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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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der Kronprinz persönlich. Dabei benahmen sich die Lakaien Seiner Königlichen Hoheit, Friedrich von Hohenzollern, soweit Maruhn erfahren hatte, weitaus höflicher als dieser Hanswurst.
    Noch während der Detektiv mit Grünfelders Pförtner haderte, kehrte dieser zurück. »Sie können eintreten! Der gnädige Herr wird Sie trotz der späten Stunde empfangen.«
    »Es geht ja schließlich um sein Geld«, knurrte der Detektiv, um den Diener daran zu erinnern, dass dessen Herr trotz seines Adelsprädikats nur ein schlichter Geschäftsmann war. Er konnte allerdings nicht sagen, ob der Pfeil getroffen hatte, denn der Mann stolzierte mit unbewegter Miene vor ihm her und öffnete die Tür zu einem kleinen getäfelten Raum, in dem ein zierlicher Sekretär, ein Tischchen und zwei spindelbeinige Stühle standen, die ihrem Aussehen nach bereits ein höheres Alter aufwiesen.
    Obwohl ihn das beschädigte Bein schmerzte, wagte der Detektiv nicht, sich auf einen der zerbrechlich wirkenden Stühle zu setzen, sondern wartete, bis sich eine zweite Tür öffnete und Grünfelder eintrat.
    »Ah, mein lieber Maruhn! Sie sind wieder zurück? Dabei dachte ich, Sie wollen auf dem flachen Land nach dem verschwundenen Schmuck suchen«, sagte der Bankier anstelle eines Grußes.
    Maruhn bemühte sich, seinen Ärger hinunterzuschlucken und höflich zu antworten. »Guten Abend, Herr von Grünfelder. Ich habe die Suche nach Baron Klingenfeld vorerst abgeschlossen. Nun liegt es an Ihnen und Ihren Beziehungen zu den Polizeibehörden, seiner habhaft zu werden.«
    »Aber ich wollte doch keine Polizei dabeihaben!«, rief Grünfelder aus.
    »Dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als nach New York zu telegrafieren, dass Baron Anno von Klingenfeld nicht durch den Kapitän der
Aller
arretiert werden darf und er den Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd unbehelligt verlassen kann.«
    Der Bankier starrte Maruhn an. »Was sagen Sie? Der Lump ist nach Amerika ausgerissen? Ich …« Grünfelder verstummte und sah Maruhn hilfeheischend an.
    »Baron Klingenfeld hat sich an Bord der
Aller
begeben, zunächst mit dem Ziel Southampton. Dort hat er die Passage nach New York verlängern lassen. Ich kam zwei Tage nach seiner Abfahrt von Southampton in Bremerhaven an und konnte einen der leitenden Angestellten des NDL dazu bewegen, die Anweisung nach New York zu telegrafieren, dass der Kapitän des Schiffes Klingenfeld in Haft nimmt und nach Deutschland zurückbringt. Zwar werden bis zur Ankunft der
Aller
in Bremerhaven noch ein paar Tage vergehen, dennoch sollte der Haftbefehl so rasch wie möglich beantragt werden, und sei es nur, um dem Herrn vom NDL zu zeigen, dass er richtig gehandelt hat.«
    Maruhn war müde und hatte Durst, doch Grünfelder dachte nicht daran, ihm etwas zu trinken anzubieten. Stattdessen setzte der Bankier sich auf einen der Stühle und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. »Sie haben also die Spur dieses elenden Schurken gefunden?«, sagte er, mehr für sich als für Maruhn gedacht.
    »So ist es«, erklärte dieser.
    »Klingenfeld hat durch seine Betrügereien eine nicht unbeträchtliche Summe an sich gebracht. Glauben Sie, dass er dieses Geld bei sich hat?«
    »Da fragen Sie mich etwas zu viel, Herr Grünfelder. In Klingenfelds Koffer hineinsehen konnte ich nicht.«
    »An seiner Stelle hätte ich es bei mir, und sei es in Form eines Kreditbriefs. Auf jeden Fall sieht es so aus, als könnte ich einen Teil der unterschlagenen Summen zurückbekommen. Sehr gut, Maruhn! Ich wusste doch, weshalb ich Ihnen diesen Auftrag erteilt habe. Wenn diese Angelegenheit jetzt ans Tageslicht kommt, stehen meine Kollegen und ich nicht als die betrogenen Geldleute da, sondern als Männer, deren Arm bis nach Amerika reicht, um einen Schurken dingfest zu machen.«
    Bislang hatte Grünfelder die Öffentlichkeit gescheut, um nicht ins Zentrum geschäftsschädigender Gerüchte zu gelangen. Aber da der Betrüger so gut wie gefangen war, beschloss er, offen zu der Sache zu stehen. »Ich danke Ihnen, Maruhn. Sie haben mir sehr geholfen. Ihr Honorar haben Sie auf jeden Fall verdient – und wahrscheinlich auch noch eine hübsche Belohnung!«
    Diese, so beschloss Grünfelder, würde jedoch nicht er zahlen, sondern die anderen Bankiers, die gleich ihm von Klingenfeld betrogen worden waren. Zufrieden klopfte er Maruhn auf die Schulter und bat diesen, ihn zu entschuldigen, da er heute noch einen wichtigen Besuch machen müsse.
    Maruhn begriff, dass

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