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Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi

Titel: Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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den nahen Bäumen, unter dem Eis fließend das leise glucksende Wasser.
    Der Schatten blieb stehen.
    Er zog die Skihaube ab.
    Volker Vollrad.
    Julius hatte Recht gehabt.
    Ein bitterer Triumph.
    »Ich hatte Sie von Anfang an in Verdacht.«
    »Ach was! Sie konnten mich von Anfang an nicht leiden, aber im Verdacht hatten Sie mich nicht. Wieso auch? Was hatte ich schon mit Grad zu tun?«
    »Er hat Sie beim Golfen gedemütigt.«
    »Iwo. Ich hab ihm seinen Spaß gelassen, wollte sein Vertrauen gewinnen. Der Alte konnte mich genauso wenig leiden wie ich ihn. Ein verlogener alter Sack war das. Es war nicht schade um ihn.«
    »Wie haben Sie es geschafft? Das mit der Tür?« Julius balancierte, die Eisdecke schwankte.
    »Ah! Sind wir an diesem Teil angekommen? Der Bösewicht erzählt James Bond stolz seinen genialen Plan, erst danach will er ihn umbringen, doch dazu kommt es nicht?«
    Vollrad bückte sich und hob einen Eisblock vom Ufer, der sich dort abgelagert hatte. Es war einer von vielen. Er warf ihn auf Julius. Der schwere Brocken schlug nur einen Meter neben ihm ein, die Oberfläche des Eises vibrierte. Ein Katschen war zu sehen, davon ausgehend ein Geflecht aus Rissen, wie das riesige Netz einer Spinne. Es knirschte. Julius wollte fliehen, wollte weg, wieder rennen. Aber eine falsche Bewegung, und das Eis würde brechen. Er konnte nur warten, bis Hilfe kam.
    Wenn sie überhaupt kam.
    »Das ist doch viel eleganter als mit einer Waffe. Die Perkussionspistole, mit der ich Grad erledigt habe, ist übrigens längst im Rhein bei Remagen, die findet keiner.« Er warf den nächsten Brocken. Diesmal traf er Julius, der zusammenbrach. Das scharfe Eis hatte ihm den Oberschenkel aufgeschnitten. Durch die Hose. Der Schmerz war wie eine Verbrennung, nur ging er tiefer, fast bis auf den Knochen.
    »Tut’s weh?«
    Julius stöhnte auf.
    »Gut. So soll es sein. Was Ihre Bitte angeht. Es gehört sich wohl so. Man soll den Todgeweihten einen letzten Wunsch erfüllen. Oder wollen Sie lieber eine Zigarette?«
    Er erntete nur weitere unterdrückte Schmerzensschreie.
    »Nein? Gut, dann sollen Sie die Schlussansprache erhalten. Irgendwie gefällt mir das auch. Sie sind schließlich mein letztes Opfer, das sollte ich würdig begehen. Also, wie habe ich das mit Grad gemacht? Indem ich es überhaupt nicht gemacht habe. Ist das nicht witzig? Kommen Sie schon, lachen Sie! Oder soll ich schon den nächsten Brocken werfen. Den letzten?«
    Julius quetschte ein Lachen heraus. Versuchte dann, gleichmäßig zu atmen und den Schmerz zu verdrängen. Die Kälte des Bodens kroch durch die Kleidung. Wenn er die Wunde ans Eis bekam, würde es ihm Linderung verschaffen …
    »Schön, geht doch. Grad und ich hatten den Tresor geöffnet und die Monstranz rausgeholt. Es war eine Monstranz drin, falls Sie das noch nicht wissen. Ein sehr beeindruckendes Ding. Die römisch-katholische Kirche war immer gut in PR -Sachen, bevor irgendeiner wusste, was das überhaupt war. Alles lief nach Plan. Ich hielt die Monstranz, er verschloss den Tresor. Dann zog ich mein schönes Familienerbstück und erschoss ihn. Schon was Praktisches, so eine Waffe, die nirgends registriert ist. Dann ging ich durch die verschlossene Tür.«
    Vollrad ließ die Worte stehen, ließ sie wirken. Er freute sich selbst an seiner Show, zeigte ein blitzendes Lächeln. »Nein, so war es nicht – wollen Sie es wirklich wissen?«
    »Ja.«
    »Es wird Sie enttäuschen.«
    »Mit Enttäuschungen habe ich gelernt zu leben.«
    »Sie haben es so gewollt. Hier meine Beichte: Ich bin nie durch eine geschlossene Tür gegangen.« Julius hörte das Eis unter sich knacken. »Ich kann nicht zaubern, es war noch nicht einmal ein Trick. Es war Zufall.«
    »Sie sind zufällig durch eine geschlossene Tür gegangen?«, quetschte Julius hervor. »Das muss ich auch mal probieren.«
    »Sehr witzig. Sie verlieren nie Ihren Humor, das gefällt mir. Nein, ich bin durch eine offene Tür gegangen.«
    »Wer hat sie dann von innen verschlossen?«
    »Da hat’s aber einer eilig.« Vollrad hob einen weiteren Eisblock empor und warf ihn einige Meter vor Julius aufs Eis. Er brach durch. »Ich beeil mich ja schon. Nachdem wir die Monstranz aus dem Tresor geholt hatten, zog ich die Waffe, bedrohte den alten Grad, nahm mir das gute Stück und ging rückwärts zur Tür hinaus. Dann spannte ich den Abzug. Wie ein Irrer rannte Grad auf mich zu. Ganz schön flink, der Alte. Er wollte die Tür zuschlagen, damit ich ihn nicht treffen konnte.

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