Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
Stirnlappens (Willenskraft und Entscheidungsfähigkeit) wird gestärkt;
■die Aktivierung des Stirnlappens hilft, seine Funktion länger zu erhalten;
■es bilden sich neue Verknüpfungen;
■möglicherweise werden durch Nervenwachstumsfaktoren wie BDNF (siehe Kapitel 3 und 7) die Nervenzellen vor dem Untergang geschützt.
Vor allem könnten diese strukturierten Programme bewirken, dass das Gehirn nicht so häufig in seinen Grundzustand zurückfällt, in dem man unfokussiert eigenen Gedanken nachhängt (auch als dark energy oder default mode des Gehirns bezeichnet). Je älter, desto häufiger nimmt das Gehirn diesen Zustand ein, und diese Schonung schwächt den Stirnlappen immer mehr. Trainieren wir aber das Arbeitsgedächtnis, trainieren wir auch unsere Fähigkeit, schnell wieder vom unfokussierten in den fokussierten (aufmerksamen) Modus zu wechseln. Und dies hat in der Tat eine generell positive Wirkung auf alle kognitiven Funktionen.
Ähnlich wie in Fitnessstudios, in denen man alle Muskelgruppen trainiert, versuchen die oben beschriebenen geistigen Fitnessprogramme die Gehirnareale möglichst breit und großflächig anzusprechen. Sprich, es werden alle Fähigkeiten trainiert. Wie bereits erwähnt, tragen singuläre Hausübungen wie das Lösen von Kreuzworträtseln nicht dazu bei, die generelle Fitness des Gehirns zu steigern. Wer aber etwas tun möchte, dem empfehle ich, unter Anleitung das Meditieren zu erlernen. Gleich mehrere Studien belegen, dass regelmäßiges Meditieren vor allem das so wichtige Arbeitsgedächtnis trainiert. Man kann sogar so weit gehen zu postulieren, dass Meditationstechniken ein hohes Potenzial haben, zukünftig als kognitiv verstärkende Maßnahmen eingesetzt zu werden. Entgegen einigen Vorurteilen sind die meisten Meditationstechniken nämlich zunächst nicht relaxed-entspannend, sondern erfordern ein hohes Maß an Konzentration und an kognitiver Kontrolle. Damit stärken sie die Exekutivfunktion des Stirnlappens, der beim Meditieren eine hohe Aktivität aufweist, wie verschiedene bildgebende Untersuchungen gezeigt haben.
Und noch eine Aktivität hilft uns dabei, im Alter geistig rege zu bleiben: Tanzen. Ältere Menschen, die regelmäßig tanzen gehen, zeigen in kognitiven Tests weit überlegene Resultate im Vergleich zu Menschen, die aus der gleichen sozioökonomischen Gruppe stammen und sich hinsichtlich der Vorerkrankungen nicht unterscheiden. Egal ob Wiener Walzer, Slowfox, Tango, Jive oder Salsa, Tanzen belebt das ganze Gehirn – auch wenn viele ältere Männer, die eher zur Kategorie der Tanzmuffel gehören, dieses Ergebnis der großen Altersstudien mit wenig Begeisterung aufnehmen werden. Darüber hinaus schützt es auf eine nahezu magische Weise gegen Alzheimer.
Wissenschaftlich lässt sich das folgendermaßen begründen: Tanzen ist eine sehr sportliche Tätigkeit, die eines hohen Maßes an Koordination bedarf, meist länger als 30 Minuten betrieben wird, Ausdauer erfordert und viele Muskelgruppen aktiviert. Vor allem aber ist es eine soziale Aktivität, die den Stirnlappen in vielfacher Hinsicht trainiert: Man muss ständig soziale Signale interpretieren, sich auf die Rhythmen der Musik konzentrieren, sie in Bewegung umsetzen und dabei auch noch die Bewegungen des Partners einplanen. Dadurch müssen beim Tanzen nicht nur die eigenen Gehirnhemisphären koordiniert werden, sondern auch noch die beiden Gehirnhälften des Partners, was in der Tat wahres Gehirnjogging ist. Und wenn man es ein wenig unvoreingenommen geübt hat, macht es auch noch Spaß! Kurzum, Tanzen vereint die drei positiven Faktoren, die kognitives Altern beeinflussen: soziale Interaktion, Bewegung und Konzentrationstraining!
Daneben wirken sich laut epidemiologischen Studien die folgenden Aktivitäten generell positiv auf die Leistungsfähigkeit von alternden Gehirnen aus – einigen sind wir bereits begegnet: soziales Engagement, Musizieren, Schachspielen, künstlerische Aktivitäten, das Lernen von Fremdsprachen. Eine der besten Gehirnjogging-Maßnahmen ist im Übrigen der Umgang mit Enkelkindern bzw. Kindern: Er fordert die Konzentrationsfähigkeit, belebt das soziale Leben, weckt Lebensfreude, und darüber hinaus leistet man einen Beitrag zum Generationenvertrag.
»Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie«, hat Albert Einstein einmal bemerkt (und von einem theoretischen Physiker hätte man auch nichts anderes erwartet). Ein wachsendes Verständnis für die Mechanismen, die dem Gehirn
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