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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sagte er, griff in seine Anzugjacke und holte eine Schachtel Marlboro hervor. Zündete sich eine Zigarette an, inhalierte bis tief in die Lungenspitzen, behielt den Rauch sehr lange in sich, blies ihn durch Mund und Nase wieder aus. »Der Kerl ist krank, oder? Nur ein Kranker kann doch so was fertigbringen!« »Haben Sie die Eltern gesehen? Mein Gott, da schuften die sich ihr Leben lang die Lunge aus dem Hals, damit ihre Tochter es einmal besser hat, und dann...« »Ich denke, es wird Zeit, daß wir uns mal mit unserem Psychologen unterhalten. Wir brauchen unbedingt ein Täterprofil. Er soll sich sämtliche Fotos ansehen, die Akten durchlesen. Diese Seelenklempner wissen doch immer etwas mehr als wir. Oder zumindest tun sie so.« »In München hatte ich einmal mit einem Nekrophilen zu tun, aber der war im Vergleich zu dem hier harmlos. Er hat seine Schwester getötet und Teile von ihr gegessen. Aber bei ihm war es religiöser Wahn. Das hier ist anders. Unheimlicher. Bei irgendwem ist irgendwas gewaltig außer Kontrolle geraten. Wenn ich nur wüßte, was! Wis sen Sie, ich hatte mal einen Kollegen, der hätte jetzt gesagt, wir gehen auf das Ende der Welt zu«, sagte sie, lächelte zum ersten Mal seit mehr als zwei Stunden, steckte sich eine Gauloise an. »Er würde jetzt sagen, dies seien die Zeichen der letzten Tage. Lesen Sie die Johannesoffenbarung, hat er gesagt, dort steht all das geschrieben. Krieg, Verbrechen, Unzucht, Hurerei, Götzendienst, was es eben so alles gibt. Die Zeichen der Zeit. Die Welt wird nicht mehr lange bestehen. Nun, er war nicht lange bei uns. Er ist, soweit ich weiß, bei den Zeugen Jehovas gelandet.« »Spinner. Genau so ein Spinner wie unser junger Kollege Koslowski.«
»Wie lange sind Sie schon bei der Kripo?« fragte Julia Durant.
»Vierzehn Jahre, warum?«
»Interessiert mich nur so. Sie sind verheiratet, wie ich gehört habe. Kinder?« »Ein Sohn und eine Tochter. Und Sie?« »Ledig. Das heißt, eigentlich bin ich geschieden. Mein Mann hat es vorgezogen, die gesamte weibliche Belegschaft seiner Werbeagentur durchzubumsen, und ich war die letzte, die davon erfuhr. Als ich's schließlich erfuhr, hab ich Schluß gemacht. Und jetzt bin ich hier gelandet.« Als sie geendet hatte, ärgerte sie sich. Sie hatte Schulz etwas erzählt, das sie ihm gar nicht erzählen wollte, das ihn gar nichts anging. Es war ein Fehler von ihr, daß sie zu oft Dinge sagte, die sie hinterher bereute.

Freitag, 22.00 Uhr
    Berger und Schulz verließen gemeinsam das Präsidium. Durant blieb noch im Büro. »Hoffentlich bleibt es diese Nacht ruhig. Das Leben ist ungerecht, verdammt ungerecht, weißt du das?! Es bestraft immer die Falschen.«
»Und wen sollte es deiner Meinung nach bestrafen?« fragte Schulz mitleidlos. Er wußte, Berger würde den Tod seiner Frau und seines Sohnes nie verwinden, er war es, der sich vom Leben ungerecht behandelt und bestraft fühlte. Aber gab dies Berger das Recht, auch andere ungerecht zu behandeln?
»Schau sie dir doch an, die vom Organisierten, die Zuhälter und das Geschmeiß! Denen passiert so gut wie nie was! Aber die wirklich Unschuldigen... ich möchte im Augenblick am liebsten alles hinschmeißen!« »Hör zu, eine Frage«, sagte Schulz, blieb stehen und faßte Berger kurz am Ärmel. »Wieso hast du ihr den Fall übertragen? Ich dachte, wir wären Freunde und eine Hand wäscht die andere. Du hättest selbst die Ermittlungen übernehmen können, oder zumindest hättest du mir... Es ist noch gar nicht so lange her, da hast du mir versprochen...«
Berger unterbrach ihn mit einer Handbewegung: »Du siehst das falsch. Und außerdem habe ich dir gar nichts versprochen! Hätte ich dir den Fall übertragen sollen? Ich glaube, das wäre im Moment nicht sehr ratsam. Und du weißt selbst, warum.« »Nein, weiß ich nicht. Also, warum?«
»Soll ich dir die Gründe aufzählen? Soll ich das wirklich tun?«
»Bitte, ich warte.« »Der erste Grund ist Sabrina. Und der zweite ist Joanna. Jedermann hier weiß inzwischen, was mit ihr ist. Ich mag sie, und ich mag dich. Aber ich fürchte, bei euch zu Hause ist etwas außer Kontrolle geraten. Bring dein Zuhause in Ordnung, und dann unterhalten wir uns wieder über deine Karriere. Durant ist eine äußerst fähige Beamtin. Sie hat ausgezeichnete Referenzen vorzuweisen, und sie hat nicht nur bei der Sitte, sondern auch zwei Jahre bei der Mordkommission in München gearbeitet. Und sie hat das, was vielleicht uns beiden fehlt - sie hat einen Riecher,

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