Juliregen
weiß ich dann, dass du nicht im Gasthaus hängenbleibst und hinterher vielleicht nicht mehr in der Lage bist, Grünfelder den Schmuck zu bringen. Wenn du es wünschst, werde ich dich zum Haus des Bankiers begleiten.«
Maruhn sah sie entrüstet an. »Vertraust du mir nicht mehr?«
»Doch, das tue ich! Aber es gibt Zeiten, in denen man besser nicht allein sein sollte. Was ist, wenn ein Dieb versucht, dir die Tasche zu entreißen?«
Bei diesen Worten strich Frida ihm zärtlich über die Wangen und küsste ihn. »Ich liebe dich und werde jeden Weg mit dir gehen, selbst wenn du jetzt sagen würdest, du willst den Schmuck unterschlagen und damit ein neues Leben beginnen.«
Ihr war es ernst damit, das fühlte Maruhn, aber sie hoffte auch, dass er keine krummen Wege einschlagen würde. Gerührt schloss er sie in die Arme und bettete seinen Kopf auf ihre Schulter. »Ich weiß nicht, womit ich dich verdient habe. Du gibst mir immer wieder Mut.«
»Dazu sind Frauen doch da! Und jetzt hole ich dein Bier, damit du dich stärken kannst.« Frida entschwand mit einem fröhlichen Lachen, denn nun war sie sich sicher, dass ihr Geliebter die kleine Krise überstanden hatte. Natürlich würde sie ihn zu Grünfelders Haus begleiten, und mit etwas Glück durfte sie dieses sogar betreten und einen Blick darauf werfen, wie wahrlich reiche Leute lebten.
XIV.
M anfred Laabs hatte sich gut auf seinen Auftritt vorbereitet. So war er nicht gleich am Morgen nach Klingenfeld gegangen, sondern hatte die Mittagsstunde verstreichen lassen und schritt nun, auf seinen Stock gestützt, auf das Gut zu. Auf seinem Notizblock hatte er einen Aliasnamen notiert, unter dem er sich Lore vorstellen wollte, ebenso eine lange Liste von Möbeln, die er angeblich zum Verkauf anbot.
Als er vor dem Herrenhaus stand, wählte er den Hintereingang und stellte sich Erna als Möbelhändler aus Berlin vor. Wie von ihm erhofft, führte die Alte ihn zur Hausherrin. Vor Lore deutete er eine Verbeugung an.
»Guten Tag, gnädige Frau. Dausend mein Name, meines Zeichens Händler mit gebrauchten Möbeln. Ich habe gehört, dass hier auf Klingenfeld der Haushalt aufgelöst wird, und wollte mal nachsehen, ob nicht etwas Brauchbares für mich dabei ist.«
Da Anno von Klingenfeld das meiste an Möbeln abgestoßen hatte, konnte er als angeblicher Aufkäufer sein Erscheinen am besten erklären.
Wie erwartet, schüttelte Lore den Kopf. »Da sind Sie einem falschen Gerücht aufgesessen. Wir verkaufen keine Möbel, sondern richten das Haus neu ein.«
»Das wusste ich nicht. Ich hatte nur gehört …« Laabs gab sich enttäuscht, sah sich dabei aber neugierig um. »Einige Zimmer haben Sie wohl noch nicht möbliert.«
»Das ist richtig«, antwortete Lore, die den Mann am liebsten wieder weggeschickt hätte, um weiterarbeiten zu können.
Mit einer theatralischen Geste zog Laabs sein Taschentuch und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. »Schade, dass ich umsonst von Berlin hierhergefahren bin. Wissen Sie, ich kaufe Möbel aus Haushaltsauflösungen, aber auch solche, die durch modernere Möbel ersetzt werden sollen. Manche wissen oft nicht, wohin mit den Sachen, die ihnen im Weg stehen, und geben sie mir für billiges Geld. Ich verkaufe die Möbel dann an Leute, die sich zwar feudal einrichten wollen, aber nicht viel ausgeben können.«
Damit war der Köder ausgelegt, und Lores Gesichtsausdruck zufolge stand sie kurz davor, ihn zu schlucken. »Sie verkaufen Möbel?«
Laabs lachte leise auf. »Gnädige Frau, glauben Sie etwa, ich brauche die alle für mich selbst? Natürlich verkaufe ich die Möbel wieder. Ich habe in meiner Lagerhalle genug, um ein ganzes Schloss ausstatten zu können. Beste Möbel, sage ich Ihnen! Stühle zum Beispiel, auf denen noch keiner gesessen hat. Die standen nur an der Wand, bis der neue Besitzer meinte, sie wären nicht mehr modern genug. Für ein Herrenhaus wie dieses wären sie ideal. Hier auf dem Land richtet man sich doch etwas konservativer ein als in der Reichshauptstadt, in der der Zeitgeist auch bei Möbelstücken oft Purzelbäume schlägt. Wenn Sie wüssten, was sich die Leute dort in ihre Salons, die Speisezimmer oder – Verzeihung – in ihre Schlafzimmer stellen …«
»Danke, ich weiß es! Ich stamme nämlich aus Berlin«, unterbrach Lore ihn.
»Aus Berlin kommen Sie? Dann ist für Sie wohl auch nur das Neueste und Teuerste gut genug.« Es gelang Laabs, sehr betrübt auszusehen.
Lore wusste nicht so recht, was sie von
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