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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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ich doch. Bin nebenan.«
    »Na denn.«
    Nachdem er sich erleichtert hatte, verließ er das Klohäuschen, ging ein paar Schritte und lauschte, bis er das Plopp, plopp, plopp deutlich vernahm. Zielgerichtet lief er auf den Wasserhahn zu und wusch seine Hände. In seinem Rücken hörte er, wie eine Tür geöffnet wurde und wieder zuschlug. Gleich darauf stand Sim neben ihm.
    »Wie hast du den Wasserhahn gefunden?«, fragte sie erstaunt.
    »Ich habe das Wasser gerochen – wie ein Pferd.«
    »Wirklich?«
    Lukas rieb sich die Hände an seiner Hose trocken. »Unsere Vorgänger haben den Wasserhahn aufgedreht, also kannte ich die Richtung.« Er musste schmunzeln. »Der Wasserhahn tropft. Ich bin dem Tropfen nachgegangen.«
    »Dann stimmt es also, was man sagt. Dass bei Menschen, die nicht sehen können, die anderen Sinne stärker ausgeprägt sind.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Wenn das Sehen wegfällt, laufen die übrigen Sinne auf Hochtouren. Außerdem kann man es trainieren, das Hören, Riechen und Tasten.«
    »Verstehe. Aber woher wusstest du, dass ich einen Sonnenbrand hatte?«
    »Du kamst aus der Dusche und deine Arme haben geglüht wie Heizstrahler.« Lukas lächelte. »Gehen wir zurück zum Festplatz? Mein Geruchssinn ist jedenfalls dafür.«
    Sim schob ihre Hand in seine.
    Sie holten sich jeder einen Hotdog, mit dem sie sich auf einen abgesägten Stamm unter einen Baum setzten. Lukas genoss den Schatten, seinen Hotdog und Sims Gesellschaft. Er lauschte den Stimmen und dem Gelächter der anderen, hörte das Schnauben der Pferde und fühlte sich zufrieden.
    »Warum mag Jimi es eigentlich nicht, fotografiert zu werden?«, fragte Sim mitten in sein Wohlbefinden hinein.
    Jimi, Jimi, Jimi, dachte er. »Hast du etwa versucht, ihn zu fotografieren?«
    »Ja. Er sah cool aus mit seiner Kriegsbemalung und ich habe mir nichts dabei gedacht.«
    »Jimi hält es wie Crazy Horse. Der hat sich auch nie fotografieren oder malen lassen.«
    »Weil er Angst hatte, dass man ihm die Seele rauben könnte?«
    »Tashunka Witko hatte vor nichts Angst. Er wollte einfach nicht abgebildet werden. Abgesehen von seinen Verwandten und Freunden brauchte niemand zu wissen, wie er aussah.«
    »Was war eigentlich so Besonderes an ihm?«, fragte Sim. »Ich meine, außer dass er Custer am Little Bighorn besiegt hat.«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Jap.«
    Lukas überlegte kurz, wo er anfangen sollte, und begann zu erzählen. »Als sich Häuptling Red Cloud nach dem Vertrag von Fort Laramie ins Reservat zurückzog, wurde Crazy Horse zum Anführer der letzten freien Lakota und damit zum Symbol des Widerstandes gegen die Weißen. Er war ihr unversöhnlichster Feind und wollte die Black Hills, in denen sie Gold gefunden hatten, nicht aufgeben. Bis ins Frühjahr 1877 streifte er durch die Paha Sapa. Seine Leute, es waren so an die neunhundert Männer, Frauen und Kinder, litten Hunger. Sie hatten keine Munition mehr und überall in den Bergen lauerte die Armee. Die Lage war aussichtslos, aber er gab nicht auf.«
    »Dann sieht sich Jimi also als Rebell und würde am liebsten wie Crazy Horse gegen die Weißen kämpfen?«
    Ihre Frage klang nicht spöttisch, eher ein wenig befremdet. Kein Wunder, schließlich war sie selber eine Weiße.
    »Tashunka Witko war nicht nur ein mutiger und loyaler Kriegshäuptling, er war immer auch besorgt um die Alten und Kranken, die Frauen und Kinder«, verteidigte Lukas den Häuptling. Oder verteidigte er Jimi?
    »Ein richtiger Held also?«
    »Kann man so sagen.«
    »Aber wenn seine Leute hungerten, während er Krieg führte, dann kann er nicht so besorgt um sie gewesen sein, wie du behauptest.«
    »Er führte keinen Krieg, er wollte unsere heiligen Berge nicht aufgeben, das ist etwas ganz anderes. Außerdem beugte er sich schließlich der Aufforderung seines Onkel Spotted Tail und erschien Anfang Mai mit seinen Leuten in Fort Robinson in Nebraska, um sich zu ergeben. Doch die weißen Soldaten trauten ihm nicht. An einem Abend im September sollte er in einen Gefängnisraum gesperrt werden. Er wehrte sich, zwei Wachposten packten ihn an den Armen und ein Soldat stieß ihm sein Bajonett in die Seite.«
    Lukas verschwieg Sim, dass die Wachposten Lakota gewesen waren. »Das Bajonett durchbohrte seine Niere und er starb noch in der Nacht. Kurz vor seinem Tod hat er noch mit seinem Vater gesprochen: ›Sag den Leuten, dass sie sich jetzt nicht mehr auf mich verlassen können.‹«
    »Er ist am Wounded Knee begraben, nicht

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