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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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aber Jimi ignorierte sie.
    »Feste Schuhe, Sonnenhut und genügend Wasser nicht vergessen«, sagte Lukas.
    Erst jetzt schien Tabea ihre potenziellen Führer genauer in Augenschein zu nehmen. Sim bemerkte, wie sie Jimi und Lukas einer kritischen Musterung unterzog, wobei ihr Blick an Jimis tätowiertem Arm hängen blieb.
    »In Ordnung«, sagte sie, doch es lag überraschend wenig Vorfreude in ihrer Stimme.
    Lukas und Jimi fuhren nach Hause, Tabea baute ihr Zelt auf der Kuppe des Hügels auf und Sim sah sie später mit gekreuzten Beinen davorsitzen und mit gen Himmel zeigenden Handflächen meditieren. Jo hatte ihr erzählt, dass jeden Sommer eine Menge Esoteriker im Reservat unterwegs waren, auf der Suche nach einem Medizinmann, der ihnen einen indianischen Namen verpassen und ihnen ihr Seelenheil zurückgeben konnte.
    Ganz offensichtlich gehörte Tabea zu ihnen. Sim beneidete die Frau, weil Jimi mit ihr durch die Badlands fahren würde, auch wenn es offensichtlich war, dass er wenig Freude an dieser Tour haben würde.
    Am Abend kam Tabea zum Duschen in den Laden. Sim, die im Büro ihrer Tante am Computer saß, um eine längere Mail an Merle zu schreiben, hörte mit, wie die Deutsche ihre Tante über Jimi und Lukas aushorchte.
    »Die Jungs sind in Ordnung«, sagte Jo knapp, »sie haben schon öfter Leute für mich durch die Badlands geführt.«
    Im nächsten Moment fürchtete Tabea um ihr Mietauto.
    »Jimi ist ein sicherer Fahrer«, sagte Jo, »du kannst ihm vertrauen. Außerdem kannst du ja auch selber fahren, wenn dir das lieber ist.«
    Sim spitzte die Ohren, als Tabea sagte: »Dieser Lukas, der hat mich so seltsam gemustert, er war mir richtig unheimlich. Kann ich sicher sein, dass die beiden die Situation nicht ausnutzen… ich meine, sie sind zu zweit und ich…«
    Sim hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut loszuprusten. Und die Antwort ihrer Tante fiel auch etwas brüsk aus.
    »Du kannst dir sicher sein, okay? Für die Jungs lege ich meine Hand ins Feuer. Aber wenn dir wohler ist, kann ich meine Nichte bitten, euch zu begleiten.«
    »Oh ja«, sagte Tabea erleichtert, »das ist eine wunderbare Idee.«
    Eine wunderbare Idee, das fand Sim auch. Sie setzte sich wieder an den Computer und beendete die Mail an ihre Schwester mit dem Satz: »Morgen fahre ich mit Jimi und Lukas auf Tour in die Badlands. Ich melde mich wieder, Sim.«

17. Kapitel
    Pünktlich um neun Uhr am nächsten Morgen hielt der rote Mustang vor dem Haus. Jimi und Lukas stiegen aus, beide wie aus dem Ei gepellt. Saubere Jeans, in der Sonne leuchtende weiße T-Shirts, Baseballkappen und die verwegenen Men-in-Black-Sonnenbrillen.
    Sim trug ihre abgeschnittenen Jeans und das rote T-Shirt, das sie beim Pferderennen gekauft hatte. Den engen Halsbund hatte sie herausgeschnitten und mit der Hand umgenäht. Ihr Rucksack beherbergte eine große Wasserflasche, einen Apfel, den Fotoapparat und ein paar Dollar.
    Tabea trug Trekkingstiefel, knielange Khaki-Shorts und ein violettes T-Shirt mit einer Indianerprinzessin darauf, die große Ähnlichkeit mit Marola hatte. Ein breitkrempiger Safarihut zierte ihren Kopf.
    »Fertig?«, fragte Jimi mit überheblicher Miene und hielt die Hand auf. Mit rotem Kopf und fahrigen Bewegungen kramte Tabea nach ihrem Portemonnaie. Jimi seufzte. »Die Autoschlüssel.«
    Jo nickte Tabea aufmunternd zu und die Deutsche übergab Jimi den Autoschlüssel für ihren Leihwagen.
    Es war ein Chevy Blazer mit Allradantrieb, ein geräumiger Wagen, das Innere blitzsauber. Tabea saß neben Jimi auf dem Beifahrersitz, Sim und Lukas auf der Rückbank. Am vergangenen Abend hatte ihre Tante Tabea gegenüber Lukas’ Handicap nicht erwähnt und Sim fragte sich, wann sie wohl bemerken würde, dass Lukas sie gar nicht angestarrt haben konnte.
    Jimi fuhr und gab ab und zu eine knappe Erklärung ab, wenn sie einen historisch bedeutsamen Ort passierten. Lukas’ Ergänzungen waren ausführlicher und farbiger, als ob er überall dabei gewesen wäre. Sein Wissen imponierte Sim und es gefiel ihr, ihn anzusehen, wenn er so lebendig erzählte. Tabea fragte ihn nach spirituellen Plätzen im Reservat und bekam zum ersten Mal eine ausweichende Antwort.
    Sie fuhren über Sharps Corner, wo Jimi den Wagen auftankte, vorbei am Oglala Lakota College nach Kyle. Von dort ging es weiter nach Potatoe Creek. Ihr erstes Ziel war Cedar Pass in den Badlands.
    Bisher hatte sich die Landschaft kaum verändert. Karges Ödland wechselte sich mit grasbewachsenen

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