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Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Titel: Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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und den dicken, gefütterten Handschuhen schwitzte er wie in einer Sauna. Trotzdem machte es ihm Spaß, an der frischen Luft und nicht in der heißen Küche zu arbeiten. Der Bürgersteig wurde immer freier, die Chancen immer geringer, dass hier jemand ausrutschte. Zu Beginn hatte Julius wahllos geschaufelt, mal eine Bahn gezogen, mal einfach nur etwas zur Seite gedrückt. Aber das Muster auf dem Bürgersteig war chaotisch gewesen und hatte seinem ästhetischen Gefühl widersprochen. Mit anderen Worten: Es war unordentlich.
    Jetzt zog Julius lange Bahnen, penibelst darauf bedacht, gerade Schlieren zu hinterlassen. Er hatte sogar begonnen, die alten Schleifspuren zu überarbeiten, um eine gleichmäßige Schraffur zu erlangen. Sein Werk glich den Kondenswolken einer Gruppe Kunstflieger.
    Julius stützte sich stolz auf die Schippe. Jetzt musste er nur noch gleichmäßig Streusalz darauf verteilen, am besten in rechtwinklig kreuzenden Linien.
    Plötzlich krachte ein Fellbüschel durch das am Rand angehäufte Schneegebirge, weiß gefrorenes Pulver in Kaskaden auf dem säuberlich frei gekratzten Weg verteilend. Es rappelte sich, leckte kurz eine Hinterpfote, blickte sich furchtsam um und rannte an Julius vorbei auf die gegenüberliegende Straßenseite. Erst als sich der Schnee beim Laufen von der Katze gelöst hatte, konnte Julius das Haustier seines neuen Nachbarn erkennen: Loreley. Sekundenbruchteile später erkannte Julius, dass die schmächtige Katze nur geringe Verwüstungen in seinem weißen Kunstwerk angerichtet hatte.
    Der befellte Supergau folgte nun.
    Herr Bimmel brach durch die Schneedüne. Er blieb nicht stehen. Er leckte sich nicht die Hinterpfote. Er schaute sich nicht furchtsam um. Er rannte einfach weiter, einen gehörigen Batzen Schnee mit sich reißend, schlitterte auf dem glatten Boden, donnerte in den Schnee auf der anderen Seite und rannte weiter, als wäre nichts gewesen. Wie ein Stier in der Arena kannte er nur ein Ziel. Loreley. Und tatsächlich schaffte es der kugelige Rambo, sein Opfer zu stellen, über es herzufallen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Loreley war stehen geblieben, und Herr Bimmel hatte nicht mehr genug Zeit zum Stoppen gehabt. Jetzt rollten sie übereinander, bissen sich dabei in Nacken und Ohren, bis Loreley wieder losrannte und an einem verdutzten Spaziergänger vorbeiraste.
    Rolf Sonner.
    Herr Bimmel riss ihn beinahe um, als er dem Objekt seiner Begierde hinterhersprintete.
    »Sollte man alle kastrieren!«, brüllte Rolf Sonner und ging auf Julius zu. »Haben Sie diesen fetten schwarz-weißen Kater gesehen? Dem Besitzer sollte man mal ordentlich die Meinung sagen!«
    Julius rührte sich nicht. Er lächelte nur freundlich. »Machen Sie das. Der Besitzer steht vor Ihnen.«
    Sonner hob die Augenbrauen. »Dann handeln Sie, Herr Eichendorff. Sie tun sich und dem Tier keinen Gefallen.«
    »Ich glaube, es gefällt ihm eigentlich ganz gut so, wie es ist.«
    »Es ist nur eine Katze. Und davon gibt es mehr als genug. Das Essen gestern Abend bei Ihnen hat mir übrigens gut gefallen.«
    »Danke.« Julius schabte mit der Schaufel den Schnee vom Bürgersteig, den die beiden Katzen dort während ihrer Verfolgungsjagd verteilt hatten.
    »Wobei ich die Idee mit der Mikrowelle doch ein wenig fehl am Platze fand. Experimentierfreude gut und schön, aber wenn ich Mikrowellenfraß will, dann kann ich auch gleich zu Hause essen.«
    »Sie bekommen zu Hause Mikrowellenfraß? Das tut mir Leid für Sie.«
    Julius wartete auf die Explosion – aber nichts passierte. Sonner schien die Beleidigung nicht wahrzunehmen, sie drang nicht zu ihm durch, so wenig wie Wasser durch eine Öljacke.
    »Manchmal hat man halt nicht die Zeit, richtig zu kochen. Seltsam, dass wir beide uns noch nie getroffen haben, wo wir doch relativ nah beieinander wohnen.«
    »Es sollte einfach nicht sein.«
    Sonner blickte verächtlich auf den Bürgersteig. »Sie müssen auf jeden Fall streuen. Den Schnee nur wegschippen reicht nicht.«
    »Danke für Ihren Rat. Ich werde gleich losfahren und Streusalz kaufen.« Julius legte allen Zynismus, den er aufbringen konnte, in die Worte.
    »Tun Sie das. Da kann schnell was passieren.«
    »Ich wette, Sie haben Ihren Bürgersteig schon längst gestreut.«
    »Ach was. Wer geht bei uns schon vorbei? Das tritt sich von allein fest.«
    »Da haben Sie bestimmt Recht. Im Westen Heppingens ist spazieren gehen ja nicht en vogue.«
    »So ist es. – Wen haben Sie übrigens im Verdacht?«
    »Wie meinen Sie?«

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