Juliregen
aber nur als Inspektor auf einem Gut. Gefallen tut es ihm nicht, denn der dortige Verwalter hetzt gegen ihn, weil er die Stelle für seinen eigenen Sohn sichern will, obwohl der nicht der Hellste ist.«
Einige der Herren verwendeten sich nun ebenfalls für den früheren Verwalter. Daher beschloss Fridolin, den Mann aufzusuchen und davon zu überzeugen, dass er hier auf Klingenfeld gebraucht wurde.
Unterdessen hatten die Polizisten das Haus des Verwalters betreten und den Mann tatsächlich schlafend vorgefunden. Als sie ihn zu wecken versuchten, knurrte er nur, drehte sich auf die andere Seite und schnarchte weiter. Graf Nehlen befahl einem der Polizisten, einen Eimer Wasser vom Brunnen zu holen und über dem Mann auszuschütten.
Die Aktion erfüllte ihren Zweck. Der Verwalter setzte sich fluchend auf und starrte die Herren, die sich in seinem Schlafzimmer versammelt hatten, empört an. Einer der Beamten verlas auf Anweisung des Landrats den Gerichtsbeschluss, in dem Fridolin das Gut samt allem beweglichen und unbeweglichen Besitz zugesprochen wurde, dann verließen die meisten Herren die nach Schnaps, Rauch und ungewaschener Kleidung stinkende Kammer.
»In einer Stunde werden wir die Bücher prüfen! Also sehen Sie zu, dass Sie bis dorthin fertig sind«, schnauzte Nehlen den Verwalter an und folgte dem Landrat ins Freie. »Bei Gott, raucht der Kerl einen Knaster! Außerdem stinkt es dort schlimmer als in einem Schweinekoben. Baron Anno muss verrückt gewesen sein, als er diesen Mann eingestellt hat«, sagte er zu Fridolin.
»Wahrscheinlich hat er es getan, um freie Hand zu haben«, antwortete dieser und fand sich bestätigt, als sie das Herrenhaus betraten. Anno von Klingenfeld hatte buchstäblich alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest gewesen war, und die meisten Räume vollständig ausgeräumt. Man konnte noch die Umrisse von Möbeln und Bildern an den Wänden erkennen und auf dem Boden die Stellen, an denen einmal Teppiche gelegen hatten.
Fridolin hatte es nicht anders erwartet, aber die Herren in seiner Begleitung sahen sich entgeistert an. Graf Nehlen stieß eine Verwünschung nach der anderen aus, und der Beamte, der für die Besitzübergabe verantwortlich war, schien mit jedem Zimmer, das sie betraten, kleiner zu werden.
»Laut unseren Anweisungen hätte Baron Anno die Möbel und die Bilder nicht verkaufen dürfen«, sagte er schließlich kleinlaut.
»Wie es aussieht, hat er sich nicht im Geringsten darum geschert. Ich habe nie viel von dem Kerl gehalten, aber das schlägt dem Fass den Boden aus. So leid es mir tut, dies von einem Standesgenossen sagen zu müssen, aber Anno von Klingenfeld ist ein Schurke!«
Da Fridolin anders als die hier versammelten Herren von dem Betrug des Barons an mehreren Berliner Banken wusste, stimmte er Graf Nehlens Urteil voll und ganz zu. Er war ebenfalls verärgert darüber, mit welcher Unverfrorenheit Anno von Klingenfeld vorgegangen war, sagte sich aber, dass Möbel ebenso wie Vieh und Gerätschaften neu gekauft werden konnten. Allerdings würde er vorerst nur die wichtigsten Räume ausstatten können. Der Rest würde warten müssen, bis Geld dafür vorhanden war.
Nun aber erlebte er die erstaunliche Solidarität seiner neuen Nachbarn. Graf Nehlen versprach ihm sofort, mehrere Möbelstücke von seinem Gut bringen zu lassen, und andere Herren erboten sich, Schränke, Tische, Stühle und sogar Betten zu spendieren.
Fridolin spürte, dass es ein Fehler sein würde, diese Angebote auszuschlagen, und bedankte sich bei den willigen Gebern. Auch Landrat Meyer wollte nicht hintanstehen und versprach, ein Nähtischchen und mehrere Biedermeierstühle zu spenden, ohne zu erwähnen, dass diese seiner Gattin schon lange ein Dorn im Auge waren.
Zum Glück waren die Räume der Dienstboten der Plünderung durch den ehemaligen Besitzer entgangen. Hier musste nur kräftig sauber gemacht werden, dann konnten die Mägde und Knechte wieder einziehen. Auch die Gutsküche war noch in Ordnung, wenngleich sie auf Fridolin wie ein Relikt aus vergangenen Jahrhunderten wirkte. Vorerst aber würde die Einrichtung genügen müssen. Zu viel Geld durfte er nicht in das Herrenhaus oder den Gutsbetrieb stecken. Wichtiger war es, die Fabrik auf Vordermann zu bringen. Nachdem er und seine Begleiter das Gutshaus und daraufhin auch die ausgeräumte Scheune und die gähnend leeren Ställe besichtigt hatten, ging er die etwa fünfhundert Meter zu dem halbfertigen Bau hinüber.
Bereits nach dem
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