Juliregen
davonzukommen. Auch würde er, anders als bei Anno von Klingenfeld, der sie alle betrogen hatte, dafür Sorge tragen, dass er die versprochene Belohnung wirklich bekam. Dann konnte er Hede endlich zeigen, wer in ihrer Ehe die Hosen anhatte. Um dieses Ziel zu erreichen, würde er auch nach Klingenfeld fahren und dort aufpassen, dass er nicht zwischen ein Paar kräftige Bauernfäuste geriet.
V.
W er zwei Wochen zuvor an Gut Klingenfeld vorbeigekommen war und nun wieder den gleichen Weg beschritt, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Damals hatten Herrenhaus, Ställe und Scheunen so verlassen gewirkt, als wären alle Bewohner von einer Seuche dahingerafft worden. Nun wimmelte es dort von Leuten, die Wagen abluden und Gegenstände ins Haus trugen.
Lore und Nathalia standen auf dem Vorplatz und wiesen die Knechte an, in welche Zimmer sie die einzelnen Teile tragen sollten, während Jürgen Göde im Herrenhaus dafür sorgte, dass jedes Möbelstück an den Platz kam, den er für geeignet hielt.
Einige Räume waren bereits fertig eingerichtet, darunter das Schlafzimmer, in dem derzeit neben Lore auch Nathalia übernachtete, da Fridolin auf Reisen war, der große Salon, der im klassischen Barock einen prachtvollen Anblick bot, und das kleinste Speisezimmer. Jürgen schlief im Verwalterhaus, das von fleißigen Händen gesäubert und gut gelüftet worden war. Wenn er nicht gerade Knechte und Arbeiter einweisen musste, versuchte er, Ordnung in das Chaos zu bringen, das in den Rechnungsbüchern des Gutes herrschte. Seit zwei Jahren waren kaum mehr Einnahmen verzeichnet worden und als Ausgaben nur gelegentliche Käufe von Lebensmitteln und alkoholischen Getränken.
»Halt, nicht in dieses Zimmer! Das Bett kommt an einen anderen Ort.« Jürgen hatte im letzten Augenblick gesehen, dass zwei Knechte ein noch recht gut erhaltenes Bett in eines der Gästezimmer stellen wollten, fand aber, dass es besser für Fräulein Agathe geeignet war, und führte die Männer in den Trakt des Hauses, in dem die Kinder untergebracht werden sollten. In einem dieser Zimmer stand bereits ein Bettchen für Doro, während das für Wolfi noch fehlte.
»Nun, wie sieht es bei Ihnen oben aus?«, hörte Jürgen Nathalia rufen und trat ans Fenster.
»Sehr gut! Die meisten Möbel, die wir erhalten, sind zwar alt, aber gut erhalten. Gräfin Trettin wird sich zunächst nur einige spezielle Möbelstücke schreinern lassen müssen.«
»Das klingt gut. Allerdings brauchen wir auch Betten für Gäste und deren Kinder. Ich hoffe, wir bekommen welche. Das Kastenbett, das eben hinaufgebracht wurde, würde ich ungern in dem für mich bestimmten Raum sehen. Es erinnert mich zu sehr an meinen Aufenthalt in einem Schweizer Pensionat!«
»Keine Sorge, Komtess. Dieses Bett habe ich eben für die Kinderfrau bestimmt!«
»Sie beweisen Verstand, Herr Göde. Lore und ich sind froh, dass Ihr Großonkel Sie zu uns geschickt hat und nicht einen Ihrer Vettern.«
»Komtess sind zu gütig.« Jürgens Wangen färbten sich vor Verlegenheit rot.
Von Nathalia und Lore war er in den letzten Tagen öfter gelobt worden als von seiner Mutter und seinen Schwestern im ganzen Leben. Dabei übernahmen die beiden Frauen seiner Ansicht nach die meiste Arbeit. Er half ihnen nur ein wenig und gab Ratschläge, wie sie die Möbel vom Speicher und die, die sie von den Nachbarn erhielten, am besten verwenden konnten.
»Ich glaube, wir bekommen Besuch!«
Auf Nathalias Ruf hin sah Jürgen auf. Tatsächlich rollte ein leichter Wagen, von drei Reitern begleitet, auf Klingenfeld zu. Die Lippen des jungen Mannes wurden schmal, als er neben seinem Großonkel seine beiden Vettern, Rodegard von Philippstein und deren Tochter erkannte. Hatte er schon Angst vor Graf Nehlens kritischem Blick, so erwartete er von den anderen nur boshafte und verletzende Bemerkungen. Außerdem stellte ihn das Erscheinen von fünf Leuten plus Kutscher vor das Problem, wo er diese unterbringen sollte. Um am gleichen Tag noch nach Nehlen zurückzufahren, war die Zeit schon zu weit fortgeschritten.
»Es ist Graf Nehlen mit Begleitung«, rief er Nathalia und Lore zu, verließ seinen Platz am Fenster und eilte durch die Räume, um zu sehen, welche schon eingerichtet worden waren. Zwei Betten, die mit Blumen bemalt waren, passten seiner Ansicht nach für die beiden Damen Philippstein, ein wuchtiges Bauernbett mit Betthimmel bestimmte er für seinen Großonkel, während ihm die beiden Betten in einem Nebenraum des
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