Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Antoine Carême, der Koch des Frais Löhndorf und wie Julius im Ahrtaler Restaurateursstammtisch, der im Januar Winterschlaf hielt, hatte keine Augen dafür. Kein Wunder, war er doch an diesem Abend für die Bewirtung zuständig und hatte alle Hände voll zu tun. Eine war aber wie immer frei, um Julius zu begrüßen.
»Ist das nicht toll, was den August hier gemacht hat? Ein Mondscheinweinprobe, weil bei Vollmond den Wein am besten schmeckt. Immer gute Ideen, den August.« Antoine Carême nickte anerkennend. Der kleine Normanne war, Franz-Xavers Wortschatz folgend, die Kräuterhexe der Region. Alles, was irgendwo an der Ahr wuchs, rankte oder wurzelte, fand sich auf seiner Karte. Und das Erstaunliche war: Es schmeckte.
August Herold legte seine Arme um die beiden Köche. »Das mit der Mondscheinprobe ist kein Quatsch, Julius! Ich hab das oft genug getestet. Bei abnehmendem Mond probieren sich die Fassweine ü-ber-haupt nicht. Frag mich nicht, warum, aber es ist so. – Ich muss euch zwei jetzt leider allein lassen, ein neuer Gast ist gerade eingetroffen.« Und weg war er.
Antoine Carême gab Julius einen Teller mit Petit Fours. »Du musst unbedingt mal in mein Restaurant vorbeikommen. Ich hab ein klein Geheimnis, das ich dir zeigen will.«
»Geheimnisse hab ich zurzeit genug, Antoine.«
»Du wirst begeistert sein. So ein Sache hast du hier bestimmt noch nie gesehen. Aber du darfst die Geheimnis keinen sagen. Versprochen?«
»Du kennst mich lang genug.«
Antoine klopfte ihm auf die Schulter und kümmerte sich wieder um die Bewirtung. Julius begann durch die Menge zu flanieren und viele der angebotenen Weine zu verkosten.
Er hörte Gespräche über die unglaubliche Qualität der Südpfälzer Weine, über den skandalösen Umgang mit einem der angesehensten und talentiertesten deutschen Kellermeister in einem Haardter Weingut und viele über die unumgängliche und längst überfällige längere Lagerung von hiesigen Rotweinen in Barriques, welche die Ahrweine haltbarer und international konkurrenzfähiger machen würde.
»In einem so kleinen Tal kann man viel erreichen, wenn man zusammenhält«, hörte er Herold sagen.
Schließlich kam er in den Fasskeller, der ebenfalls von hunderten kleiner Teelichter erleuchtet war. Die Kühle hier schien niemanden zu stören. Fröhlich wurde Wein aus einem großen Glasballon gezapft. In einer Ecke standen Herolds Kollegen aus der »Gemeinschaft deutscher Spitzenweingüter« hinter ihren Weinständen. Und ein Winzer, den Julius hier nicht erwartet hatte: Gerard Depardieu. Oder zumindest sein Eifeler Double Paul Ninnat. Der hünenhafte Winzer war fraglos eine der imposantesten Gestalten des Tals. So kräftig wie er waren auch seine Weine. Was er an starken Knochen in sich hatte, waren bei jenen die Gerbstoffe. Ninnat war dafür bekannt, dass er keine Kompromisse einging. Er wollte in die GDS , aber wollte sich nicht verbiegen. Entweder auf seine Art oder auf keine. Herold hatte mit dieser Einladung wohl die Friedenspfeife gereicht. Julius nahm einen von Ninnats beeindruckenden Weinen und ging die Treppe wieder hinauf und hinaus in den kleinen Vorgarten des Weingutes. Er wollte den Mond sehen, der wie eine reife Orange am Sternenhimmel über dem Mönchsberg hing. Es wirkte, als müsse ihn nur jemand anstupsen, und er käme bis ins Weingut Porzermühle gekugelt. Julius trank den Burgunder in seinem Glas, bewunderte die reife Frucht, die feinkörnigen Tannine, den langen Abgang und war sich mit einem Mal sicher, dass eine solche Probe etwas Feines war. Ob der Wein wirklich besser schmeckte, konnte er nicht sagen, aber mit diesem Ausblick bildete er ein unschlagbares Team.
»Schön, nicht? Wie bestellt.« August Herold war zu ihm gekommen. Er stieß mit ihm an.
»Kann ich dich was fragen, August?«
»Ich hab leider keinen Wein mehr, den ich dir noch verkaufen könnte.«
»Es geht um die Weinbruderschaft.«
»Lass uns doch heute Abend nur über die wichtigen Sachen im Leben reden. Wein zum Beispiel.«
Die Weinbruderschaft des Ahrtals zählte allerdings zu den wichtigen Sachen im Leben. Julius hatte lernen müssen, dass sie mehr war als nur ein Verein. Die Bruderschaft zog im Hintergrund die Strippen, sie bestimmte, wohin die Reise ging. Julius war zwar Mitglied, aber nur der innerste Zirkel wusste wirklich alles. Herold war drin.
»Was wisst ihr über den Mord im Rosengarten?«
»Ach, Julius. Meinst du wieder, wir …?«
»Sag mir einfach, was ich meinen soll.«
»Das
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