Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
seinem Leben noch mal ein Abenteuer. Wir sind quitt. Bäder war genauso eine traurige Existenz, ausgelaugt, verbittert. Sie sollte mir danken. Keine Skrupel, wirklich nicht. Sonner hätte vielleicht noch ein paar schöne Jahre gehabt, vor allem jetzt als Präsident, ein Amt, das ich selbstverständlich gern übernehmen werde. Aber er war ein klassischer Intrigant, verlogen, ein Abzocker. Kein Wunder, in seinem Beruf. Immobilienmakler. Davon hat die Welt mehr als genug. Sie sind eigentlich der Erste, bei dem es mir ein bisschen Leid tut. Nicht sehr, aber ein bisschen. Ihr Essen ist wirklich prima, Sie haben eine nette Katze.«
»Kater.«
»Soll mir recht sein. Aber Sie sind eben zu neugierig. Das ist ungesund, so was bestraft die Natur.« Der nächste Eisblock fand sich in seinen Händen. Diesmal warf er ihn nicht, er ließ ihn wie beim Curling auf Julius zuschliddern, das Gewicht auf der Eisscholle erhöhend.
»Sie haben sich das alles prima zurechtgelegt. Schuldgefühle überflüssig.«
»So ist es. Dafür hab ich keine Zeit. Mir steht wieder alles offen. Ich hab keine Schulden mehr von dieser Kunststoffkorkengeschichte. Und nicht nur das, ich hab trotz Schuldentilgung mehr als genug Geld vom Verkauf der Monstranz übrig. Mir geht’s prima. Besser als jemals zuvor.« Er strahlte. »Der Tod ist doch eh nur der Übertritt in eine neue Form der Existenz. Ich lasse Ihnen einfach den Vortritt.«
Der nächste Brocken flog. Diesmal traf er Julius’ Schulter. Das warme Blut lief über den unterkühlten Arm bis hinunter zur Hand, bevor es auf den gefrorenen Fluss tropfte. Julius merkte, wie sein Kreislauf zusammenbrach. Von allen Seiten kam Schwärze. Er griff in den Schnee und schob ihn sich in den Mund. Das tat gut. Die Welt kam zurück.
Vollrad sah ihn belustigt an. »Eine letzte Frage hätte ich noch an Sie. Wie sind Sie auf mich gekommen?«
Das Eis hatte das Bein heruntergekühlt. Julius legte sich auf die Scholle, um auch den Arm zu betäuben. Er fand seinen Atem wieder. Und seine Wut. »Mein Verdacht erhärtete sich, als ich die Buchstaben im Weinberg sah. Das hatte einer mit Sinn für Plakatives gemacht. Sie als Marketingchef kamen mir da direkt in den Sinn. Keiner der anderen, außer vielleicht Stefan Dopen, und der war schon aus dem Rennen, hätte so etwas Aufwendiges veranstaltet. Das war ganz klar Ihre Handschrift.«
»Es war also nicht mehr als ein Tipp. Irgendwie bin ich enttäuscht, andererseits aber erleichtert.«
»Das Entscheidende kam später. Vor kurzem.« Es war nur wenige Minuten her, dachte Julius. Minuten, in denen so viel passiert, so viel falsch gelaufen war. »Es dauert etwas länger, ich hoffe, das stört Sie nicht?«
» Mir bleibt noch viel Zeit.« Vollrad zündete sich eine Zigarette an. »Die tut jetzt so richtig gut. Sie wollten ja keine.«
»Das ist ungesund und kann zum Tod führen.«
Vollrad lachte. »Respekt. Sie blicken dem Tod gelassen ins Auge.«
Ich habe Übung darin, dachte Julius. Und: Jede Sekunde, die ich Vollrad hinhalte, vergrößert die Chancen, dass mir irgendetwas einfällt. »Ich habe neue Menükarten erstellt. Verschiedene Designs ausprobiert, Gänge aufgeschrieben. Zugleich habe ich aber auch alles notiert, was ich über die Morde wusste. Unter anderem den Tresorcode.«
»Das ist nicht wahr ! So sind Sie auf mich gekommen! Das ist ja Wahnsinn! Das hätte ich nie im Leben erwartet!« Vollrad klatschte Beifall, die rauchende Zigarette in der Hand haltend.
»Sie hatten mir Ihren vollen Namen genannt, als Sie die Rechnung für die Präsentation bezahlten. Volker Isidor Vollrad. So einen Namen vergisst man nicht.«
»Ich kann’s nicht fassen.« Vollrad schüttelte anerkennend den Kopf.
»Durch Zufall«, Julius verschwieg – an seinen guten Ruf als ordnungsliebender Mensch denkend – die genauen Ursachen, »lag plötzlich das Blatt mit Ihrem Namen und dem Tresorcode neben einem, auf das ich in römischen Ziffern die Gänge geschrieben hatte.«
»Und da hat es ›zing‹ gemacht!«
»Volker Isidor Vollrad. Abgekürzt VIV, die römischen Ziffern für die Zahlenkombination 515, also genau die drei Ziffern, die nicht von Klaus Grad stammten.«
»Damit hätten Sie mich natürlich niemals überführen können.«
»Wie kam es zu den drei Zahlen?«
»Das ist eine witzige Geschichte. Also gut, danach ist aber Schluss.« Vollrad trat gegen einen riesigen Eisbrocken, der zu seinen Füßen lag. »Mein Vater hat damals die Monstranz zusammen mit Klaus Grad in Adenau
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