Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
geschrieben. Er will uns den Rest, der noch fehlt, leihen, damit wir Lore auszahlen können«, setzte ihr Mann hinzu.
    Fridolin sah die beiden liebenswürdigen Menschen an und fühlte sich schlecht, von ihnen das Geld zu verlangen, das Lore in den gemeinsamen Modesalon gesteckt hatte. Mit einem Mal hieb er auf die Stuhllehne, so dass Konrad und Mary aufschreckten, und sah sie mit entschlossener Miene an.
    »Warum nicht?«, sagte er, mehr für sich als die anderen gedacht. »Lore liebt euer Modeatelier und würde sich ungern davon trennen. Außerdem ist es ein Symbol eurer Freundschaft. Lassen wir die Anteile also, wo sie sind, und ihr steckt das Geld, das ihr erübrigen könnt, in das Gut und die Fabrik. Damit sind wir doppelt verbunden, und Konrad gibt dann besonders gut acht, weil es auch um euer Geld geht.«
    »Als wenn ich das nicht auch so täte«, erklärte Marys Ehemann ein wenig pikiert.
    Fridolin klopfte ihm auf die Schulter. »Das weiß ich doch. Aber was sagt ihr dazu, wäre das eine Idee?«
    »Wenn es schiefgeht, haben wir unsere ganzen Ersparnisse verloren«, wandte Mary ein.
    »Aber wenn es gutgeht, könnt ihr euch in fünf oder zehn Jahren eine Villa am Grunewald leisten und aus dem Geschäft eine große Textilfabrik machen.« Fridolin benötigte dringend das Geld der beiden für seine Pläne, das war allen bewusst, aber er wollte auf keinen Fall, dass Lore auf den Modesalon verzichten musste.
    Während Mary noch schwankte, wie sie darauf reagieren sollte, gingen die Gedanken ihres Mannes in eine andere Richtung. »Bei Gott, die Lösung ist doch ganz einfach. Sie bekommen von uns, was wir Ihnen geben können, und wir bitten Thomas Simmern, sich ebenfalls an Ihrer Fabrik zu beteiligen. Was halten Sie davon?«
    Ein paar Jahre zuvor hätte Fridolin noch abgelehnt, da er nicht weiterhin von Simmern hatte abhängig sein wollen. Mittlerweile aber war er Miteigentümer des Bankhauses Grünfelder und fühlte sich auf einer Stufe mit seinem früheren Mentor.
    Daher nickte er und streckte Konrad die Hand hin. »Das ist ein Rat, der mir sehr gut gefällt. Mit Simmern als Geschäftspartner gewinnen wir gleichzeitig ausgezeichnete Kontakte nach Bremen und Bremerhaven, und dort werden sehr viele haltbare Lebensmittel für die großen Dampfer im Liniendienst benötigt. Mit etwas Glück haben wir damit gleich die ersten Abnehmer für unsere Konserven.«
    Konrad schenkte Fridolin einen anerkennenden Blick. Dieser war mit den Jahren wahrlich zu einem Mann gereift, der Großes vollbringen konnte. Da sich auch Mary mit dieser Lösung einverstanden zeigte, rief sie nach dem Dienstmädchen und trug ihr auf, die beste Flasche Wein aufzumachen, die es in ihrem Haushalt gab. »Auf diese Einigung sollten wir anstoßen, Herr Graf! Finden Sie nicht auch?«
    »Natürlich!« Fridolin trank sein Bier leer und reichte Mary die Hand. »Es wird nicht leicht werden, meine Lieben, aber wir werden es schaffen!« Bei sich dachte er, dass er Lore schreiben würde, ob er vor seiner Reise nach Steenbrook nicht doch ein paar ihrer Schmuckstücke beleihen durfte, um mehr flüssiges Geld in Händen zu halten.

V.
    D irk Maruhn, seines Zeichens Detektiv und von August Grünfelder damit beauftragt, Anno von Klingenfelds verschwundenem Schmuck nachzuspüren, dachte nicht zum ersten Mal, dass sein Beruf manchmal mehr an Selbstbeherrschung erforderte, als er glaubte aufbringen zu können. Dies war wieder so ein Tag. Er starrte die fette Bordellwirtin an, die sich ihm gegenüber wie ein gereiztes Huhn aufplusterte, und ließ deren Wortschwall kopfschüttelnd über sich ergehen. Dabei war ihr Mundwerk ebenso ordinär wie ihr rotes Rüschenkleid, dessen Ausschnitt die fleischigen Brüste kaum zu bändigen vermochte. »Entweder du machst einen richtigen Stich, damit eines meiner Mädels was verdienen kann, oder du verschwindest, bevor ich dir nachhelfe! Kerle, die nur gaffen und quatschen wollen, brauchen wir hier nicht!« Nach diesen Worten streckte sie Maruhn auffordernd die Hand hin.
    Der Detektiv zog seine Börse und ließ ein Zehnmarkstück in seiner Hand aufblitzen. »Das ist für Sie, wenn Sie mir meine Fragen beantworten!«
    Diese Summe würde er Grünfelder aufs Spesenkonto schreiben.
    Die Puffmutter starrte die Münze an und sah sich dann kurz um. Da einige ihrer Mädchen nach getanem Werk wieder in den Empfangssalon kamen, befand sie, dass ihr eigenes Mitwirken im Augenblick nicht vonnöten war, und streckte die Hand nach dem Geldstück aus.

Weitere Kostenlose Bücher