Julius Lawhead 2 - Flammenmond
gegen die Spitze. Das Kleid war bei unserem Kampf zerrissen, eine Brust aus dem Dekolleté gerutscht. Judiths Augen waren von einem derart hellen Blau, dass sie fast blind wirkten. Todesangst hatte alle Farbe schwinden lassen.
»Nicht, bitte«, sagte sie leise, riss den Kopf zur Seite und bot mir ihre Kehle, aber ich konnte sie nicht begnadigen. Die Eindrücke aus der Tankstelle waren allgegenwärtig und für Mord gab es kein Pardon.
Mit zwei schnellen Schlägen senkte ich das Holz in ihr Herz. Ihr Körper zitterte wie unter Strom. Es dauerte ewig, und Judith starrte mich die ganze Zeit über an. Ihr Mund öffnete und schloss sich ohne einen Schrei.
Mein Körper badete in dem entweichenden Leben. Ich fühlte sogar dann einen kleinen Rausch, wenn ich nicht das Blut der Sterbenden trank, stellte ich mit Erstaunen fest. Das war neu.
Außer bei der Hinrichtung Eliza Laszras hatte ich nicht mehr getötet, seitdem ich Meister geworden war, und in Phoenix war ich womöglich zu sehr mit meinen Sorgen um Amber beschäftigt gewesen, um es zu spüren.
War das Teil meiner neuen Fähigkeiten?
Der Rausch ließ mich mit einem warmen Gefühl und betäubten Sinnen zurück. Schließlich bemerkte ich Cloud, die mich noch immer wie versteinert beobachtete. Ich schluckte das letzte Wohlgefühl hinunter und schämte mich, weil sie Zeuge dessen geworden war. »Bist du verletzt?«
Cloud schüttelte den Kopf und trat langsam von der Wand weg.
Sie hinkte ein wenig, aber Blut war nicht zu erkennen. Plötzlich weiteten sich ihre Augen erschrocken. »Vorsicht!«
Ich schnellte herum und konnte mich nicht mehr rechtzeitig unter dem Messer hinwegducken. Es bohrte sich in meine Rippen. Der unerwartete Schmerz riss mich zur Seite. Judiths Dienerin rannte vorbei und flüchtete zur Tür hinaus.
Einen Fluch auf den Lippen, sprang ich auf und stürzte hinterher. Sie kam nicht weit. Schon im Hof holte ich Melanie ein, schleuderte sie zu Boden und drehte sie auf den Rücken. Sie schlug nach mir.
»Mörder, Mörder!«, schrie Melanie und weinte.
Judith und sie waren lange verbunden gewesen und die gebrochenen Siegel in ihr wie offene Wunden. Sie verlor ihre Kraft, die Magie floss einfach davon.
Ich wehrte ihre Schläge ab und wurde mit seltsamer Genugtuung gewahr, wie sie an Kampfeswillen verlor. »Du gehst mit deiner Herrin.« Das Todesurteil galt auch für sie.
Wann der Verlust der Vampirin sie schlussendlich umbringen würde, sollte sie nicht herausfinden. Ich drückte ihre Handgelenke in den Staub und starrte auf sie hinab. Bilder aus Brandons Erinnerungen überwältigten mich. Sein Schmerz und immer wieder ihr Gesicht.
»Töte mich, töte mich doch!«, brüllte sie.
Ich wollte, dass sie Angst hatte, und senkte meinen Kopf langsam. Zentimeter für Zentimeter. Melanies Kopf ruckte von einer Seite zur anderen. Ich packte den hohen Kragen ihrer altmodischen Seidenbluse mit den Zähnen und riss ihn auseinander. Sie schluckte panisch. Bitterer, köstlicher Angst geruch stieg aus ihrer Haut. Als Melanie für den nächsten Schrei Luft holte, biss ich zu, bohrte meine Zähne in die Ader und trennte sie durch. Melanie stellte ihre Gegenwehr ein.
Das Blut pulsierte aus der großen Wunde und versickerte im Boden. Ich trank einige Schluck.
Als Schritte im Sand knirschten, löste ich mich von Melanies Kehle und sah auf.
Brandon erreichte nackt und verschwitzt den Vorplatz. Takoda Red Deer kam gleich hinter ihm den Pfad hinuntergelaufen und blieb bei meinem Anblick entsetzt stehen.
Mein Gesicht war blutverschmiert. Blut tropfte von meinem Kinn und lief meinen Hals hinunter. Unter mir zuckte Melanie im Todeskampf und stöhnte leise.
»Was ist hier geschehen?«, fragte er atemlos.
»Sie sind angegriffen worden«, antwortete Brandon für mich, dann entdeckte er Christina und war im nächsten Augenblick bei ihr.
»Cloud!«
Als der alte Schamane den Namen seiner Tochter schrie, wankte sie aus dem Haus. »Papa, ich bin okay. Julius hat uns gerettet.«
Red Deer war sofort bei ihr und drückte sie an sich.
Brandon hob Christina hoch und trug sie zu mir. »Vergeude das Blut bitte nicht«, sagte er leise. In Melanie war noch immer Leben. Ich überließ ihm die Sterbende und er half Chris zu ihrer Kehle.
Unter dem entsetzten Blick von Cloud und Red Deer stand ich auf und zog mir langsam die Klinge aus den Rippen.
»Alle werden wieder gesund«, keuchte ich und fühlte bereits, wie auch Amber wieder zu sich kam.
»Vielen Dank, ohne dich wären wir
Weitere Kostenlose Bücher