Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Das bisher so unerfreuliche Gespräch schien eine erfreuliche Wendung zu machen.
»Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind, Herr Eichendorff. Als würden Sie sich nicht Ihre Gedanken machen. Ich kenne die Geschichten über Sie!«
Vielleicht ließen sich aus Sonner Informationen herauskitzeln? Julius beschloss, ihn an seiner empfindlichsten Stelle zu reizen – der Eitelkeit. »Mich würde viel mehr interessieren, was Sie denken. Sie kennen die Gruppe doch viel besser als jeder andere.«
Sonner lächelte wie eine Hyäne. »Das ist wohl wahr, ja, das kann man so sagen. Leider habe ich keinen gesehen, der sich von der Gruppe abgesondert hat. Ich meine, wir waren über dreißig, da kann schnell mal einer um die Ecke biegen, ohne dass es bemerkt wird.«
»Da haben Sie vollkommen Recht.«
»Deshalb habe ich mich gefragt, wer ein Motiv haben könnte. Und da fiel mir direkt unser junger Stargolfer ein. Der ach so harmlose, ach so freundliche Steve Reifferscheidt. Der Einzige, der bei uns den Bunkerschlag mit dem Fairwayholz beherrscht. Er drängt sich geradezu auf. Wegen dieser unglaublichen Geschichte. – Sie wissen doch, wovon ich rede?«
»Nein. Aber Sie werden mich hoffentlich nicht dumm sterben lassen.«
Sonner lachte. Plötzlich bog ein Wagen in die Martinus-Straße ein und hielt so vor Julius’ Haus, dass er mit der Stoßstange den gesamten Schneewall umwarf. Auf den frisch frei geschaufelten Gehweg.
Eine Pelzkugel auf zwei Beinen stieg aus.
»Julius, dich bekommt man ja gar nicht mehr zu sehen! Könntest dich auch mal wieder bei uns blicken lassen. Die Annemarie hat mir erzählt, sie hätte schon mit dir geredet.« Erst jetzt bemerkte Gertrud, eine von Julius’ unzähligen Kusinen, Rolf Sonner. Sie schüttelte ihm übertrieben kraftvoll die Hand, flankiert von ihrem Mann Willi, der sich mittlerweile aus dem Auto geschält hatte und wie immer stumm blieb, wenn kein Alkohol die Aktivierungsenergie bereitstellte. Sonner war die ganze Situation merklich unangenehm. Gertrud wandte sich wieder an Julius.
»Sie haben ein Namenbuch gekauft!« Sie sagte dies, als läge alles Unheil der Erde darin, und sprach mit einer Abscheu, die früher Pestkranken vorbehalten war.
»Können wir später darüber reden?«
»Da haben sie jetzt zwei schreckliche Namen draus genommen! Traudchen und Jupp sind am Ende mit ihren Nerven. So haben sie sich ihre Großelternschaft nicht vorgestellt.«
Sonner blickte auf seine Max-Bill-Uhr.
»Gertrud, wollt ihr zwei nicht schon mal zu mir reingehen? Ich komm dann gleich nach, wenn ich hier fertig bin, und wir trinken schön einen Kaffee zusammen?«
» Janpeter und Eliette !«
Willi grunzte.
»Ich bin dann weg«, sagte Sonner.
»Zusammengeschrieben! Ein Name, Janpeter!«
»Das Kind wird eine lustige Kindheit haben«, sagte Julius, dem mittlerweile durch die fehlende Bewegung kalt wurde.
»Wie ist denn der Nachname?«, fragte Sonner plötzlich.
Gertrud sah den Fremden mit großen Augen an. Damit, dass er sie ansprach, hatte sie offensichtlich nicht gerechnet. Eingeschüchtert erwiderte sie »Burbach«.
»Das ist keine gute Idee. Jan allein wäre viel besser. Die Regel heißt: Lange Nachnamen kurze Vornamen, kurze Nachnamen lange Vornamen.« Stille. »Mit Eliette verhält es sich natürlich ebenso – ganz abgesehen davon, dass keiner der Vokale des Nachnamens darin vorkommt. Viel zu kunterbunt, was für verantwortungslose Eltern.«
Gertrud lächelte. Gequält. »Ja, Julius, ich muss dann auch schon wieder weg. Du redest dann mal mit Anke, ja?« und zu Sonner gewandt: »War nett, Sie kennen gelernt zu haben.«
Willi grunzte zum Abschied noch einmal. Es konnte auch ein Wort gewesen sein.
Verblüfft blieben Julius, Sonner und die Schneeschaufel zurück, als der Wagen um die Ecke bog.
»Ich wollte meinen Sohn immer Silko nennen. Silko Sonner. Alliterationen sind eine der feinsten Spielformen der Sprache.«
Julius war eisig. Außerdem wollte er noch mal alles sauber schaufeln, und zwar schnell. Der Weg sollte endlich ordentlich sein. »Was war denn nun mit Steve Reifferscheidt?«
»Ganz schön neugierig, der Herr Eichendorff! Aber gut. Reifferscheidt hatte was mit Grads Tochter Barbara – übrigens ein schöner Name. Aber die Tochter hält nicht ganz, was der Name verspricht. Grad hatte etwas gegen die Verbindung, weil Reifferscheidt Maurer ist, und Grad meinte, Maurer seien nicht gut genug für sein Töchterlein. Irgendwann hat der Maurer sie dann wohl sehr«, Sonner
Weitere Kostenlose Bücher