Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
zwinkerte Julius zu, »spät nach Hause gebracht. Grad kam rausgerannt und hat Reifferscheidt verprügelt. Ihm richtig ein paar reingedonnert. Die Sache ist höchstens zwei, drei Wochen her, kurz bevor die Tochter in Urlaub flog. Der Reifferscheidt hat ihm als Dankeschön in den Garten gekotzt. Tja, das war wohl nur der erste Vorgeschmack auf seine Rache. Ein blöder Hund.«
»Die Dummen sterben nicht aus.«
»So ist es.«
»Kannten Sie Grad eigentlich gut?«
»Nein. Der Mann war nicht mein Fall. Auf dem Golfplatz sind wir uns, wofür ich dankbar bin, selten begegnet.«
»Und Ihre Frau, kannte die Grad vielleicht besser?«
Sonners Gesicht erstarrte. »Was wollen Sie damit andeuten?«
»Gar nichts.«
»Ich muss weiter.« Sonner drehte sich um und ging schnell die Straße hinunter.
»Auf Wiedersehen, Herr Sonner. Rutschen Sie nicht aus!«
»Das werde ich grad noch schaffen.«
Und weg war er. Und schnell war Julius am Telefon.
Noch mit Handschuhen versuchte er Annas Telefonnummer zu wählen. Aber er musste bald einsehen, dass er so vielleicht den nigerianischen Staatspräsidenten, nicht aber die Koblenzer Kommissarin ans Rohr bekam. Schließlich ertönte ein Freizeichen, und Anna nahm ab. Sie klang geradezu erbost.
»Von Reuschenberg.«
»Hallo, hier ist Julius.«
»Schalt den Fernseher ein!«
Klicken.
Besetztzeichen.
Julius griff sich, immer noch in voller Schneeschaufler-Montur, die Fernbedienung vom Wohnzimmertisch und zappte sich, bei der ARD anfangend, durch die Programme. ZDF : nichts. Pro7: nichts. Sat1: nichts. RTL , RTL II, Super RTL : nichts. SWR Rheinland-Pfalz: Volltreffer.
Versenkt.
Es war exakt 16:02 Uhr, die Sendung »Aktuell« lief seit zwei Minuten. Die brünette Nachrichtensprecherin las unbeteiligt die aktuelle Meldung. Im Hintergrund war ein Bild des oberhalb Marienthals gelegenen Eingangskomplexes BT 3 zu sehen. Julius stellte den Ton lauter.
»… Ungewöhnliche des Verbrechens ist, dass der Raum, in dem der Tote gefunden wurde, von innen verschlossen war. Bisher ist ungeklärt, wie der Mörder den Raum verlassen konnte. Das Opfer gehörte dem hiesigen Golfclub an. Vermutet wird, dass auch der Täter in diesem Kreis zu suchen ist. Dahin gehende Überlegungen bezeichnete der Vereinsvorsitzende Jochen Hessland in einer ersten Reaktion als Phantasterei. Geschockt vom Verbrechen zeigte sich die bekannte Schlagersängerin Sandra Silva, die ebenfalls an der Führung durch den Regierungsbunker teilgenommen hatte. – Trier. Der Rat der Stadt hat in einer Sondersitzung beschlossen …«
Julius schaltete den Fernseher aus und drückte beim Telefon auf Wahlwiederholung.
»Von Reuschenberg.«
»Hast du das durchsickern lassen?« Ihm fiel das »du« noch schwer, es jagte einen kleinen Schauer über seinen Rücken. Einen wohligen Schauer.
»Klar. Ich will meine Karriere ja an den Nagel hängen. Wenn das der Polizeipräsident erfährt! Aber irgendwann musste es ja passieren. Es wissen einfach zu viele Leute von der Geschichte.«
»Wer kann denn ein Interesse daran gehabt haben, dass die Medien Wind von den Details bekommen?«
»Das Fernsehen wird jetzt einen bösen, polizeilichen Anruf erhalten. Ich melde mich gleich wieder bei dir.«
Die nächsten Minuten waren quälend. Julius schaute in den Videotext und zappte auf andere Kanäle, um zu erfahren, ob die Nachricht sich schon auf andere Sender ausgebreitet hatte. Aber er bekam nur Uninteressantes übers Gartenjahr, inszenierte Gerichtsfälle und einen talkenden Pfarrer zu Gesicht.
Er durfte Anna jetzt nicht anrufen, sie hatte gesagt, sie rufe zurück.
Er rief sie an.
Besetzt.
Julius schaltete den Fernseher aus. Wer hatte das gestreut? Wer wollte dem Image des Golfclubs Schaden zufügen? Auf der Tour waren doch nur Mitglieder gewesen, alle vierunddreißig profitierten vom guten Ruf des Vereins. Julius fiel nur ein Grund ein, während er, das Telefon im Blick, auf dem Sofa Platz nahm, die schwere Daunenjacke auszog und ordentlich neben sich legte. Die einzige Motivation konnte sein, den Vereinsvorsitzenden in Misskredit zu bringen, ihm schlechtes Krisenmanagement zu unterstellen. Hessland musste gewusst haben, was es für ihn bedeuten würde, wenn der Mord bekannt wurde. Deshalb hatte er bei Julius so insistiert, alles vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Wollte jemand Hessland stürzen und selbst großer Vorsitzender anstelle des großen Vorsitzenden werden? Nur zwei Vorstandsmitglieder hatten Macht und Status dazu. Rolf
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