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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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auf die Eintrittswunde sprühte, entfuhr ihm ein erschrockenes »Fuck« und er zog die Hand weg.
    »Tut mir leid«, sagte sie, »ich hätte dich warnen müssen.«
    »Jetzt hast du Sim aber bitter enttäuscht.« Jimi kippte mit seinem Stuhl wieder nach vorne. »Die Wasicun glauben doch alle, wir Indianer kennen keinen Schmerz.« Seine Augen flackerten.
    Sim legte Lukas einen leichten Mullverband an.
    »Du bist ja bloß eifersüchtig, weil sie so nett zu mir ist«, entgegnete Lukas mit einem breiten Grinsen.
    Sim klebte das Ende der Binde mit einem Pflaster fest und stand auf. Die beiden frotzelten nur, doch sie konnte die unterschwellige Rivalität spüren, die sich hinter ihren Neckereien versteckte.
    Sie ertappte sich dabei, wie sie Vergleiche anstellte. Damals, auf der Fahrt vom Flughafen zu ihrer Tante, waren ihr die beiden so ähnlich vorgekommen. Doch mittlerweile wusste sie, dass Jimi und Lukas grundverschieden waren. Lukas, der fast immer gut gelaunt war, machte auf sie einen offenen und verlässlichen Eindruck, während Jimi sehr verschlossen sein konnte. Er hatte etwas Beunruhigendes an sich und insgeheim musste sie zugeben, dass es genau das war, was sie an ihm faszinierte.
    »Ich bringe mal die Sachen wieder rüber und mache uns ein paar Sandwiches«, sagte Sim und verschwand.
    Jimi bedauerte, dass die Pause vorbei war. Nachdem sie die Brote gegessen hatten, erledigte er die letzten Arbeiten am Trailer. Aber immer, wenn er glaubte, endlich fertig zu sein, hatte Sim noch irgendwo eine Kleinigkeit entdeckt, die nicht in Ordnung war. Die nach ihren Maßstäben nicht in Ordnung war. Ein loses Stück Verkleidung, ein lockeres Scharnier, eine Tür, die nicht richtig schloss. Während ihre Stachelbeeraugen seine Arbeit kritisch beäugten, versuchte er, Ruhe zu bewahren.
    Zugegeben, die frisch gestrichenen Einbauschränke machten was her, der ganze Raum wirkte viel freundlicher durch die hellen Farben. Nach und nach verwandelte sich der alte, abgewohnte Trailer in ein echtes Zuhause. Wie hatte Sim es bloß geschafft, in so kurzer Zeit die schäbige Einrichtung so aufzupeppen, dass man den Trailer kaum wiedererkannte?
    Gerade scheuchte sie Lukas auf, der es sich auf dem abgeschabten Sofa mit dem braunen Karomuster gemütlich gemacht hatte, und ließ das hässliche Ding unter einem dunkelroten Überwurf verschwinden. Jimi beobachtete sie dabei und dachte, dass er sich so ein Zuhause wünschte. Und ein Mädchen wie Sim, aber ihm war noch keine wie sie über den Weg gelaufen.
    Es hatte nichts damit zu tun, dass es im Res keine passablen Mädchen gab. Es lag daran, wer Jimi Little Wolf war. Zu wem er geworden war. Er dachte an die neue Ladung Koks, die Tyrell und er aus Denver geholt hatten, und an die Kohle, die er bekommen würde, wenn er erst sein eigenes Geschäft durchgezogen hatte.
    Inzwischen hatte er die dreihundert Gramm Kokain, die er aus Tyrells Wagen hatte mitgehen lassen, mit hundert Gramm Milchzucker und hundert Gramm Ketamin gestreckt. Den Milchzucker hatte er leicht besorgen können, den gab es in jeder Drogerie. Schwieriger war es gewesen, an das Ketaminpulver heranzukommen. Über einen Pferdedoktor aus Chadron, Nebraska, war es ihm schließlich gelungen. Aber erst, nachdem er ihm dafür Häuptling Red Clouds original Friedenspfeife versprochen hatte.
    Ketamin wurde bei Pferden als Betäubungsmittel eingesetzt. Jimi hatte es dem Kokain-Milchzucker-Gemisch beigemengt, weil der Käufer dann nicht so schnell merken würde, dass der Stoff gestreckt war. Manche Leute snieften die Pferdedroge auch pur und der Doktor aus Chadron hatte das vermutlich über Jahre hinweg getan, denn sein Hirn war löchrig genug, um Jimis Märchen von der Friedenspfeife zu glauben.
    Fünfhundert Gramm hatte er jetzt zusammen, die er auf einen Schlag verkaufen wollte. Über Arvin Swallow, Marolas Cousin, hatte er Kontakt aufgenommen zu einem Crow aus Montana und der Deal sollte in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. Über zwölf Mille Reingewinn warteten auf ihn.
    Jimi dachte daran, dass er sich mit diesem Geld den Traum von einem eigenen Zuhause verwirklichen konnte, wenn er das wollte. Er dachte auch daran, wofür er sein Geld tatsächlich ausgab und dass ihn das nicht von seinen Dämonen befreien würde. Von Timmy, von dem toten Baby, von der zerstörten Zukunft derer, denen das Kokain das Hirn zerfressen hatte. Er hatte es vermasselt, er hatte seine Chance auf ein besseres Leben in den Dreck getreten. Er würde nie ein

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