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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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zweites Mal holte Sim tief Luft und tauchte. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig… Teufel, was das kalt! Kurz bevor ihre Lunge zu bersten drohte, tauchte sie wieder auf. Als sie sich das Wasser aus den Haaren schüttelte und die Augen öffnete, starrte sie auf ein gelbes Pferdegebiss – direkt vor ihrer Nase. Ein Schrei schlüpfte aus ihrer Kehle und reflexartig tauchte sie ins Wasser zurück.
    Ghost scheute und stieg, vermutlich dachte der Schecke, ein böser Geist würde im Wassertrog sitzen. Nur mit Mühe konnte Lukas sich auf seinem Rücken halten. Er beruhigte sein Pferd und stieg ab.
    »Wer ist denn da?«, fragte er. »Sim, bist du das?«
    Ihr war kalt und er war blind, aber sie traute sich nicht aus dem Wasser.
    »Nimmst du etwa ein Bad in der Pferdetränke?« Er klang fassungslos.
    Sim stieg aus dem Bottich, die Arme vor der Brust verschränkt. Was natürlich Unsinn war, weil Lukas sie ja nicht sehen konnte.
    »Kannst du Ghost mal ein Stück zur Seite führen«, bat sie ihn zähneklappernd.
    »Wieso? Hast du etwa immer noch Angst vor ihm?«
    »Er steht auf meinem Slip… äh, meinen Shorts.«
    »Du hast nichts an?« Auf Lukas’ Gesicht machte sich ein Grinsen breit. Seine weißen Zähne leuchteten in der Sonne. »Ich meine, überhaupt nichts?«
    »Halt den Mund, okay?«
    Er führt Ghost ein Stück von der Tränke weg. Sim klaubte ihre Sachen aus dem Gras und versuchte, sich anzuziehen. Aber sie war nass und der Stoff blieb auf der Haut kleben, was das Ganze zu einer schwierigen Prozedur machte.
    »Deine Tante kriegt einen Herzanfall, wenn sie das herausfindet«, bemerkte Lukas immer noch sichtlich amüsiert.
    Sim rubbelte mit beiden Händen durch ihre Haare. »Und warum sollte sie?«
    »Mann, wenn dich jemand gesehen hat, dann weiß spätestens morgen das ganze Reservat, dass Jos Nichte aus Deutschland splitternackt im Pferdebottich badet.«
    »Na und, was ist schon dabei?«
    Lukas stieß kopfschüttelnd Luft durch die Zähne. »Was dabei ist? Du hast vielleicht Nerven. Wir rennen hier nicht einfach nackt in der Gegend herum.«
    Sim hatte es endlich geschafft, ihre von Pferdehufen gezeichneten Sachen anzuziehen, und nun musste sie lachen. »Ich renne nicht nackt in der Gegend herum, ich habe ein Bad genommen. Und außerdem: Du ärgerst dich ja bloß, weil du mich nicht sehen konntest.«
    Einen Moment lang schwieg Lukas. Sim glaubte schon, ihn verletzt zu haben, indem sie ihn an sein Handicap erinnerte hatte.
    Doch dann sagte er: »Stimmt.« Seine Mundwinkel zuckten.
    »Verrat mich nicht, okay?«
    »Okay. Bist du wieder angezogen?«
    »Ja.«
    »Lust auf einen Ausritt?«
    Sim schlüpfte in ihre Turnschuhe. »Ja, gern. Aber ich muss vorher meiner Tante Bescheid sagen.«
    Als Lukas Sim half, auf Ghosts Rücken zu steigen, spürte er, dass sie ihre Angst vor Pferden abgelegt hatte. Der Schecke stand ganz still, denn Sim war keine Fremde mehr für ihn. Lukas schwang sich hinter ihr aufs Pferd, schnalzte mit der Zunge und Ghost lief los. Er folgte dem schmalen Pfad von Jos Pferden ins Tal und dann den Hügel wieder hinauf. Eine Weile ritten sie am Zaun entlang. Vor einem Tor blieb der Schecke stehen. Lukas sprang ab, öffnete das Tor, führte Ghost auf die andere Seite und schloss es wieder. Er stieg auf und ließ Ghost antraben. Das Pferd kannte seinen Weg.
    Sim erzählte ihm, dass sie in Rapid City einkaufen gewesen waren und dass sie sich für den nächsten Tag vorgenommen hatte, den Trailer für die neuen Gäste herzurichten.
    »Wo ist eigentlich Jimi?«, fragte sie beiläufig. »Tante Jo hat gesagt, er würde noch eine Klimaanlage einbauen. Tagsüber wird es so heiß im Trailer, dass man es kaum aushält.«
    »Das liegt daran, dass die alten Dinger nur schlecht isoliert sind«, sagte Lukas. »Soweit ich weiß, hat Jimi die Klimaanlage schon besorgt. Wahrscheinlich wird er am Mittwoch kommen und sie einbauen. Heute und morgen ist er in Denver.
    »Denver? Was macht er denn da?«
    Gute Frage.
    »Material kaufen«, antwortete Lukas und konnte den Zweifel in seiner eigenen Stimme hören. »Leder, Perlen, Stoffe, künstliche Sehne… solche Sachen. Tyrell und Jimi holen die Sachen aus Denver und Bernadine verkauft sie im Res.«
    »Aber Tante Jo hat das doch alles in ihrem Laden. Warum kauft Bernadine die Sachen nicht bei ihr ein und spart sich das Benzingeld?«
    »Weil Tyrell die Materialien beim Großhändler holt, wo sie um einiges billiger sind als bei deiner Tante – behauptet Jimi

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