Juliregen
regeln.«
»Viel Glück!« Dohnke reichte ihm die Hand und verließ nach einem kurzen Gruß das Büro.
Einen Augenblick lang sah Fridolin ihm nach, dann widmete er sich wieder seinen Papieren. Nachdem er bei seinen Berechnungen zu einem für ihn befriedigenden Ergebnis gekommen war, atmete er tief durch und legte den Schreibstift beiseite. Die Unterlagen, die er vor den Augen seiner beiden Kompagnons verbergen wollte, schloss er in seinen Schrank ein. Den Rest legte er in einer Mappe ab.
Auf dem Weg nach draußen begegnete ihm Grünfelder, der gerade von einem Arztbesuch zurückkehrte und sichtlich erleichtert wirkte, als er stehen blieb und Fridolin ansprach. »Es ist Gott sei Dank nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Die Leber ist ein wenig belastet, meint der Arzt. Aber wenn ich Diät halte und etwas weniger Cognac trinke, kann ich steinalt werden.«
»Das freut mich! Sie werden allerdings erlauben, dass ich Ihrer Frau sage, sie soll auf Ihre Gesundheit achten«, erklärte Fridolin freundlich.
»Keine Sorge, das mache ich schon!« Dohnke hatte die Worte seines Schwiegervaters vernommen und trat aus seinem Büro. »Auch Wilhelmine wird dafür Sorge tragen, dass Herr Grünfelder die Anweisungen des Arztes befolgt. Schließlich ist er die Säule unseres Bankhauses. Ich wüsste nicht, was wir ohne ihn täten.«
Dieses Lob tat Grünfelder sichtlich wohl. »Ich werde die Anweisungen des Äskulapjüngers befolgen, schon damit ihr Grünschnäbel noch ein paar Jahre habt, um trocken hinter den Ohren zu werden. Ich hoffe, Sie nehmen mir diese Bemerkung nicht übel, Trettin.«
Fridolin schüttelte lachend den Kopf. »Aber natürlich nicht, Grünfelder. Doch nun Gott befohlen, die Pflicht ruft!« Mit diesen Worten verließ er das Bankgebäude.
Auf der Leipziger Straße winkte er eine Droschke heran und ließ sich in die Ottostraße kutschieren. An deren Einmündung in die Turmstraße gebot er Halt, bezahlte den Kutscher und betrat das Haus, in dem Mary Benecke, Lores Teilhaberin bei Mrs. Penns Modeatelier, zusammen mit ihrem Mann Konrad und den Kindern lebte.
Konrad, der früher Matrose und dann Thomas Simmerns Kammerdiener gewesen war, empfing ihn fröhlich und führte ihn in die gute Stube. »Was darf es sein? Bier, Wein oder Cognac?«
»Wenn es recht ist, ein Bier. Das erfrischt wenigstens. Bei der Hitze sind Wein und Cognac nicht die geeigneten Getränke.«
»Ich werde mir trotzdem einen kleinen Rum genehmigen, sozusagen als Reminiszenz an meine Zeit als Seemann.« Konrad seufzte ein wenig, als trauere er dieser Zeit nach, lachte dann aber über sich selbst. »Für einen Mann meines Alters bekomme ich zusehends Grillen. Mary meint schon, ich solle mir eine Beschäftigung suchen, da mich das Führen der Bücher ihres Modesalons nicht auszufüllen scheint.«
Fridolin sah ihn nachdenklich an. »In einer Woche kann ich meine Pflichten in der Bank Herrn Dohnke übergeben und zu Lore und Nathalia nach Steenbrook fahren. Ich will dann auch gleich Gut Klingenfeld übernehmen. Dort könnte ich jemand brauchen, der für mich nach dem Rechten sieht. Wenn du also Lust hast, die Arbeiten zu kontrollieren, würde es mich freuen.«
»Nun, das könnte ich tun!« Begeistert klang Konrad allerdings nicht, denn er würde Mary und die Kinder in Berlin zurücklassen müssen. Andererseits wollte er Fridolin nicht enttäuschen. Zudem war es die Abwechslung, die er sich so dringend wünschte. Nach einer kurzen Überlegung nickte er deshalb deutlich und streckte Fridolin die Hand hin. »Ich mache es. Mary kann allerdings erst später mit den Kindern nachkommen, da Jonny noch keine Ferien hat.«
Als hätte er seinen Namen gehört, steckte Marys und Konrads Ältester, ein putzmunterer Achtjähriger, den Kopf zur Tür herein. »Guten Tag, Onkel Trettin! Papa, ich bin vom Unterricht zurück.«
»Und, was hast du heute gelernt?«, fragte Fridolin neugierig.
»Unser Lehrer sagt, dass Deutschland Kolonien braucht, um nicht hinter England und Frankreich zurückstehen zu müssen. Wenn ich einmal groß bin, werde ich ganz Afrika für Seine Majestät, den Kaiser, erobern.«
»Das lass mal lieber sein. Es wäre ein zu großer Bissen!« Konrad schüttelte den Kopf und sah Fridolin an. »Was heutzutage den Kindern in der Schule in die Köpfe geblasen wird! Das gab es zu unserer Zeit nicht. Wir haben schreiben, lesen und rechnen gelernt, aber nicht, irgendwelche Neger mit der Flinte in der Hand zu braven Untertanen des Kaisers zu
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