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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Mädchen wie Sim haben, die aus einem schäbigen Kasten mit Fenstern ein Zuhause zaubern konnte.
    Er war es einfach nicht wert.
    Sim stand mit dem Rücken zu ihm, die Arme vor der Brust verschränkt, und betrachtete zufrieden ihr Werk. Ihr rotes Haar stand wie Präriegras von ihrem Kopf ab. Als sie sich unvermutet umdrehte, trafen sich ihre Blicke. Jimi sah sie mit anderen Augen und sein Magen verkrampfte sich.
    »Kann ich mich jetzt wieder hinsetzen?«, murrte Lukas.
    »Ja«, antworte Sim und wandte sich von Jimi ab.
    Lukas ließ sich auf das Sofa fallen und seine Finger glitten über den roten Samt. »Schön«, sagte er. »Weich, wie ein kurzes Fell.«
    »Das ist Samt.« Sim setzte sich neben ihn.
    Jimi warf noch einen Blick auf die beiden, dann verließ er den Raum, um das lose Brett an den Stufen vor dem Eingang anzuschrauben.
    Manchmal nervte Lukas ihn. Seine aufrichtige, unschuldige Art. Wie oft hatte Jimi sich gewünscht, seine Mutter würde noch leben oder wenigstens seine Großeltern. Dann wäre er nicht zu Bernadine gekommen und das Kästchen mit den heiligen Dingen nicht in falsche Hände geraten. Aber dann wäre er Lukas vielleicht nie begegnet. Lukas, seinem Hunka-Bruder, der ihm Rettung und Fluch zugleich war. Der ihn an das Gute glauben ließ und doch nicht vom Bösen abhalten konnte.
    Irgendetwas war zwischen Lukas und Sim passiert, während er mit Tyrell in Denver gewesen war, dazu brauchte er kein Seher zu sein. Lukas hatte ihm erzählt, dass er Jo und Sim bei Big Bat’s getroffen hatte und dass sie zusammen am Wounded Knee gewesen waren. Die beiden wirkten merkwürdig vertraut und dafür gab es mit Sicherheit einen Grund. Manchmal setzten sich Dinge in Jimis Kopf fest, die nicht gut waren, die er jedoch nicht wieder losbekam.
    Am späten Nachmittag kam Jo in den Trailer, um zu begutachten, wie weit sie vorangekommen waren.
    »Hey«, sie klatschte in die Hände, »das ist ja ein richtiges Schmuckstück geworden.«
    Schmuckstück schien Sim eindeutig übertrieben. Trotz der Reparaturen und Verschönerungen blieb es immer noch ein alter Trailer, der nach europäischen Standards bestenfalls als Sommerbungalow herhalten konnte, als Zuhause aber völlig inakzeptabel war. Trotzdem war Sim stolz auf das, was sie geleistet hatte.
    Jo drehte die Wasserhähne in Küche und Bad auf, betätigte die Klospülung und schob die neu eingebauten Fenster auf und zu. Sie war voll des Lobes für Jimi, doch er stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und gab nichts als unbestimmte Brummlaute von sich.
    »Morgen kommt der Gasmann und schließt den Tank an, dann gibt es auch warmes Wasser«, sagte Jo. Und an Sim gewandt: »Dir gebe ich noch frische Bettwäsche für drei Betten, dann können die Gäste kommen. Ich danke euch, ihr habt das toll gemacht.«
    Von draußen klopfte es an der Fliegengittertür. Eine Frauenstimme rief: »Hallo-ho, ist da jemand?«
    Sie liefen den Gang in den Wohnraum zurück, wo hinter der Fliegengittertür die blonde Frau stand, der sie gestern im Thunder Lightning Teepee begegnet waren.
    »Ah, doch jemand zu Hause.« Sie öffnete die Tür und kam herein. »Die Frau im Laden sagte mir, dass du hier bist«, sagte sie zu Jo.
    »Hallo Tabea. Darf ich dir vorstellen: meine Nichte Simona, Jimi und Lukas.«
    Ein verhaltenes dreistimmiges »Hi« war die Antwort.
    »Tja«, sagte Jo, »schön, dass du da bist.«
    Tabea erkundigte sich, wo sie ihr Zelt aufstellen konnte, und Jo breitete die Arme aus. »Überall.«
    »Gibt es hier Schlangen?«
    »Ja«, sagte Sim, »meterlange.« Dafür fing sie einen ärgerlichen Blick von ihrer Tante ein.
    »Es gibt Schlangen«, sagte Jo, »aber meistens sind sie ungefährlich. Am besten immer einen Stock bei sich haben und vor jedem Schritt, den man macht, aufs Gras schlagen.«
    Lukas grinste und Sim sah, wie Jimi die Augen verdrehte.
    »Kann man bei dir eine geführte Tour durch die Badlands buchen?«, fragte Tabea. Die Aussicht, einen Schlangenstock zu brauchen, schien ihre Fröhlichkeit etwas zu dämpfen.
    Jo sah Jimi fragend an.
    »Zweihundert Bucks plus Benzingeld«, sagte er. »Und ein Wagen mit Allradantrieb.«
    »Bucks?« Tabea runzelte die Stirn.
    »Dollar«, übersetzte Jo.
    »Ach so. Zweihundert Dollar sind in Ordnung und Allradantrieb hat mein Wagen auch. Wie wär’s mit morgen? Freitag geht mein Flieger.«
    »Abgemacht«, sagte Jimi, obwohl sein Blick wenig Begeisterung ausdrückte. »Wir sind gegen neun hier.«
    »Indian Time?«, fragte Sim spitz,

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