Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
Vom Netzwerk:
erlauben, ein Leben lang elastisch und plastisch zu bleiben und sich das ganze Leben hindurch immer auch wieder in Teilen zu verjüngen, wird einem dabei helfen, das geistige Leben im Alltag zu erweitern und zu bereichern und aus dem Altern einen mentalen Gewinn zu ziehen. Dies ist kein Wunschdenken, sondern fußt auf neurobiologischer Realität. Zwar gibt die biologische Ausstattung, mit der jeder Mensch zur Welt kommt, eine Bandbreite für bestimmte Alterungsprozesse vor, aber wo genau wir innerhalb dieser landen, hängt nicht zuletzt davon ab, was wir mit unserem Gehirn und uns selbst viele Jahrzehnte lang tun! Durch Übung lassen sich viele kognitive Fähigkeiten lange aufrechterhalten. Auch wenn wir das Altern des Gehirns nicht verhindern können, aufschieben können wir es.
    Stress eindämmen
    Zwar wächst das Gehirn mit seinen Aufgaben, aber wer sich heillos überlastet, sorgt auch dafür, dass die Stressreaktion des Körpers das Denken und vor allem die Gedächtnistätigkeit auf das Stärkste behindern.
    Stress entsteht immer dann, wenn man sich einer Situation ausgeliefert fühlt und meint, diese nicht mehr beeinflussen zu können. Dadurch dass der Bewegungsspielraum im Alter eher kleiner und die Abhängigkeit von anderen Menschen meist größer wird, nehmen solche Situationen zu. Hinzu kommt, dass ältere Menschen leichter ablenkbar sind: Selbst eine harmlose Begebenheit wie die, mit schwerer Einkaufstasche und auf der Suche nach der Geldbörse in einen Bus einzusteigen, hinter einem drängelnde Fahrgäste und vor einem der Fahrer, der einen fragt, wo es denn hingehen soll, kann zu einer ungeahnt starken Stressreaktion des Gehirns führen, die selbst lange nach dem Einsteigen noch wirksam sein kann. Das hängt damit zusammen, dass sich im Alter das Abschalten der Stressreaktion, schwerpunktmäßig über die lange Stressachse über das Blut mit den verschiedenen Glucocorticoiden wie dem Cortisol, langsamer geschieht. Normalerweise führt eine hohe Cortisolkonzentration im Blut dazu, dass die weitere Aktivierung der Cortisolfreisetzung im Hypothalamus beendet wird. Im Zuge des Alterungsprozesses des Hypothalamus nehmen die dafür notwendigen Rezeptoren ab, so dass jede Stressreaktion im Körper weniger effektiv beendet wird. Dies hat eine Reihe von Konsequenzen für das Gehirn: Ein dauerhaft hoher Stresshormonlevel, vor allem der Glukocorticoide, führt dazu, dass ausgerechnet im Hippocampus Nervenzellen absterben und damit die Eintrittspforte des autobiographischen und Faktengedächtnisses geschwächt wird. Außerdem behindert er die adulte Neurogenese im Hippocampus, die entscheidend ist, um neue Ereignisse zu speichern, und einen kompensatorischen Schutz für den natürlichen Alterungsprozess im Hippocampus darstellt.
    Entsprechend wichtig ist es im Alter, Stressreaktionen wo immer möglich zu vermeiden, indem man seine Handlungen darauf einstellt: Man sollte gar nicht erst versuchen, Multitasking zu betreiben, und lernen, sehr fokussiert nur die gerade notwendige Aktivität zu verfolgen und dabei alles andere weitgehend auszublenden. Entspannungsübungen, vor allem Atemtechniken, können dabei eine Unterstützung sein. Des Weiteren hilft es, die Informationsaufnahme und den Tagesverlauf den veränderten Bedingungen des Gehirns anzupassen. Denn man lernt im Alter anders, vor allem langsamer, und man wird leichter abgelenkt. Dafür hat man aber, so paradox es ob der Endlichkeit des Lebens klingen mag, endlich Zeit und Muße.
    Aber natürlich lösen nicht nur Hektik und Zeitmangel im Alter Stressreaktionen aus. Auch die Angst vor neuartigen Situationen, die Angst zu versagen und Angst, die aus Stressreaktionen resultiert, können dazu führen. Angst ist ein wichtiges Warnsignal des Körpers, das man nicht kleinreden sollte oder negativ belegen muss – schließlich würden Kleinkinder die Kindheit nicht überleben, hätten sie nicht Angst vor bestimmten Dingen, z. B. im Straßenverkehr. Im Alter ist es aber wichtig, über Angstzustände zu reflektieren und diese, wo immer möglich, im Alltag einzudämmen, denn Angst produziert einen bestimmten kognitiven Stil: das rasche Ausführen einfacher gelernter Regeln, sogenannte Handlungsstereotypien. Wenn man so will, sperrt Angst die Gedanken in enge Denkmuster ein, was gut ist, wenn man schnell reagieren muss. Die Kehrseite ist: Es aktiviert nur wenige Gehirnareale und erschwert vor allem lockeres Assoziieren. Wer dagegen entspannt ist und keine Angst verspürt,

Weitere Kostenlose Bücher