Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Sonner kam in Frage, so viel wusste Julius. Oder der noch unsympathischere Volker Vollrad. Einer von beiden.
Das Telefon klingelte. Julius hielt es nicht für nötig, sich mit Namen zu melden.
»Ja?«
»Zuerst wollten sie nicht, von wegen Informantenschutz und so ein Blödsinn. Denen hab ich vielleicht die Hölle heiß gemacht!«
»Und?«
»Musste zwar bis zum Programmdirektor gehen, aber dann zeigten sie sich endlich kooperativ.«
» Wer hat’s verbockt?«
»Dann bekam ich endlich die zuständige Redakteurin an den Apparat. Sie hätte mich eh anrufen wollen, meinte sie, um nachzurecherchieren, aber das wäre ja alles so plötzlich gekommen, blablabla. Mit solchen Leuten muss man sich rumschlagen!«
»Kannst du jetzt endlich sagen, wer es denen gesteckt hat?«
»Immer ruhig mit den jungen Pferden!«
»Ich höre.«
»Also, Herr Hauptkommissar, es war der liebe Stefan Dopen.«
»Wie bitte?«
Julius’ Verdächtigungsgerüst brach scheppernd zusammen.
»Ein ganz schön ausgekochtes Bürschchen. Bevor ich’s vergesse: Von Grads Tochter fehlt weiterhin jede Spur. Wenn du mir noch irgendwas sagen willst, sprich’s mir auf den AB , ich muss jetzt weg, mir den Dopen vornehmen.«
»Wer ist denn dieser Dopen überhaupt?«
»Schau ins Internet. Tschüss!«
Julius sprach die Infos über Reifferscheidts Streit mit Grad und dessen mögliche Affäre mit Susanne Sonner auf den Anrufbeantworter, bevor er sich an den Computer setzte und einen Versuch startete, ins Internet zu gehen. Sein südafrikanischer Sommelier François van de Merwe hatte ihm vor Monaten ein Modem installiert, weil er meinte, ein Mann von Welt brauche das. Er würde schon sehen.
Nun sah er es.
Er sah, dass er nichts sah.
Irgendetwas, so zeigte der Computer an, war nicht installiert. Julius schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es knallte. Heute ging auch alles schief. Seine Sippe unterbrach ihn bei den Ermittlungen, sein Kater blamierte ihn vor einem eitlen Fatzke, und nun war auch noch die Technik gegen ihn. Mensch, Natur, Technik – gemeinsam waren sie stark, gemeinsam gegen Julius Eichendorff. Er rief François an, der gerade im Keller des Restaurants einige Tagesweine aussuchte. Wie sich herausstellte, hatte Julius nur das falsche Icon angeklickt. Er fuhr mit dem Mauszeiger auf das richtige und gab sein Codewort ein. Er hatte es so gewählt, dass nie jemand darauf kommen würde: McDonald’s.
Es klappte.
»Ich bin drin!«
Nach einem weiteren Hilfeanruf im Weinkeller und kaum verhohlenem Kichern am anderen Ende der Leitung ging Julius auf die Suchmaschine »Google« und gab »Stefan Dopen« ein. Er wählte den ersten Treffer.
Plötzlich gaben Julius’ Computerboxen Laute von sich. Das hatten sie noch nie getan! Eine verzerrte Gitarre war zu hören, ein schepperndes Schlagzeug, ein monoton stampfender Bass.
Auf den Bildschirm kam ein Schriftzug geflogen: »Stefan Dopen – Music & More«. Dann ploppten überall Kästchen hervor. Auf ihnen stand »Über mich«, »Meine Künstler«, »Aktuelle Projekte«, »Presse«, »Downloads« und »Kontakt«. Julius wählte »Über mich«. Stefan Dopen, so machte der erscheinende Text deutlich, war ein Tausendsassa, ein musikalisches Genie und überhaupt ein prima Kerl. Er produzierte Musik, von Schlager über Volkstümliches bis hin zu Hardrock und HipHop, er spielte sämtliche Instrumente, die denkbar waren, hatte natürlich eine klassische Musikausbildung und jahrelange Erfahrung in unzähligen Bands. Er komponierte, sang und war auch noch ein Topmanager. Julius verstand nicht, warum jemand, der alles so gut konnte, so viel Verschiedenes tun musste, um davon leben zu können.
Die Antwort auf die Frage, die Julius wirklich beschäftigte, fand er auf der Seite »Meine Künstler«. Dort stand nur ein einziger Name »Sandra Silva«. Der Text darunter verriet:
»Sandra Silva – Der kommende Star des deutschen Schlagers. Seit einem Jahr habe ich dieses Riesentalent unter Vertrag, das bereits für großes Aufsehen in der deutschen und internationalen Musikszene gesorgt hat. Ihre Hits »Auf immer und ewig«, »Sonnenblumenträume« und »Eine Nacht wie diese« stiegen alle hoch in die deutschen Charts ein. Zurzeit arbeitet die 28-jährige Remagenerin an ihrem neuen Album »Zeit für Gefühle«, das bald erscheinen soll. Enthalten sein wird auch ein Duett mit Schlagerkönig Drafi Martino – ein hundertprozentiger Sommerhit.«
In diesem Duktus ging es weiter. Der tollste Musikproduzent
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