Julischatten
Rapid City, wo sie die Ladefläche des Trucks mit Lebensmitteln, Wasserkanistern und jenen Dingen füllten, mit denen Sim den Trailer verschönern wollte: zwei Stehlampen, einem kleinen Klapptisch aus Holz, einem Überwurf für die alte Couch, Badvorlegern – und vielem mehr. Sims Liste war lang gewesen und sie staunte, dass ihre Tante die Sachen widerspruchslos einkaufte.
Nach ihrem Großeinkauf aßen sie im Red Lobster zu Mittag, einem Restaurant beim Parkplatz der Mount Rushmore Mall. Danach trennten sie sich. Michael fuhr in die Innenstadt, wo er sich mit einem Redakteur vom Rapid City Journal treffen wollte. Jo und Sim machten sich mit dem Truck auf den langen Rückweg ins Reservat.
Während der Fahrt hatte Sim die Kopfhörer ihres iPod eingestöpselt und hörte »Medusa’s Child«. Time can raise you! Time can change you! Time can break you! Time can kill you!
Ihre Tante schien zu akzeptieren, dass sie nicht reden wollte.
Nachdem sie die Lebensmittel ins Haus getragen und verteilt hatten, schaffte Sim die übrigen Sachen in den Trailer. Türen und Fenster waren den ganzen Tag verschlossen gewesen und es war stickig und heiß in den Räumen. Obwohl Sim beim Kauf der Dinge wieder Lust bekommen hatte, den Trailer wohnlich einzurichten, fehlte ihr jetzt der Elan, noch mit der Arbeit zu beginnen. Überall lag Jimis Werkzeug herum. Bevor er mit seinen Reparaturarbeiten nicht fertig war, hatte es wenig Sinn, sauber zu machen und mit ihren Verschönerungen anzufangen.
Sim lüftete gründlich, dann verschloss sie den Trailer wieder und stattete Juniper und ihrem Nachwuchs einen Besuch ab. Die Hündin hatte ihre Höhle unter der Treppe inzwischen etwas geräumiger gescharrt, sodass sie und die Welpen mehr Platz hatten. Die Kleinen tranken und Sim beobachtete sie eine Weile dabei. Als sie ein lautes Wiehern hörte, blickte sie auf und sah die Pferde auf dem Hügel am Wassertrog stehen und mit den Schwänzen schlagen. Big Boy hob den Kopf und wieherte erneut. Wir haben Durst, schien er ihr sagen zu wollen.
Sie lief den Trampelpfad hinauf und stellte fest, dass nur noch ein Rest Wasser im Trog war, schlammig und voller Gras. Seufzend machte Sim kehrt, holte sich die grobe Bürste aus dem Schuppen und schraubte den Schlauch an den Wasserhahn. Sie stieg durch den Stacheldrahtzaun, kippte das schlammige Wasser aus und schrubbte den Trog. Dass die Pferde dicht um sie herumstanden und sie neugierig beobachteten, machte ihr nichts aus. Sim hatte keine Angst mehr vor ihnen.
Sie spritzte den Bottich sauber und hängte den Schlauch hinein. Die Pferde tranken und Sim beobachtete, wie Ebony immer wieder von Angel und Sweety, den beiden älteren Stuten, abgedrängt wurde. Erst ganz zuletzt, als die übrigen Pferde schon wieder davontrabten, trank auch sie.
Sim hob die Hand und streichelte das sonnenwarme Fell der Stute. Ebony blickte sie mit ihrem unergründlichen Pferdeblick an – dann wandte sie sich ab und trottete den anderen hinterher.
Sim rieb sich den Schweiß aus der Stirn. Das Thermometer am Trailer zeigte fünfunddreißig Grad im Schatten, es war der heißeste Tag seit ihrer Ankunft vor einer Woche. Obwohl es schon Nachmittag war, lag die Hitze zäh wie Sirup über den gelbgrünen Hügeln. Der Baumwollstoff ihres T-Shirts klebte an ihrem Körper wie eine zweite Haut.
Als der Wassertrog fast vollgelaufen war, lief Sim zum Wasserhahn und drehte ihn ab. Sie ging noch einmal zurück zur Tränke, um den Schlauch herauszuziehen. Einmal hatte sie das vergessen und der Trog war durch den Schlauch wieder leer gelaufen.
Der Schweiß rann ihr die Schläfen und zwischen ihren Brüsten herab und das Wasser im sauberen Bottich funkelte im Sonnenlicht wie eine kühle Verheißung. Sim blickte sich um. Die Pferde grasten inzwischen wieder in der schattigen Senke unter dem Horse Hill und weit und breit war niemand zu sehen. Kurz entschlossen zog sie sich das T-Shirt über den Kopf und schlüpfte aus ihren Shorts (samt Slip). Mit einem Rundumblick versicherte sie sich noch einmal, dass niemand in der Nähe war, und stieg in die Pferdetränke.
Das Wasser war so kalt, dass sie ein paar merkwürdige Geräusche ausstieß, um die Kälte auszuhalten. Prustend und schnaubend tauchte sie unter und zählte. Dreiundzwanzig, vierundzwanzig – eine ganze Minute. Nach Luft schnappend tauchte sie wieder auf. Herrlich erfrischend war das und sie fragte sich, warum ihre Tante den Bottich nicht wenigstens hin und wieder als Pool nutzte.
Ein
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