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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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kleines Willkommensgeschenk.«
    Sim bedankte sich brav und nahm den Raum weiter in Augenschein. In einer Ecke standen ein kleiner Schreibtisch und ein Stuhl, in der anderen ein Kleiderschrank. Die Lampe auf dem Nachtkästchen hatte einen roten Stoffschirm mit schwarzen Pferden und an den beiden weiß gestrichenen Wänden hingen gerahmte Bilder mit Pferdemotiven. Meine Schwester, die Pferdenärrin, hatte ihr Vater Tante Jo immer genannt.
    Sim ließ ihren Rucksack aufs Bett fallen und trat ans Fenster. Es bot Aussicht auf die Zufahrt vor dem Haus, die anderen Gebäude und die baumlosen Hügel, die sich bis zum Horizont erstreckten. Nur Gras und Himmel.
    Gegenüber von ihrem Zimmer lag ein zweiter, fast identisch eingerichteter Raum, dazwischen befand sich das Bad.
    »Im Sommer vermiete ich an Urlaubsgäste«, sagte Jo. Derzeit war das andere Zimmer von einem Journalisten aus Deutschland bewohnt, der sich für mehrere Wochen eingemietet hatte, zurzeit aber in den Black Hills unterwegs war.
    Wenig später saßen sie in dem großen Raum mit den breiten Holzdielen, der sich in Küche und Wohnzimmer teilte, am Tisch. Während sie Büffelstew, Salat aus Jos Garten und selbst gebackenes Graubrot aßen, wurde es draußen dunkel. Jo fragte ihre Nichte eine Menge über ihre Eltern und Großeltern aus, und obwohl Sim der lange Flug in den Knochen steckte und sie todmüde war, gab sie so gut sie konnte Auskunft. Sie wollte ihrer Tante das Gefühl geben, dass mit ihr alles in Ordnung war und sie sich keine Sorgen um sie machen musste. Wenn Erwachsene sich Sorgen machen, dann stellten sie zu viele unangenehme Fragen, beobachteten einen unablässig und warfen nur so mit Verboten um sich.
    Und trotzdem kam sie, die gefürchtete Frage.
    »Warum trinkst du, Mona?«
    Sim verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich im Stuhl zurück. »Weil ich Lust dazu habe.«
    »Du hättest sterben können.«
    Sim sah aus dem Fenster in die Nacht und verdrehte die Augen. Sie war noch nicht mal richtig angekommen und schon ging der Psychoterror los. Die Fantasieunterhaltung mit ihrer Tante war eine ganz andere gewesen.
    »Ich will nicht darüber reden, okay?«
    »In Ordnung«, sagte Jo. »Aber wenn dir danach ist, mit jemandem zu sprechen, ich bin da, um zuzuhören.«
    »Ja, schon klar.« Sim machte sich keine Illusionen darüber, was bei den Erwachsenen zuhören bedeutete. Man kam mit etwas nicht klar und machte den Fehler, es ihnen zu erzählen. Daraufhin teilten sie einem mit, wo es langging im Leben – obwohl sie im Grunde selber von nichts eine Ahnung hatten. Zumindest war das bei ihren Eltern der Fall. Ihr Vater verbrachte mehr Zeit in seinem Krankenhaus als mit seiner Familie. Und ihre Mutter – die kümmerte sich aufopferungsvoller um die Probleme ihrer Schüler als um die ihrer eigenen Tochter.
    Seit Merle in England war, hatten sie als Familie kaum noch etwas zusammen unternommen, so, als ob Sim allein den Aufwand nicht lohnte. Abgesehen davon, dass sie gar keine Lust hatte, etwas mit ihren langweiligen Eltern zu unternehmen – sie hätten es ja wenigstens versuchen können.
    Tante Jo legte ihr eine Hand auf den Arm. »Du bist müde, nicht wahr? Geh und schlaf dich ordentlich aus.« Aber als Sim erleichtert aufstehen wollte, griff die Hand zu und hielt sie fest. »Da ist noch etwas, Mona.«
    Jetzt kommt’s, dachte sie und hob den Kopf.
    »Es gibt ein paar Regeln für deinen Aufenthalt hier.«
    Regeln? »Und die wären?« Misstrauisch starrte sie ihre Tante an.
    »Regel Nr. 1: Keinen Alkohol und keine Drogen. Regel Nr. 2: An den Wochentagen wird halb acht aufgestanden, es gibt eine Menge Arbeit. Ab vier hast du Freizeit – und an den Wochenenden natürlich auch.«
    »Freizeit?«, stieß sie hervor. »Was soll ich denn hier tun in der Pampa?«
    »Prärie«, sagte Jo.
    »Was?«
    »Prärie, nicht Pampa. Wir sind in Nordamerika.«
    Sim verdrehte die Augen.
    »Was du hier mit deiner freien Zeit anfangen kannst, wirst du schnell herausfinden. Ich werde dich nicht festbinden, okay? Regel Nr. 3: Ich will immer wissen, wo du bist. Das Reservat ist nicht Weisburg.«
    »Ach nee, da wäre ich nie drauf gekommen.« Weisburg war ein Kuhdorf, aber das hier, das war ein großes, allumfassendes Nichts. Ein Nichts mit Regeln.
    »Wir kriegen das schon hin, Mona«, sagte Jo und strich Sim mit der Hand über die Wange.
    Sie zog den Kopf weg. »Hör auf, mich Mona zu nennen, okay? Ich hasse diesen Namen.«
    »Kein Problem.« Ihre Tante hob

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