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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wurde. »Hallo, Schatz«, sagte Schulz. »Ahm, ich wollte mich mal melden...«
»Laß mich raten«, unterbrach sie ihn schnell, sie wußte, was er ihr sagen würde. »Es wird später? Hab ich recht?« Pause, nur ihr schweres Atmen. »Was ist schon wieder los?« Ihre Enttäuschung klang echt, und er konnte es ihr nicht einmal verübeln. »Tut mir leid, Schatz, aber es wird wieder ein Mädchen vermißt. Das hat leider Priorität. Es könnte also sein, könnte wohlgemerkt, daß es etwas später wird.« »Nun, es tut mir auch leid«, sagte sie. »Dann verschieben wir es eben auf ein andermal.« »Wirst du dasein, wenn ich komme?« »Bis später«, sagte sie, ohne seine Frage zu beantworten, und legte auf.
Schulz hielt den Hörer in der Hand, starrte ihn an. »Dieser verdammte Beruf!« sagte er mit ohnmächtiger Wut und ballte die Fäuste. »Dieser gottverdammte Scheißberuf! Sie hätte sich vielleicht doch besser einen andern Mann nehmen sollen. Einen mit einer geregelten Arbeitszeit.«
»Ich kann dich verstehen...«
Schulz beugte sich nach vorn, zischte Berger wütend ins Gesicht: »Gar nichts kannst du, hörst du, gar nichts kannst du verstehen! Du hast doch überhaupt keinen Schimmer, was wirklich los ist! Also, halt dich mit deinen Kommentaren da raus!« Die Kommissarin schaute von Berger zu Schulz und beobachtete die beiden Männer. Was sie bisher nur vom Hörensagen kannte, stimmte wohl, Schulz hatte große Probleme mit seiner Familie. Ob das mit Berger stimmte, würde sich noch herausstellen, es hieß, er sei zu einem Zyniker verkommen, seit seine Frau und sein Sohn bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen waren. Berger antwortete nichts, nahm, als wäre nichts geschehen, die Akten der beiden ermordeten Mädchen vom Ablagekorb, reichte sie Julia Durant. Das erste Mal, daß sie Gelegenheit bekam, Akteneinsicht zu nehmen. Fotos lagen dabei, der jeweilige Bericht der Gerichtsmedizin, die Berichte der Spurensicherung. Sie überflog die Seiten, hatte jetzt aber nicht die Ruhe, alle Details zu studieren. Sie rauchte eine weitere Gauloise, trank einen Kaffee. Am Rand hatte Berger handschriftlich vermerkt, daß laut Gerichtsmedizin der Täter zumindest über anatomische Grundkenntnisse verfügen mußte, wobei allerdings auch ein Metzger in Betracht kommen konnte. Carola Preusse, das erste Opfer, hatte laut Gerichtsmedizin noch bis zu einer halben Stunde nach den Stichen gelebt, bis sie schließlich verblutet war. Seltsamerweise fehlte in ihrem Fall das Sperma. Weder auf der Kleidung noch in der Vagina, noch am Rektum, noch im direkten Umkreis des Fundortes hatte man Spermaspuren gefunden.
»Wenn ich mir die wahnsinnigen Schmerzen vorstelle, die das Mädchen gehabt haben muß! Wenn ich dieses Miststück zu fassen kriege!« stieß Julia Durant hervor und ballte die Fäuste.
»Was dann?« fragte Berger, zog die Stirn in Falten und schaute auf. Es war nicht gut, Gefühle zu zeigen, das hatte jeder von ihnen in zahlreichen psychologischen Seminaren gelernt. Bergers Blick drückte genau das aus: »keine Gefühle«.
»Tja, was dann? Das ist ja das Schlimme, wir können gar nichts machen. Nicht mal eine runterhauen dürfen wir ihm! Wir dürfen ihn vernehmen, wir dürfen unsere Stim 34 me ein klein wenig anheben, aber nicht einmal richtig anschreien dürfen wir ihn! Wie hat mein Großvater früher einmal so schön gesagt - breitbeinig über den Stacheldrahtzaun ziehen sollte man eine solche Drecksau!« »Also sind Sie auch für die Todesstrafe?« mischte sich Koslowski ein.
Die Kommissarin wandte ihren Kopf in Koslowskis Richtung, gefährlicher Blick, gefährlicher Tonfall: »Hören Sie zu, ich weiß nicht, wofür Sie sind, aber ich werde Ihnen ganz sicher nicht auf die Nase binden, was ich denke oder wofür ich bin. Und in Zukunft werden Sie nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage legen! Es kann nämlich sein, daß wir noch eine ganze Weile miteinander zu tun haben werden.«

Freitag, 16.30 Uhr
    Seit fünf Stunden wurde der Wald um das Oberforsthaus Zentimeter für Zentimeter abgesucht. Polizisten mit Stöcken, Hundeführer mit ihren Hunden hatten sich Stück für Stück durch das Dickicht gearbeitet, durch Laub, durch Unterholz, kein Fleckchen wurde ausgelassen. Sie lag in einer Röhre, notdürftig mit Laub bedeckt. Ungefähr sechshundert Meter von der Bushaltestelle entfernt, knapp dreißig Meter abseits eines Waldweges, an einer schwer zugänglichen Stelle. Einer der Hunde war plötzlich unruhig geworden, hatte

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