersprach nicht, obwohl er bezweifelte, dass viele seiner Schüler zu Hause in der Lage gewesen wären, diese Formulierung
     auch nur zu wiederholen, geschweige denn, selbst einen sinnvollen Satz damit zu bilden.
    »Aber du denkst, du kannst mir nicht helfen?«
    »Oh. Tja. Vielleicht. Wie wär’s, wenn ich Ihnen den Weg beschreibe, aber selbst nicht mitkomme?«
    »Um ehrlich zu sein, hatte ich auch gar nicht erwartet, dass du mitkommst.«
    »Klar. Verstehe. Ich muss das erklären. Das nächste Klo hier in der Nähe ist da.« Elliott zeigte auf Juliets Haus.
    »Ja, wird wohl so sein«, meinte Duncan. »Aber das hilft mir nicht wirklich weiter.«
    »Es sei denn, ich wüsste, wo der Ersatzschlüssel ist.«
    »Du machst Witze.«
    »Nein. Ich war da bestimmt schon dreimal drin. Einmal zum Duschen. Ein paarmal, um nur zu gucken. Ich hab nie irgendwas Großes
     geklaut. Nur so Briefbeschwerer oder so. Als Andenken.«
    Duncan musterte das Gesicht des Jungen, umherauszufinden, ob es sich wohl um einen komplizierten Witz handelte, um eine satirische Stichelei unter Crowologen, und befand
     dann, dass Elliott wahrscheinlich keinen Witz mehr gemacht hatte, seit er siebzehn war.
    »Du hast dir Zutritt ins Haus verschafft, während sie weg waren?«
    Der Junge zuckte die Achseln. »Ja. Ich hab ja auch ein schlechtes Gewissen deswegen und wusste nicht, ob ich’s Ihnen sagen
     soll.«
    Duncan bemerkte plötzlich, dass auf dem Pflaster mit Kreide zwei Füße aufgemalt waren und ein Pfeil, der aufs Haus zeigte.
     Tuckers Füße vermutlich und Tuckers Wurfrichtung. Er wünschte, er hätte die Zeichnung nicht entdeckt. Dadurch blieb für ihn
     selbst weniger zu tun.
    »Also, so was kann ich nicht machen.«
    »Nein. Klar. Versteh ich.«
    »Eine andere Möglichkeit gibt’s also nicht?«
    Edith Street war lang und begrünt, und die nächste Querstraße war auch lang und begrünt. Es war genau die Art amerikanischer
     Vorort, wo die Bewohner ins Auto steigen mussten, wenn sie einen Liter Milch kaufen wollten.
    »Erst nach ein, zwei Meilen.«
    Duncan blies die Backen auf, eine Geste, wie er im selben Moment begriff, die eine Entscheidung vorbereiten sollte, die er
    

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