Julius Lawhead 2 - Flammenmond
zurückzusehen. Plötzlich zuckte ein scharfer Schmerz durch meine Schulter. Ich riss den Arm hoch. Aber da war kein Blut, es war auch nicht mein Schmerz. Jemand hatte Christina angeschossen!
Meine Füße hämmerten durch den Sand, ich nahm Abkürzungen, schlug mich durch die Büsche, rutschte den Steilhang hinunter, den wir in Serpentinen hinaufgestiegen waren, aber wie schnell ich auch lief, ich war zu spät.
Als endlich das Haus von Red Deer vor mir auftauchte, kam ich schlitternd zum Halten und versteckte mich hinter einem der ausgeschlachteten Fahrzeuge, dann sah ich sie. Christina lag auf dem Vorplatz. Sie regte sich nicht, doch ich fühlte nun deutlich, dass die Kugel das Herz verfehlt hatte.
Chris war also außer Gefahr, aber wo waren die Angreifer? Ich konnte niemanden ausmachen. Die Tür zur Hütte stand offen, und es brannte Licht, auch der Airstream war geöffnet.
»Es ist Judith« , vernahm ich Christinas Gedanken. »Sie haben Amber und Cloud. Im Haus.«
»Wer noch, Chris?«
»Ihre Dienerin.«
Ich lief zum Haus. In diesem Moment erklang ein spitzer Schrei, Geschirr zerbrach. Ich schlüpfte durch die Siegel in Ambers Körper und entdeckte Judith. Sie stellte Cloud nach. Die Indianerin trug nichts als ein Nachthemd am Leib und hielt ein großes Küchenmesser in der Hand.
Judith spielte mit ihr. Sie hätte ihr Opfer jederzeit anspringen und töten können. Stattdessen fauchte sie wie eine Wildkatze und schlug mit der Hand nach dem Messer. Die Klinge schnitt ihr ins Fleisch und Judith lachte nur und leckte sich die blutenden Finger. Sie wollte Cloud einen Alptraum bereiten, bevor sie sie tötete, und dem Gesicht der Indianerin nach zu schließen, war sie bereits mittendrin.
»Judith will Coe rächen!« , flüsterte Amber in meinem Kopf.
Jetzt spürte ich auch den Lauf der Waffe, der gegen ihre Schläfe gepresst wurde. Das war schlecht. Wie sollte ich schnell genug im Haus sein, um zu verhindern, dass die Dienerin die Waffe abfeuerte? Wie Judith gleichzeitig davon abhalten, Amber anzugreifen?
Ich konnte nur auf meine Chance warten und die kam schneller als gedacht. Cloud gab es auf, Judith mit dem Messer abzuwehren, und flüchtete mit einem Aufschrei ins Wohnzimmer. Sie wollte aus der Haustür fliehen, aber natürlich war sie viel zu langsam. Judith war längst an der Tür, als die dicke Cloud diese erreichte. Die Dienerin stand noch immer mit Amber in der Küche.
Jetzt! Wenige Schritte zum Haus, ein Sprung, und ich brach durch das Fenster. Glas explodierte in einem Scherbenregen. Ich prallte mit Melanie zusammen und riss Amber mit. Wir stürzten zu Boden. Meine Rechte um Melanies Hand gepresst, schlug ich den Knöchel der Frau mehrfach auf den Steinboden. Ihr Griff um die Pistole löste sich, die Waffe rutschte unter den Herd. Dann war Judith auch schon bei uns. Sie kreischte wie ein ganzes Rudel Dämonen und riss mich an der Kleidung von ihrer Dienerin herunter.
Mit einem Satz war ich auf den Beinen und blieb geduckt stehen. Judiths Angriff folgte sofort. Faustschläge und Bisse. Sie raste wie eine Furie und ihre Schreie waren ohrenbetäubend.
Faustschlag um Faustschlag, Tritt um Tritt trieb ich sie aus der Küche und hinein ins Wohnzimmer. Fort von Amber.
Aber Judith ließ sich weder durch meine Schläge einschüchtern, noch konnte ich sie festhalten. Trotz ihres langen Kleides war sie beweglich und glitschig wie ein Fisch.
Mein Gesicht und meine Arme brannten bald von den Kratzern ihrer spitzen Fingernägel. Sie wirbelte wie ein Derwisch um mich herum. Schließlich rief ich meine Magie herauf und schleuderte sie ihr entgegen. Ihre Schilde waren schwach, zerbrachen mit einem hellen, gläsernen Klirren. Ich traf ihr Herz.
Judith kreischte und presste eine Hand auf die Brust. Mein nächster Tritt riss sie von den Beinen. In einer Wolke aus Rüschen knallte sie auf den Boden.
Plötzlich nahm ich eine Bewegung aus der Küche wahr. Amber lag noch immer neben der Tür und war ohnmächtig, aber Melanie angelte nach einem Messer!
»Nein!« Ich rannte zurück.
Judith war fast genauso schnell wieder auf den Beinen und sprang mir auf den Rücken. Sie umklammerte mich mit Armen und Beinen und versuchte, mir in den Hals zu beißen. Ich riss den Kopf nach hinten, krachte mit ihrem Schädel zusammen und hörte ihre Nase brechen. Sie schrie, frischer Blutduft tränkte die Luft, aber sie ließ nicht los.
Mit Judith auf meinem Rücken lief ich die letzten Schritte. Die Dienerin beugte sich gerade über
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